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Interview

Retail Media: Obi setzt auf First-Party-Data und führt länderübergreifende Standards ein

Retail Media etabliert sich immer weiter – damit haben Werbetreibende auch mehr Forderungen an die Retailer. Einheitliche Standards sind gefragt – das weiß auch Patricia Grundmann von Obi. Im Interview spricht sie darüber, wie das Unternehmen mit diesen Forderungen umgeht.

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Obi nutzt seine Werbemöglichkeiten auch, um Retail-Media-Angebote zu machen. (Foto: Stefan_Sutka / Shutterstock)

Für Retailer wie Obi ist es eine spannende Einnahmequelle: Retail Media. Dabei machen Händler ihre In-Store-Werbeflächen für Dritte zugänglich, die darauf Anzeigen schalten können. Die werbenden Unternehmen können die First-Party-Daten der Retailer nutzen, um ihre Maßnahmen anzupassen. Insgesamt öffnen sich Händler damit, wodurch Externe die Möglichkeit bekommen, vormals geschlossene Werbekanäle zu nutzen.

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Gleichzeitig machen Werbetreibende klar, was ihnen fehlt: Standardisierung. Kommen Unternehmen wie Obi der Forderung nach? Im Interview spricht Patricia Grundmann, Vice President Media & Retail Media bei Obi, unter anderem darüber, wie das Unternehmen auf diese Kundenwünsche reagiert. Grundmann ist zudem Vorsitzende beim Retail Media Circle des Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) sowie stellvertretende Vorsitzende beim Retail Media Komitee des IAB Europe, einer europäischen Interessenvertretung für Digitales Marketing.

t3n: Geben Sie uns einen kurzen Rückblick. Wie ist Obi in das Retail-Media-Geschäft eingestiegen?
Patricia Grundmann: Wir sind 2018 als einer der ersten Händler in das Retail-Media-Geschäft eingestiegen. Es war damals ein Game der Marktplatzbetreiber, die Sponsored-Product-Ads und Sponsored-Display-Ads angeboten haben. Das passt so alleinstehend jedoch nicht zum Geschäftsmodell von Obi, da die Märkte bei uns eine zentrale Rolle in der Customer-Journey spielen. Viele Produkte, die im Baumarkt gekauft werden – wie beispielsweise Sand für Terassenrenovierungen –, werden eher nicht online bestellt. Zu Beginn haben wir eine Bestandsaufnahme gemacht, welche Werbemöglichkeiten wir auf unseren Kanälen haben und wie wir KPI liefern können, die für Werbetreibende interessant sind. Dann sind wir auf große Marken und Partner in unserer Branche zugegangen, wie etwa Weber. Sie hatten direkt Interesse. Im nächsten Schritt haben wir dann die Werbemöglichkeiten in den Märkten ausgebaut, indem wir unter anderem größere Videoflächen installiert haben.

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Patricia Grundmann steht in einem schwarzen Rollkragenpullover vor einem grünen Hintergrund.

Patricia Grundmann ist seit Februar 2018 bei der Obi Group Holding tätig, seit Dezember 2023 ist sie Vice President Media & Retail Media bei der Holding und Geschäftsführerin bei der Obi First Media Group. (Foto: Obi)

t3n: Allerdings kam 2020 die Corona-Pandemie – Menschen konnten nicht mehr in Läden gehen. Das muss doch die Retail-Media-Entwicklung gebremst haben.
Ja, wir haben damals für einige Monate sämtliche Vermarktungsaktivitäten gestoppt und keine Retail-Media-Kampagnen mehr ausgespielt. Allerdings ist die Nachfrage nach dem ersten Schreck extrem angestiegen, weil auch die Nachfrage auf Kundenseite wieder gestiegen ist – die Menschen waren ja unter anderem mit Gartenarbeit beschäftigt. Wir haben dann einen riesigen Sprung in den On-Site-Kampagnen gehabt. Gleichzeitig hat sich die Nachfrage damals von den Geschäften in den Online- und App-Bereich verlagert. Das hatte zur Folge, dass unsere CRM-Basis bei den Heyobi-Accounts stark gestiegen ist. Für das Digitale war das ein großer Push. Daher sind wir dann auch von einer selbst entwickelten Ad-Server-Lösung auf eine Markt-standardisierte Ad-Server-Lösung gewechselt. Ziel ist es, einen Ad-Tech-Stack und einen Infrastruktur-Stack aufzubauen, die wir länderübergreifend nutzen können.

