„Anfangs habe ich nur 500 Euro im Monat verdient“ – dieser Reiseblogger hat es geschafft [Interview]
(Foto: Off the Path)
In 5 Jahren an die Spitze der europäischen Reiseblogs

Surfen auf Sri Lanka: Sebastian Canaves hat sich mit seinem Reiseblog einen Traum erfüllt. (Foto: Off the Path)
Aller Anfang ist bekanntlich schwer, das weiß auch Sebastian Canaves, der im Juni 2011 sein Reiseblog „Off the Path“ online stellt. Der erste Beitrag erzielt nicht gerade viel Reichweite. Nur ein paar Menschen aus dem Freundes- und Bekanntenkreis lesen seine Geschichte. Doch sie ist der Grundstein für eine Zukunft, wie sie sich viele andere Menschen erträumen. Canaves reist mittlerweile durch die Welt und verdient damit seinen Lebensunterhalt – und das inzwischen nicht zu knapp.
Heute zählt sein Reiseblog mit 150.000 monatlichen Lesern zu den erfolgreichsten im europäischen Raum. Tourismus-Unternehmen zahlen hohe Beträge, um darauf zu werben. Auch andere Kanäle hat der Blogger für sich entdeckt und sie Stück für Stück aufgebaut: Sein Podcast wird monatlich 20.000 Mal heruntergeladen, auf Youtube generiert er im gleichen Zeitraum an die 60.000 Views und auf Instagram folgen ihm immerhin 27.000 Menschen. Ein ganz ordentlicher Schnitt ist das.„Er reist durch die Welt und verdient damit seinen Lebensunterhalt.“
Wir haben Sebastian Canaves ein paar Fragen gestellt: Wie viel er inzwischen verdient, wie er dahin gekommen ist, wo er gerade steht und ob seine Eltern eigentlich verstehen, was er da treibt. Ein Interview über Erfolg und was er einem abverlangt.
t3n.de: Sebastian, an welchem Strand liegst du gerade? Hawaii, Sansibar oder doch nur an der Ostsee?
Sebastian Canaves: Weder noch. Gerade liege ich im Bett meines Hotelzimmers in Colombo auf Sri Lanka und warte darauf, zum Flughafen zu fahren. Heute Nacht geht nämlich mein Flieger nach Südafrika.
t3n.de: Es lebt sich gut als Reiseblogger, oder? War das von Anfang an so?
Canaves: Gut ist zwar immer relativ, aber ja, ich würde sagen, mir geht es heute sehr gut. Das war natürlich nicht immer so, besonders die ersten zwei Jahre musste ich sehr viel arbeiten und habe nicht gerade viel verdient.
t3n.de: Was heißt denn „nicht viel“?
Canaves: Im Schnitt habe ich im ersten Jahr 500 bis 1.500 Euro und im zweiten vielleicht bis zu 2.000 Euro im Monat eingenommen – bei rund 80 Stunden Arbeit die Woche. Jetzt verdiene ich natürlich wesentlich mehr und arbeite bei weitem nicht so viel.
t3n.de: Was genau heißt das?
Canaves: Naja, heutzutage sitze ich rund 50 Stunden am Laptop und kann so viel verraten: Firmen zahlen teilweise fünfstellige Beträge, um „Off The Path“ für ihre Werbezwecke nutzen zu können.

