Vor vielen Jahren kannte ich jemanden, der sich vor wichtigen Situationen selbst Mut zusprach. Er stellte sich vor den Spiegel und hielt sich selbst eine Ansprache: „Du kannst das. Du bist der Beste. Du wirst sie vom Hocker hauen.“ Ich fand das äußerst unsympathisch. Und schlimmer noch: Es funktionierte.
Aus der Sportpsychologie ist eine Erkenntnis in die Arbeitswelt gesickert: Erfolg hängt an den Erwartungen. Gehen wir davon aus, dass wir etwas verbocken werden, dann stehen die Chancen gut, dass wir tatsächlich scheitern. Wer an sich selbst glaubt, ist ruhiger, verspürt weniger Stress und hat damit größere Chancen auf Erfolg. Das ist das Geheimnis der Motivationstrainer: Sie bringen Menschen bei, von ihren Fähigkeiten überzeugt zu sein – und ja, diesen Satz darf man gern so doppeldeutig lesen, wie er geschrieben ist.
Viele Menschen haben Selbstvertrauen nie gelernt
Ärgerlich am Thema Selbstvertrauen ist, dass viele Menschen das nie gelernt haben. Zuversicht galt als Arroganz, das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten als Übermut. Ein gehibbeltes „Ich kann das nicht“ war gleichermaßen nervig wie sympathisch. Neben dem sozialen Aspekt stand auch noch eine verdrehte Idee von Enttäuschung: „Wenn ich das Schlimmste erwarte, dann tut es hinterher nicht so weh.“ Stimmt natürlich nicht.
Solltest du also vor wichtigen Tagen am fehlenden Selbstvertrauen leiden: Könnte es sein, dass dir das in jungen Jahren genau so beigebracht wurde? Und wenn es so ist: Hat dich das Gehibbele je vor etwas gerettet?
Das künstlich niedrig gehaltene Selbstvertrauen ist etwas, das Psycholog:innen als dysfunktional bezeichnen: Eine Mischung aus Überzeugung und Verhalten, mit der Menschen sich selbst schaden. Es gilt also, etwas zu verändern.
Mehr Selbstvertrauen: Tipps, um sich selbst auszuhalten
Am Anfang der Veränderung steht die Erkenntnis, dass das fehlende Selbstvertrauen wirklich nicht nur ein Gefühl ist, sondern auch Verhalten. Zwar fehlt das Gefühl, etwas zu können, wirklich. Aber dazu kommt dann eben noch ein bestimmtes Auftreten vor sich selbst: Betroffene ziehen die Köpfe ein, als könnten sie sich damit vor dem Leben verstecken. Sie sprechen aus, woran sie glauben: „Ich kann das nicht, ich bin immer miserabel darin.“ Und damit überzeugen sie sich selbst noch ein wenig mehr.
Und darin liegt ein guter Ansatzpunkt. Denn das muss man nicht machen, es gibt Alternativen. Wie wäre es mit: „Ich kann andere Sachen besser, aber ich gehe und ziehe es durch.“ Schon mit dieser kleinen Veränderung hast du dich der Neutralität angenähert. Das kann angepasst werden zu: „Ich kann andere Sachen noch weniger und habe die auch schon geschafft.“ Ist es wirklich leichter, Fahrradfahren zu lernen, als fünfzehn Minuten lang seine Arbeit zu präsentieren? Du hattest Schürfwunden! Die bekommst du heute ganz sicher nicht.
Dazu arbeitest du an deiner Körperhaltung: „Ich gehe da jetzt hin und stehe gerade. Das ist ein Anfang.“ Wenn du dann noch beherrschst, was du sagen oder tun willst, dann hast du einige Stressfaktoren beseitigt. Das bedeutet auch: Was jetzt noch da ist, ist in dir. Und es darf da sein. Deine Aufregung sagt hauptsächlich, dass du die Situation ernst nimmst – und das ist eine gute Sache.