t3n: Also ist das nächste Ziel die interne Standardisierung?
Ja. Das sind alles Systeme, die wir bei Obi zuvor nicht hatten. Wirbt man nur für sich selbst, lässt sich viel mit einer Basislösung machen. Sobald aber Hunderte Dritte, vielleicht sogar im Self-Service, auf den Obi-Kanälen werben möchten, etwa in einem Gebotsverfahren, braucht es eine andere Lösung. Das selbst zu entwickeln, ergibt für mich nicht so viel Sinn, auch wenn das manche Retailer tun. Werbe-Technologie entwickelt sich dafür viel zu schnell in der aktuellen Zeit. Allerdings haben wir ein eigen-entwickeltes Obi-Insights-Tool, das im rechtlich zulässigen Rahmen Einsicht gibt in alle Daten: beispielsweise in aggregierte Verkaufszahlen, Kategorienentwicklung, Reichweite und wie sich Trends entwickeln.

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t3n: Wie stellen Sie dabei den Datenschutz sicher? Immerhin machen Sie First-Party-Daten Dritten zugänglich.
Das ist ein wichtiges Thema, besonders in Deutschland, das wir sehr ernst nehmen. Um hier den Anforderungen gerecht zu werden, ist es notwendig, ein State-of-the-Art-Consent-Management-System zu haben, das unseren Nutzern die erforderliche Transparenz über die Verarbeitung ihrer Daten bietet. Für bestimmte Werbekooperationen planen wir zudem den Einsatz von Clean-Room-Lösungen, damit es so anonymisiert und datenschutzfreundlich wie möglich ist.

Storytelling ist im Marketing ein beliebtes Mittel – aber wie bleibt es weiterhin spannend? Tipps dafür gibt Katrin Kolossa, CEO von Sapera Studios:

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t3n: Insgesamt haben Sie also in Deutschland schon eine Standardlösung geschaffen, richtig?
Der Markt lechzt danach. Denn so kann Werbung für Kundinnen und Kunden relevanter werden. Wir wissen, ob ein Kunde einen Garten hat oder ob er einen Balkon hat. Das ist beispielsweise für Anbieter von Mährobotern interessant, damit sie genau den passenden Kunden mit ihrer Werbebotschaft erreichen. Die persönlichen Informationen sind relevant für den Werbetreibenden. Außerdem lehnt auch die Europäische Kommission Targeting auf Basis von Drittanbieter-Cookies ab, aber stimmt ihm auf Basis von First-Party-Data zu – denn die Werbung wird so für den Kunden relevanter und er kann eigenständig einwilligen und sich jederzeit aus dem Pool nehmen lassen.

t3n: Merken Sie eigentlich eine Veränderung am Markt, nachdem Google die Third-Party-Cookies doch nicht abschafft?
Ehrlicherweise nicht. Die anderen Browser sind schon in den vergangenen Jahren ausgestiegen, also sprechen wir da ja nur über die etwa 25 Prozent, die Google Chrome nutzen. Cookies sind zudem weniger qualitativ für Targeting-Zwecke. Zudem hat die Diskussion um den Ausstieg dafür gesorgt, dass sich mehr Menschen dem Thema First-Party-Data widmen und ihm einen großen Push gegeben. Der ist nicht mehr aufzuhalten.

t3n: Ein Wunsch, den Werbetreibende beim Thema Retail Media haben, ist eine Standardisierung über die verschiedenen Retailer hinweg. Wie arbeitet Obi daran, solche Standards zu etablieren?
Das geht nur, wenn alle Händler zusammenkommen. Im Bundesverband der digitalen Wirtschaft, in dem mittlerweile die 15 größten Händler aus Deutschland sind, decken wir verschiedene Branchen ab: Pharma, Beauty, Fashion, Electronics oder eben auch Baumärkte und den Lebensmitteleinzelhandel (LEH). Wir arbeiten in Labs an Standards. Allerdings reicht das nicht, denn dann haben wir nur einen deutschen Standard. Als Vorsitzende im IAB Europe arbeite ich auch daran, diese Standards auf die europäische Ebene zu bringen. Auf europäischer Ebene alle hinter einem Standard zu vereinen ist nochmals kraftaufwendiger, aber wir machen große Fortschritte.

