Quanten-Fusion: Wie dieser Ansatz den Weg zum globalen Quantennetz ebnen soll
Ein Team der chinesischen Shanghai Jiao Tong University hat einen entscheidenden Schritt zur Skalierung von Quantennetzwerken demonstriert. Den Forscher:innen ist es gelungen, zwei komplett unabhängige Quantennetzwerke miteinander zu verschmelzen.
Veröffentlicht wurde das Experiment in der Fachzeitschrift Nature Photonics. Es gilt als wichtiger Machbarkeitsbeweis für ein modulares Quanteninternet, das eines Tages Städte oder Kontinente verbinden könnte.
Die „Quanten-Fusion“ im Detail
Das Team um den Leiter Xianfeng Chen baute zunächst zwei separate Netzwerke auf. Jedes dieser Netzwerke bestand aus zehn Knoten, die untereinander bereits vollständig quantenverschränkt waren.
Um diese beiden „Inseln“ zu verbinden, nutzten sie einen Prozess, den sie „Multi-User-Verschränkungstausch“ (multi-user entanglement swapping) nennen. Dabei wurde jeweils ein Knoten aus jedem Netz geopfert, um als Brücke zu dienen.
Durch eine spezifische Quantenmessung, eine sogenannte Bell-Zustandsmessung, an diesen Brücken-Knoten, wurden die beiden Netze verbunden. Das Ergebnis: Ein einzelnes, größeres Netzwerk mit 18 Knoten, in dem jeder Knoten mit jedem anderen verschränkt war.
Warum das wichtig ist
Die Herausforderung eines globalen Quanteninternets liegt weniger im Bau eines einzelnen, riesigen Netzes als vielmehr in der Verbindung (Interkonnektivität) vieler kleinerer Netze. Die Forschungsgruppe hat gezeigt, wie eine solche Verbindung auf der Quantenebene technisch realisiert werden kann.
Während 18 verbundene klassische Computer trivial erscheinen, ist dies in der Quantenwelt ein enorm komplexer Vorgang. Er erfordert das Timing und die Verteilung einzelner Photonen mit extremer Präzision.
Experten sehen Licht und Schatten
Die Reaktionen auf das Experiment fallen gemischt aus. Siddarth Joshi von der University of Bristol im Vereinigten Königreich bezeichnete den Ansatz gegenüber dem New Scientist als „bequemere Art“ des Verschränkungstauschs. Er ordnet die Arbeit dem wichtigen Feld zu, das Protokolle für viele Geräte auf kurzer Distanz erforscht.
Deutlich skeptischer äußerte sich Robert Young von der Lancaster University (UK). Er nannte das Ergebnis zwar eine „phänomenale technische Errungenschaft“, die enormes Können erfordere.
Gleichzeitig hält er den Ansatz aber für „so weit von der Praxis entfernt“, dass er kaum als Prototyp für reale Netzwerke dienen könne. Die Kosten und die Komplexität seien schlicht zu hoch.
Das größte Problem bleibt ungelöst
Die fundamentale Hürde für ein globales Quanteninternet wird auch durch dieses Experiment nicht adressiert, nämlich die Distanz. In Glasfaserkabeln gehen Photonen, die Träger der Quanteninformation, über weite Strecken unweigerlich verloren.
Im Gegensatz zu klassischen Signalen können Quantenzustände nicht einfach kopiert und verstärkt werden. Jede Messung oder Kopie zerstört den fragilen Zustand.
Um die Verschränkung über Hunderte oder Tausende Kilometer zu transportieren, sind sogenannte „Quantenrepeater“ nötig. Diese müssen die Verschränkung weiterreichen, ohne sie zu messen.
Der Bau solcher Repeater gilt als extrem schwierig und ist ein eigenes, aktives Forschungsfeld. Wie Robert Young anmerkt, wird ein praktisches Quantennetzwerk solche Repeater zwingend benötigen, aber das ist ein Problem, das die aktuelle Studie nicht löst.