In dieser Strandvilla auf Sri Lanka haben Sebastian Canaves und Freundin Line die letzten Wochen gearbeitet. (Foto: Off the Path)
t3n.de: Wie hast du es geschafft, eines der größten europäischen Reiseblogs aufzubauen?
Canaves: Wichtig ist bei jedem Blog, qualitative Inhalte zu veröffentlichen. Jeder meiner Beiträge liefert einen Mehrwert für meine Leser und ist enorm SEO-optimiert. So habe ich es über die Jahre geschafft, meine bestehenden Leser an mich zu binden und gleichzeitig immer mehr neue Leser dazu zu gewinnen. Zudem habe ich aus „Off The Path“ eine echte Marke mit Wiedererkennungswert geschaffen, was ebenfalls sehr zu meinem Erfolg beigetragen hat.
t3n.de: Inzwischen veröffentlichst du auf weit mehr Kanälen. Du produzierst unter anderem Youtube-Videos und einen Podcast. Wird die Rolle des Blogs dadurch wichtiger oder weniger wichtig?
Canaves: Ich versuche, „Off The Path“ immer ganzheitlich zu betrachten und meinen Lesern auf unterschiedliche Weise die Tipps und Inspirationen zu geben, die sie suchen. Dazu gehört für mich auch, neue Kanäle wie Youtube oder den Podcast auszuprobieren. Das Blog verliert dadurch nicht an Bedeutung, sondern bekommt im Gegenteil einfach nur neue Sprachrohre dazu. Das verhilft mir letztendlich zu einer größeren Reichweite und somit zu noch besseren Vermarktungsmöglichkeiten.
t3n.de: Wie vermarktest du denn „Off the Path“?
Canaves: Ich habe gleich mehrere Strategien. Besonders wichtig ist für mich Google beziehungsweise der SEO-Traffic. Ein Großteil meiner Leser kommt über klassische Suchanfragen und das ist meiner Meinung nach auch die nachhaltigste Vorgehensweise. Ebenfalls wichtig sind meine Social-Media-Kanäle, wobei hier Facebook und Youtube mit über 100.000 Fans die Hauptrolle spielen. Nicht zu verachten ist außerdem mein Newsletter mit aktuell über 10.000 Abonnenten. Für mich ist Newsletter-Marketing eine super Möglichkeit, um aus Lesern dauerhafte Fans und aus Fans letztendlich Kunden zu machen.„Besonders wichtig ist für mich der SEO-Traffic.“
t3n.de: Wobei das ja jetzt erst einmal nur Distributionswege sind. Wie verdienst du Geld?
Canaves: Ich bin inzwischen sehr gut in der Tourismusindustrie und nun auch immer mehr in der Outdoor- und Lifestyle-Branche vernetzt, wodurch ich sehr viele Kooperationsanfragen erhalte. Darüber generiere ich tatsächlich meine größte Einnahmequelle. Danach kommen erst Affiliate-Einnahmen und Einnahmen, die ich durch den Verkauf eigener Produkte wie E-Books, Kleidung oder mein Buch generiere. Außerdem halte ich regelmäßig Vorträge für große Unternehmen, was mir zusätzliche Einnahmen beschert.
t3n.de: Das klingt alles in allem nach richtig viel Arbeit. Zu viel für eine Person?
Canaves: Ja, mittlerweile ist es für mich tatsächlich zu viel geworden, weshalb ich mich auch nicht mehr allein um „Off The Path“ kümmere. Neben mir arbeitet auch meine Freundin Line, ebenfalls Vollzeit, an dem Projekt, sowie unsere Mitarbeiterin Nina. Zudem habe ich ein Team aus rund zehn Freelancern, die verschiedene Projekte realisieren, darunter professionelle Grafiker, Programmierer und Übersetzer.
t3n.de: Wie schaffst du es, dass all diese Menschen kollaborativ zusammenarbeiten? Ein gemeinsames Büro habt ihr nicht, oder?
Canaves: Das ist natürlich nicht immer so einfach, denn meine Mitarbeiter sind tatsächlich auf der ganzen Welt verteilt. Wir nutzen zum Beispiel Slack für die Team-Kommunikation, aber auch Skype, um regelmäßig miteinander zu sprechen und sich in gewisser Weise auch zu sehen. Zudem arbeiten wir mit Evernote und Dropbox, um Zugriff auf die wichtigsten Dokumente zu haben. Um unsere E-Mails an Kooperationspartner oder Leser zentral zu sammeln und zu verschicken, verwenden wir außerdem Helpscout.

Reiseblogger-Alltag: Das Büro ist manchmal ein Bett, der Strand oder das Café um die Ecke. (Foto: Off the Path)
t3n.de: Bedeutet das eigentlich Erfolg für dich? Etwas Eigenes auf die Beine zu stellen, viel zu reisen und Menschen eine Arbeit bieten zu können?
Canaves: In erster Linie bedeutet Erfolg für mich, die Freiheit zu haben, das zu tun, was mir Spaß macht und mich letztendlich glücklich macht. In meinem Fall ist es tatsächlich meine Selbstständigkeit und die damit verbundene Möglichkeit, meine Arbeit mit dem Reisen verbinden zu können. Anderen Arbeit zu bieten, ist eine tolle Sache, viel toller finde ich aber, dass ich mit meinem Blog viele tausende Menschen dazu inspirieren kann, ebenfalls ihren Traum zu verwirklichen – das ist mein ganz persönlicher Erfolg.
t3n.de: Verstehen deine Eltern eigentlich, was du tust?
Canaves: Nein. Ich denke, für Leute in meinem Alter und jünger, oder für alle, die sich explizit mit dem Thema Bloggen und Online-Marketing auseinandersetzen, ist es nicht schwer zu verstehen, was ich mache oder wie ich mein Geld verdiene. Für meine Eltern allerdings ist es eine völlig fremde Welt, in die sie nur sehr langsam eintauchen, die sie aber nicht wirklich verstehen. Ich habe zwar manchmal das Gefühl, dass sie es tun, doch dann kommen Fragen oder Kommentare auf, die mir ganz klar zeigen, dass das doch alles enorm fremd ist.
t3n.de: Vielleicht solltest du einen Bring-Your-Parents-Day in Kapstadt veranstalten?
Canaves: (lacht) Ja, das könnte hilfreich sein.