Psychische Erkrankungen: KI ermöglicht neue Erkenntnisse in der Genforschung

Psychische Erkrankungen wie Schizophrenie und bipolare Störungen werden stark von der Genetik beeinflusst. Allerdings sind es nicht einzelne Gene, die das Erkrankungsrisiko erhöhen, sondern komplexe Wechselwirkungen vieler Genvarianten, die bisher schwer nachzuvollziehen waren. Wie Forbes berichtet, ist es jetzt im Rahmen einer Studie der Stanford University gelungen, mithilfe eines KI-gestützten Algorithmus neue genetische Muster zu identifizieren, die mit psychischen Störungen in Verbindung stehen könnten.
KI ermöglicht Analyse komplexer, genetischer Zusammenhänge
Das Forschungsteam analysierte die kompletten Genome von mehr als 4.000 Menschen aus der ganzen Welt. Ziel der Studie war es, Mutationen und ihre mögliche Rolle beim genetischen Risiko für psychische Erkrankungen zu untersuchen. Nach der Befruchtung finden Billionen von Zellteilungen statt – diese Phase des frühen Lebens ist jedoch sehr fehleranfällig. Jedes Mal, wenn sich eine Zelle teilt, entstehen winzige Fehler im Erbgut. Die schnelle Replikation im ersten Schwangerschaftsdrittel kann daher zu einer Vielzahl genetischer Veränderungen führen, die bei den Eltern nicht vorhanden sind.
Für die Studie wurden speziell Teilnehmer:innen mit einer diagnostizierten psychischen Erkrankung ausgewählt, um ihre Gene mit einer gesunden Kontrollgruppe zu vergleichen. Dieser als genomweite Assoziationsstudie bekannte Ansatz kann zwar Aufschluss darüber geben, wo sich Varianten im genetischen Code befinden, liefert aber oft keine genauen Informationen darüber, um welche Art von Veränderungen es sich handelt. Und genau hier kommt der entwickelte KI-Algorithmus ins Spiel. Er kann die Art der Veränderung in den Genen genauer beschreiben und so dabei helfen, die Bedeutung dieser Varianten besser einzuordnen.
Neue Ansatzmöglichkeiten für Diagnostik und Therapie
Der Algorithmus konnte mehr als 8.000 komplexe genetische Varianten mit einer Genauigkeit von über 85 Prozent identifizieren. Viele dieser Varianten lagen in DNA-Bereichen, die für die Funktion des Gehirns entscheidend sind. Um herauszufinden, ob die ermittelten Varianten mit psychiatrischen Störungen in Verbindung gebracht werden können, wurde zusätzlich DNA aus Hirngewebeproben von Menschen mit Schizophrenie oder einer bipolaren Störung extrahiert. Dabei zeigte sich, dass sich die identifizierten Varianten mit den Ergebnissen früherer genomweiter Assoziationsstudien überschneiden – ein Hinweis auf ihre Bedeutung für psychische Erkrankungen.
Die Forschungsergebnisse zeigen, wie KI dabei hilft, selbst komplexe genetische Daten zu entschlüsseln und neue Zusammenhänge aufzudecken. Moderne Technologien könnten deshalb nicht nur das Verständnis der genetischen Ursachen psychischer Erkrankungen vertiefen, sondern auch die personalisierte Medizin weiter vorantreiben. Die Identifizierung spezifischer Genvarianten bietet auf jeden Fall großes Potenzial für eine gezielte Diagnostik und neue Therapieansätze.