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Ratgeber

Richtig programmatisch einkaufen: Viele Wege führen zur Impression

Um die zahlreichen Anlieferungsmöglichkeiten von Daten im Programmatic Advertising nachvollziehbarer zu machen, befassen sich immer mehr Käufer selbst mit dem Einkauf relevanter Impressions. Folgende Probleme, Techniken und Taktiken solltet ihr kennen.

Von Henning Strohschnieder
8 Min.
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(Foto: Shutterstock / Maxx-Studio)

Geht es um den vollautomatisierten und individualisierten Ein- und Verkauf von Werbeflächen in Echtzeit  das Programmatic Advertising –, wird es schnell unübersichtlich. Denn bei der Optimierung des Supply-Paths, der Anlieferung der richtigen Daten, gibt es viele Wege, die zu einer sogenannten Impression, einem Sichtkontakt des Nutzers mit der angezeigten Werbung, führen.

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Doch wie kommen Werbetreibende an relevante Impressions, wie werden sie erfasst und sind sie für den jeweiligen Käufer interessant? Um diese Fragen zu beantworten und den bisher oft schwer verständlichen Weg von einer digitalen Werbeanzeige zur Einblendung auf dem Bildschirm eines Nutzers darzustellen, werden im Folgenden die unterschiedlichen Auktionsmöglichkeiten und Taktiken der Käufer und Verkäufer analysiert und bewertet.

Second-Price-Auction

In einem effizienten Markt gilt die Second-Price-Auction als die optimale Transaktionsmechanik zwischen Käufer und Verkäufer. Die durch Google-Search-Auktionen bekannte Methode steht für eine Auktion, bei der der Höchstbietende den Zuschlag erhält, dieser aber nicht seinen eigenen Preis, sondern den des zweithöchsten Gebots zahlen muss. Dabei werden die Gebote so abgegeben, dass sie den anderen Bietern nicht bekannt sind. Dieses Verfahren sorgt dafür, dass der Käufer selbst festlegen kann, wie wertvoll eine Impression für ihn ist und wie viel er für sie bereit ist, zu zahlen. Weil der Käufer lediglich das zweithöchste Gebot zahlen muss, werden die Transaktionen zu einem fairen Preis abgeschlossen.

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Aus Sicht einer Demand-Side-Platform (DSP), einer Plattform, die den Einkauf von Werbeplätzen automatisiert und mithilfe verschiedener Algorithmen effizienter gestaltet, kommen Gebotsmultiplikatoren oder Wahrscheinlichkeitsfunktionen zum Einsatz: Sie sollen einerseits die Wahrscheinlichkeit berechnen, mit der eine Impression konvertiert, und andererseits die Kaufbereitschaft des Käufers und die Höhe des wahrscheinlich gebotenen Preises analysieren (Cost per Acquisition).

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First-Price-Auction

Bei einer First-Price-Auction zahlt der Käufer genau das, was er zuvor geboten hat ohne zu wissen, ob er auch mit einem niedrigeren Gebot den Zuschlag für die Impression erhalten hätte. Aus diesem Grund setzen Käufer oft auf strategisch ausgeklügelte Gebotsmodelle, mit denen sie vorherzusehen versuchen, mit welchem Gebot ein Konkurrent in die Auktion gehen wird, um diesen Preis dann zu überbieten. Um eine solche Metrik zu erstellen, muss das Bietverhalten der Konkurrenten jedoch über einen längeren Zeitraum analysiert werden.

Probleme des Second-Price-Modells

Die meisten Supply-Side-Platforms (SSP, technische Plattformen, die Werbeflächen programmatisch handelbar machen) nutzen immer noch die Second-Price-Auction. Doch das kann für den Bieter teuer werden: Vor allem im Header-Bidding haben sich in den letzten Monaten die Preise deutlich erhöht; entweder durch die SSP selbst  indirekt über die Gebühren der DSP oder wenn Publisher, um den Abschlusspreis zu erhöhen, vermehrt Impressionen über mehrere Plattformen simultan anbieten. Das Ergebnis ist ein fragmentierter und doppelter Markt, der einige Probleme mit sich bringt:

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Problem 1: DSP-Kartelle

DSP erzeugen bewusst eine Nachfrageverknappung, um Einfluss auf die Preise zu nehmen. Sie halten Gebote zurück und übermitteln sie erst nach einer internen Auktion an die SSP, um Verkäufer zu veranlassen, Nachfrage und Preis durch andere Handelsmethoden zu extrahieren.

Problem 2: Daisy-Chain-Verkettung (Wasserfall) im Publisher Adserver

In ihrem Adserver verketten Publisher Nachfragequellen in einer so genannten Daisy-Chain einschließlich SSP sowie Werbenetzwerke, also Ad-Networks. Jede Nachfragequelle erhält einen Mindestpreis. Die Impression wird zu den verschiedenen Mindestpreisen angeboten, bis sie schließlich abgerufen wird. Dabei kann eine Impression ein bis sechs Mal bereitgestellt werden, je nachdem, wie lange es dauert, bis sie gekauft wird.