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t3n: Was sind da die Herausforderungen?
Es dauert, Messsysteme umzustellen und sich darauf zu einigen. Ein Beispiel: Im Beauty-Bereich oder im LEH wünscht man sich in vielen Fällen, dass der Attributionszeitraum möglichst kurz ist. Da sprechen wir von Tagen. Würde ich das in meiner Industrie oder im Automotive-Bereich als Standard setzen, dann würde ich nur fünf Prozent der Customer-Journey betrachten. Wer sein Badezimmer renoviert, trifft die Entscheidung nicht in Tagen, aber beim Kauf eines Lippenstifts geht das schon so schnell. Ich verstehe allerdings beide Seiten: In dem längeren Zeitraum werden etwa im Beauty-Bereich oder LEH mehr Produkte verkauft.

t3n: Was könnte dafür ein Lösungsansatz sein?
Sowohl der IAB Europe als auch der BVDW in Deutschland geben einen Richtwert aus, den braucht es. Er liegt aktuell bei 14 Tagen. Dabei wird aber auch empfohlen, sich mit den Werbepartnern auf einen individuellen Wert zu einigen. Das ist die Basis, auf die sich alle im Verband geeinigt haben. Aber Measurement ist nur ein Teil, es geht auch um die Formate.

Wie Marketing nicht laufen sollte, zeigen diese Social-Media-Aktionen von Unternehmen:

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9 Social-Media-Fails von Unternehmen Quelle: Burger King/ Twitter

t3n: Wie steht es um die Standards in diesem Bereich?
Im Bereich Retail Media gibt es bisher keine einheitlichen Standards. Das zeigt sich bereits bei den digitalen Stelen, deren Größe nicht genormt ist, weil unterschiedliche Infrastrukturen genutzt werden. Auch im Bereich Digital-Out-of-Home (DOOH) gibt es viele offene Fragen: Sind die Lösungen von Obi wirklich vergleichbar mit denen anderer Händler? Ich denke, eine Normierung aller Werbeflächen oder eine einheitliche Vorgabe zur Länge der Anzeigen ist nicht der richtige Weg. Schließlich müssen die Werbeflächen den individuellen Anforderungen der Werbetreibenden entsprechen.

t3n: Für Sie als Retailer würde das neue Investitionen bedeuten. Was wäre dafür die Alternative?
Ich glaube offen gesagt, dass die Werbemittelkreation in den nächsten Jahren so dynamisch und KI getrieben wird, dass das nicht mehr die schlagende Diskussion sein wird. Die Werbemittelanlieferung, bei der häufiger Standards gefordert werden, wird nicht mehr das Bottleneck sein, da die Ads auf jedes Format dynamisch angepasst und ausgespielt werden können. Im Measurement ist das anders, da will man vergleichen können.

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t3n: Was Werbetreibende auch begrüßen, ist eine einheitliche Plattform, über die alle Retailer erreicht werden können. Wird diese kommen?
In Teilen gibt es das schon, etwa, wenn unsere First-Party-Daten in Demand-Side-Platforms (DSP) für Segmentierungszwecke nutzbar gemacht werden. Die DSP wird damit zur Plattform, aber eben nur für die Datensegmente. Für digitale Instore-Formate gibt es die Sell-Side-Platforms, wie Ssp1 von der On Tech Group. Da sind die verschiedenen DOOH-Formate aller Händler sichtbar und buchbar. Ich verstehe den Wunsch nach einer Buchungsplattform für alle Media-Kanäle, aber den gibt es ja für keine andere Werbelösung. Ich bin bei Obi auch für den Bereich Media verantwortlich und kann mich als Werbetreibende ja auch nicht auf eine Plattform einloggen, über die ich etwa TV und Social Media buchen kann. So eine Plattform halte ich nur in den Einzelsegmenten für realistisch, etwa im Bereich DOOH.

t3n: Also wird es auch in der Zukunft weiterhin die interne Obi-Standarisierung geben und nur bei den Einzelsegmenten händlerübergreifende Lösungen?
Genau. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass es eine übergeordnete Self-Service-Plattform für Sponsored-Product-Ads gibt. Bei welchem Retailer die Ads dann ausgespielt werden, ist dann den Werbetreibenden überlassen. Das müsste allerdings jemand einführen.

t3n: Wie bewerten Sie die Einschätzung, die auch jüngst durch den BVDW kam, dass Retail Media wachsen wird? Ist das realistisch oder überschätzt?
Neben DOOH ist Retail Media gerade der Werbekanal, der weltweit am stärksten wächst. Bei Obi sind wir im Vergleich zum Vorjahr weiter gewachsen. Insbesondere unser nicht-endemisches Geschäft wächst sehr stark. Ich glaube, dass Retail Media insgesamt in den nächsten Jahren eine sehr starke Entwicklung hinlegen wird. Aktuell bauen viele Retailer noch die integrierte Technologielandschaft auf, die auf Daten basiert. In den nächsten Jahren werden sie diese fertiggestellt haben – das wird noch einmal einen größeren Schub geben.

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