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Analyse

Schlechte Zahlen: Hat sich Amazon übernommen?

Die Quartalszahlen beim Versandhändler Amazon waren lange nicht mehr so schlecht wie im letzten Quartal. Hat sich der Konzern mit seinen zahlreichen Baustellen übernommen oder handelt es sich um einen Vorboten für eine Eintrübung der Wirtschaft?

3 Min.
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Die Herausforderungen an Amazon sind größer als in der Vergangenheit. (Foto: Ioan Panaite/Shutterstock)

Erstmals seit sieben Jahren hat Amazon einen Quartalsverlust verkünden müssen. Überraschend schlecht liefen die Geschäfte – und der Betriebsgewinn brach im ersten Quartal gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 58 Prozent auf 3,7 Milliarden US-Dollar (3,5 Milliarden Euro) ein. Dabei legte der Umsatz um sieben Prozent auf 116,4 Milliarden Dollar zu. Unterm Strich ist dies, so rechnen Analyst:innen vor, das schwächste Wachstum seit der sogenannten Dotcom-Krise vor zwei Jahrzehnten.

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Doch was sind die Gründe und wie nachhaltig ist der Einbruch zu bewerten? Läuft das Geschäft wirklich so desolat wie die Aktienverkäufe nahelegen, die zwischenzeitlich zu 14 Prozent Kursabschlag an den Aktienmärkten führten?

Rückgang bei Amazon: Ukrainekrieg erklärt nicht alles

Richtig ist, dass der Krieg in der Ukraine gerade ein international operierendes Unternehmen wie Amazon hart trifft, da die Logistik und die Lieferfähigkeit hierdurch eingeschränkt wurden. Allerdings ist die auslaufende Pandemie, die CEO Andy Jassy als weiteres Erschwernis anführt, für Amazon nach einer kurzen Phase vor zwei Jahren eher förderlich gewesen und taugt nur begrenzt als Erklärung für die aktuelle Situation. Schließlich hat der E-Commerce hierdurch eine Sonderkonjunktur ohnegleichen erfahren, während gerade viele Präsenzhändler bis heute versuchen, die entgangenen Umsätze aufzuholen. Und die Unternehmensergebnisse der vergangenen Quartale bestätigen das ja auch bei Amazon.

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Was Amazon allerdings in den nächsten Monaten das Konzernergebnis verhageln könnte, sind die Lieferkettenprobleme: Schiffe, die nicht wie geplant aus China in die westliche Welt kommen, volle Lager im einen Teil der Welt, Chipmangel und Lieferschwierigkeiten im anderen Teil. Und dabei wird Amazon nicht der einzige Handelskonzern sein, der damit zu kämpfen hat. Die gesamte Wirtschaft, und hier insbesondere der Handel, wird in den nächsten Monaten mit der steigenden Inflation und der Kaufzurückhaltung der Kund:innen zu kämpfen haben. Insofern ist das verlustreiche Konzernergebnis wohl nur ein Vorbote für das, was den gesamten Onlinehandel erwartet.

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Dass die Anleger:innen so geschockt reagierten, hat wohl einfach damit zu tun, dass sie derartige Nachrichten aus dem Hause Amazon nicht gewohnt sind. Doch der erfolgsverwöhnte Konzern ist bekanntermaßen mehr als der Onlinehandel und der Marketplace, er besteht auch aus der technischen Seite rund um das Cloud-Geschäft. Und die boomt weiterhin und ist zudem weniger volatil, was die Einnahmen betrifft.

Amazon-Mitarbeiter:innen nicht zufrieden – trotz Gehaltserhöhung

Natürlich wird Amazon in den kommenden Monaten, so wie es CEO Andy Jassy ankündigte, viele Kostenstrukturen auf den Prüfstand stellen (und nur wenige Unternehmen sind darin so akribisch wie der Konzern aus Seattle, wie ein ehemaliger leitender Mitarbeiter erklärt). Doch gerade an den Mitarbeitenden an der Basis sollte Amazon besser nicht sparen, hat der Konzern doch bereits jetzt Probleme, die offenen Stellen speziell in den Logistikzentren zu besetzen – hierzulande und in den USA gleichermaßen.

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Dort hat Amazon erst kürzlich die Gehaltsstrukturen überarbeitet und die Obergrenze für das Grundgehalt im Rahmen einer Überarbeitung seiner Vergütungsregeln erhöht. Doch gerade viele Mitarbeiter:innen, die dort schon länger arbeiten, sind laut einem Bericht von Business Insider damit dennoch nicht zufrieden, bemängeln, dass die Inflation zum Problem werde und ein Teil der an sich nicht niedrigen Entlohnung über Aktienoptionen erfolge. Die Rede ist dabei von mittleren sechsstelligen Jahresgehältern – demnach also, zumindest was die bei Business Insider beschriebenen Gehälter der Führungskräfte betrifft, Jammern auf hohem Niveau.

Derweil hat in Deutschland das Unternehmen einmal mehr Stress mit der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, die – wir kennen die Diskussion inzwischen hinlänglich – zu Streiks aufruft und erreichen will, dass sich Amazon auch in den Logistikzentren dem Einzelhandelstarifvertrag unterwirft. Unwahrscheinlich, dass das passiert – wahrscheinlicher ist, dass Amazon so viel wie möglich aus dem benachbarten Ausland in Osteuropa erledigen lässt, um die Kostenstrukturen anzupassen.

Was der deutschen Wirtschaft noch bevorsteht

Dennoch zeigt die Auflistung, dass Amazon gerade mit vielen internen wie externen Herausforderungen zu kämpfen hat und die Zeiten, in denen das Unternehmen von einem Rekordergebnis zum nächsten kam, erst einmal vorbei sein könnten. Der Handelskonzern, der schon lange mehr ist als das, wird dennoch schon aufgrund seiner Größe auf Kurs bleiben können – schon weil der Konzern durch technische Automatisierung und künstliche Intelligenz viele Prozesse, die der Rest der Branche mit menschlicher Mitwirkung leistet, auf technischem Wege effizienter erledigt. Deutlich wahrscheinlicher ist dagegen, dass der Wind, der dem Unternehmen ins Gesicht weht, ein Vorbote ist für das, was der deutschen Wirtschaft (und hier vor allem dem Handel) angesichts steigender Inflationsraten bevorsteht.

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