Problem 3: Header-Bidding durch Publisher

Mit der Einführung des Header-Biddings kann eine Impression zuerst im Header und anschließend in Google AdX und/oder in der Daisy-Chain des Publishers gesehen werden. Wenn ein Publisher ein Header-Tag mit mehreren SSP verwendet, erzeugt dieser eine eigene Duplikation. Solange die Mindestpreise nicht erreicht werden, bleibt die Impression in Google AdX oder in der Daisy-Chain verfügbar. Einige Impressions können durch Header-Bidding mit einem Faktor 5 bis 30 vervielfacht werden.

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Problem 4: Autorisierter Wiederverkauf

In einigen Fällen schließen Publisher mit Wiederverkäufern Verträge ab, um zusätzliche Erträge und Angebotsdichte aus dem Markt zu ziehen. Diese Netzwerk-Wiederverkäufer haben in der Regel Zugang zu einer außerhalb der SSP angesiedelten Nachfrage und bieten oftmals Arbitrage-Modelle an. Dazu gehört der Wiederverkauf von Display-Impressions, die sie dann als Video-Impression zu einem höheren Preis weiterverkaufen.

Problem 5: Unerlaubter Weiterverkauf

Zwischenhändler decken dabei die Nachfrage mehrerer Quellen und nutzen die Ineffizienz des Arbitragemarktes für ihre Zwecke aus. Sie haben keinen Vertrag mit dem Publisher oder Advertiser, erhöhen dennoch die Auslastung des Publisher-Inventars. Sie selbst erheben dafür eine Gebühr, sodass die Kosten für die Nutzung der Technologie steigen („Ad-Tech-Tax“).

Problem 6: SSP-gesteuerte Angebotsduplizierung

SSP steigern ihren Ertrag, indem sie die Angebote der Publisher an alternative Nachfragequellen auslagern  beispielsweise andere SSP , die sich bereit erklärt haben, einander bei der Duplizierung und Übernahme von Angeboten der Publisher zu helfen.

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Problem 7: SSP-gesteuerte erneute Kaufaufforderung

Als Gegenmittel gegen die von den DSP zurückgehaltenen Gebote sprechen manche SSP dieselbe DSP mehrmals für dieselben Ad-Impressions an, um eine höhere Gebotsdichte von der DSP zu erzielen.

Problem 8: Tiering der SSP-Gebote

Das Tiering beziehungsweise das Einstufen von Geboten ist eine Form von SSP-gesteuerter erneuter Kaufaufforderung. In diesem Fall sendet die SSP die gleiche Anfrage an die gleiche DSP mit unterschiedlichen Mindestpreisen. Diese Taktik ermöglicht eine Art Preissenkung, da sie vertraglich noch als Zweitpreisauktion definiert werden kann. Das Ergebnis liegt jedoch näher an einer Erstpreisauktion.

Problem 9: Vom SSP deklarierte Erst- oder Zweitpreisauktionsdynamik

OpenX, Appnexus und Rubicon stellen den DSP seit Kurzem Informationen über die Auktionsdynamik zur Verfügung, damit sie eine fundiertere Entscheidung darüber treffen können, wie sie ihr Gebotsverhalten der jeweiligen Auktionsdynamik anpassen können. Einige der deklarierten Erstpreisauktionen haben eine Art integrierte Preissenkung, die in die jeweilige Auktion der SSP eingebaut ist. Für DSP wird es daher sehr schwierig, den wahren Wert jeder Impression, für die sie bieten, zu verstehen.

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Supply-Path-Optimization – Optimierungs-Tools für mehr Transparenz

Programmatic Advertising wird oft mit Ad-Fraud, gefaktem Traffic, falschen Websites, schlechten Platzierungen und Intransparenz in Verbindung gebracht. Zu Recht. Denn wie gezeigt gibt es etliche Probleme in der Supply-Kette. Besonders dann, wenn die Impressions von SSP zu SSP, von Marktplatz zu Marktplatz, weitergereicht werden und sich Werbenetzwerke ohne Einverständnis als Wiederverkäufer dazwischenschalten. Umso wichtiger ist es, Käufern und Verkäufern Möglichkeiten zur Optimierung und Defragmentierung des Supply-Path zu bieten.

Die vorgestellten Kauf- und Verkaufsrenditetaktiken stützen seit Langem eine fragmentierte Marktposition. Jede Methode, die sich mit der Verbesserung dieses unübersichtlichen Marktes beschäftigt, fällt in der Regel unter den Begriff Supply-Path-Optimization. Die häufigsten werden im Folgenden erläutert:

Methode 1: Reduzierung des Angebotsstroms

Diese Methode beinhaltet das Blockieren unerwünschter Supply-Paths durch manuelles heuristisches Blockieren, SSP-seitiges Filtern, frühzeitigen Ausstieg aus der Auktion oder durch eine Bid-Shaping-Technologie von Drittanbietern. Wenn die Methode gut umgesetzt wird, sollte eine DSP in der Lage sein, die von ihm wahrgenommenen Angebote effektiv zu reduzieren, ohne seine Fähigkeit zu beeinträchtigen, Kampagnenbudgets auszugeben. Bei schlechter Umsetzung verpasst er den Kauf der passenden Impression.

