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Redcoon am Ende: Media-Saturn nimmt den Webshop vom Netz

Der auf Unterhaltungselektronik spezialisierte Onlineshop Redcoon ist (weitgehend) Geschichte. Die Media-Saturn-Gruppe zog jetzt den Stecker. Das kommt nach den Kapriolen der letzten Jahre wenig überraschend.

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Die Media-Saturn-Holding baut um und trennt sich von der reinen Online-Marke Redcoon. (Bild: Martin Hangen / Media-Saturn)

„Redcoon.de ist vollständig in Mediamarkt.de integriert“, heißt es knapp auf der deutschen Website des Onlineshops. Wie das Unternehmen mitteilt, komme man aber noch allen Bestellungen nach und biete auch weiterhin eine Service-Hotline am Sitz des Unternehmens in Aschaffenburg an. Ob Kunden allerdings ihre Ware dann überhaupt noch haben wollen, ist unwahrscheinlich – dem Rückgaberecht sei Dank. Interessanter Unterschied übrigens zwischen den einzelnen Landesgesellschaften: Während der deutsche Redcoon-Shop auf die hiesige Mediamarkt-Seite verweist, wird in Österreich Saturn.at als Nachfolger genannt – dies aber bereits seit mehreren Jahren, wie ein Sprecher der Gruppe erklärt. Lediglich der Webshop in Polen ist noch am Netz.

Redcoon als eigene Marke im Mediamarkt-Universum

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Die Nachricht kommt alles andere als überraschend: Der bereits 2003 von Ex-Mediamarkt-Manager Reiner Heckel gegründete Elektronikversender, der im Laufe der Zeit sein Sortiment immer weiter auch in Richtung auf Haushalts(groß)geräte und andere CE-nahe Produktgruppen ausweitete, war insbesondere in den frühen Zehnerjahren (nach der Übernahme durch Media-Saturn 2011) das einzige ernsthafte Webshop-Angebot der Media-Saturn-Gruppe. 2010 bis 2012 erreichte man immerhin Umsätze zwischen 354 und 432 Millionen Euro. „Bei Eintritt in den E-Commerce ist Mediamarkt-Saturn 2011 zunächst parallel mit Redcoon und der Multichannelstrategie von Mediamarkt und Saturn gestartet, um diesen Markt zu erschließen und seinen Kunden auf möglichst vielen Kanälen einen Zugang zu Unterhaltungselektronik zu ermöglichen“, erklärt ein Unternehmenssprecher. Seinerzeit war nicht abzusehen, ob Multichannel- oder Online-Pure-Play-Handel von den Kunden besser angenommen würde.

Dass sich Mediamarkt zunächst auch für Redcoon als eigene Onlinemarke entschied, hat auch mit der dezentralen Struktur zu tun, in der die Einzelfilialen einen größeren Einfluss haben als in anderen Ketten – und mit der Tatsache, dass viele Filialen sich jahrelang mit aller Kraft gegen eine Online-Konkurrenz unter der eigenen Marke gesträubt haben. Insbesondere weil jede Filiale zumindest teilweise ihre eigene Preisgestaltung umsetzen kann, kam es (und kommt bis heute) zu der dem Kunden nur schwer zu erklärenden Situation, dass Artikel in der Filiale oft andere Preise haben als im Webshop von Mediamarkt.de. COO Wolfgang Kirsch sieht das etwas anders: „Schon heute ist es so, dass Mediamarkt und Saturn beim überwiegenden Teil ihrer Sortimente Preisgleichheit zwischen online und stationär haben. Diese Entwicklung wird sich fortsetzen, so dass wir mittelfristig für alle Produkte auf allen Kanälen einheitliche Preise haben werden.“ Dabei verfügen die Filialen schon heute über elektronische Preisschilder, die eine zeitnahe Preisgestaltung ermöglichen.

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Immerhin ist inzwischen jede Filiale auch ein Abholpunkt für online bestellte Waren. Insgesamt macht Mediamarkt nach Unternehmensangaben rund 44 Prozent des Online-Umsatzes mit Filialabholung. Doch gerade das sorgt bei knappen Sonderangeboten zuweilen für Probleme in den Filialen, die aufgrund zahlreicher Vorbestellungen nicht immer die Kaufwünsche der Laufkundschaft befriedigen können.

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Redcoon, Mediamarkt und Saturn – und ein Tod auf Raten

Nach und nach intensivierten Mediamarkt und auch Saturn allerdings ihre Online-Aktivitäten unter der eigenen Brand, um das lukrative Onlinegeschäft nicht der Konkurrenz von Amazon bis Notebooksbilliger und anderen kleineren Versendern zu überlassen. Redcoon wurde so im Laufe der Jahre vom Beiboot und Hoffnungsträger der Gruppe zum ungeliebten Stiefkind. Zudem fiel Redcoon auch bei den Behörden in Ungnade. Dabei ging es einerseits um mögliche Kartellverstöße, zum anderen aber auch um ein mutmaßliches illegales Umsatzsteuerkarussell (also Tricks bei Importen und Re-Importen von Waren über unterschiedliche Gesellschaften) und eine Steuernachforderung über 64 Millionen Euro. Schlechte Geschäftszahlen – von einem Ebit-Verlust in Höhe von gut 120 Millionen Euro im Jahr 2015/16 ist die Rede – sorgten dafür, dass Redcoon zuletzt unter keinem guten Stern mehr stand und die neuen Eigentümer den Kauf sogar gerne ungeschehen gemacht hätten. Zusätzlich bekam Redcoon inzwischen die stärkste und preislich aggressivste Konkurrenz aus dem eigenen Haus zu spüren.

2017 war Redcoon übrigens schon einmal für einige Tage überraschend offline. Die Media-Saturn-Gruppe sprach damals etwas halbherzig von einem Neuanfang und Relaunch mit dem Ziel, das Unternehmen in die Online-Aktivitäten der Gruppe enger zu integrieren. Das hat offenbar nicht funktioniert oder man hat seine Meinung bezüglich Redcoon geändert, zumal es in der Media-Saturn-Gruppe in den letzten Monaten einige personelle Veränderungen gab.

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Was bleibt, ist ein Lehrstück über den Onlinehandel: darüber, dass es nichts bringt, als Geschäft auf der grünen Wiese oder in der Stadt die Augen vor der Online-Konkurrenz zu verschließen und darüber, dass der Preis zwar ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal ist, es aber auch auf andere Kundenbindungsinstrumente ankommt. Letztlich zeigt gerade die inzwischen gut umgesetzte Cross-Channel-Strategie von Mediamarkt und Saturn, wie man trotz der überwältigenden Konkurrenz aus den USA erfolgreich im Geschäft bleiben kann. Redcoon hatte all diese Chancen nicht mehr – und die Media-Saturn-Gruppe hat es offensichtlich verstanden, das eingekaufte Know-how für sich zu nutzen.

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