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Methode 2: Faire Preisfindung

Bei dieser Einkaufsstrategie wird die Bid-Response (die Antwort der DSP auf die verfügbare Impression), die ursprünglich für eine Second-Price-Auction gedacht war, so verändert, dass es auch in einem fragmentierten Markt oder einer First-Price-Auction funktioniert. Diese Methode hilft der DSP, einen fairen Preis für eine bestimmte Impression zu zahlen, die entweder eine deklarierte First-Price-Auction oder einen unbekannten Auktions-Typ aufgrund der Fragmentierung aufweist.

Methode 3: Header-Bidding-Fill-Rate-Improvement

Ein häufiges Problem beim Header-Bidding ist, dass viele Auktionen als Second-Price-Auction im Header abgeschlossen werden, aber im Adserver nicht gewinnen. Dadurch entgeht dem Publisher der Ertrag. Ein Beispiel:

  • SSP1 und SSP2 befinden sich im selben Header-Bidding-Setup des Publishers.
  • SSP1 verwendet den Second-Price, um das gewinnende Gebot auszuwählen,
    während SSP2 den First-Price verwendet.
  • SSP1 erhält ein 1-Euro-Gebot von DSP1 und ein 3-Euro-Gebot von DSP2 für eine
    Impression. Es wird 1,01 Euro als das gewinnende Gebot deklariert.
  • SSP2 erhält von DSP2 nur ein Gebot von 2 Euro für diese Impression. Es wird 2 Euro als das gewinnende Gebot deklariert.
  • SSP1 verliert das Gebot und DSP3 erkennt, dass eine Erhöhung des Tausender-Kontakt-Preises (TKP) die Gewinnrate nicht erhöht und ändert die Bietstrategie. Alle Parteien verlieren, mit Ausnahme von SSP2 und DSP2. Das bringt viele SSP und den Markt dazu, im Laufe der Zeit auf First-Price-Auction umzusteigen. Das wiederum erhöht den Bedarf an Fair-Price-Discovery zur Ermittlung des fairen Preises.

Methode 4: Ads.txt

Ads.txt steht für „Authorized Digital Sellers“. Es ist ein Skript auf Publisherseite, das allen am Einkaufsprozess beteiligten Parteien eindeutig offenlegt, welche Plattformen (SSP und Exchanges) tatsächlich autorisiert sind, das Inventar der Einkaufsseite eines Publishers programmatisch anzubieten. Damit gibt Ads.txt den Publishern im Programmatic Selling die volle Kontrolle darüber, wer überhaupt mit „seiner“ Impression handeln darf. Soweit Werbenetzwerke wie Zwischenhändler Impressions auf einer SSP oder Exchange einkaufen, um sie dann über andere Plattformen weiterzuverkaufen (sogenanntes Programmatic Reselling), wird dies nur noch mit dem Einverständnis des Publishers möglich sein.

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Methode 5: Bid Flattening, um die Ad-Tech-Tax zu eliminieren

Diese DSP-Gebotsstrategie identifiziert den Supply-Path einer bestimmten Impression und ermöglicht es der DSP, je nach Bedarf zum gegebenen Zeitpunkt über mehrere Pfade hinweg den gleichen Betrag für die Impression zu bieten. Diese Methode verhindert, dass die DSP auf einem bestimmten Supply-Path zu viel bezahlt. Bei sonst unveränderten Gegebenheiten gewinnt der Supply-Path, der die niedrigste Ad-Tech-Tax erzeugt, die Auktion, da dieser Bereitstellungspfad dafür geeignet ist, dem Publisher das höchste Gebot zu verschaffen.

Fazit:

Es gibt zahlreiche Supply-Paths, die nicht immer leicht nachzuvollziehen sind. Bisher stand im programmatischen Handel der Preis im Vordergrund, deshalb hat diese Intransparenz nur am Rande eine Rolle gespielt. Heute lernen immer mehr Käufer, dass der Wert einer Impression und ihre Vorhersage oft wichtiger sind, als das reine Feilschen um den Preis. Deshalb lagern Käufer immer häufiger die Optimierung ihrer Supply-Paths nicht an DSP aus, sondern beschäftigen sich selbst mit dem Einkauf der für sie relevanten Impressions. Es ist wichtig, dass Käufer eigene Angebotsstrategien entwickeln, mit der sie ihre eigenen KPI verwirklichen können.

Im Programmatic Advertising steht aktuell immer noch der Preis im Vordergrund. Dabei sollte es bei der Auktion um die richtige Impression, vor allem um ihren Wert für den Advertiser, gehen. Hier ist ein Umdenken notwendig, das am Ende des Tages auch auf den CPO einzahlt. Nur Marken und Agenturen, die ihre Gebotsstrategie am besten kontrollieren und anpassen können, werden langfristig den höchsten Umsatz erzielen. Der Trend zur First-Price-Auction, der sich aktuell auch in Deutschland vermehrt durchsetzt, kann hier ein gutes Hilfsmittel sein, um den Markt langfristig transparenter zu gestalten.

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