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Interview

Sleep-Tech: Lassen uns Apps und Gadgets besser schlafen?

Kann Technik unseren Schlaf verbessern? Im Interview verrät Thomas Penzel von der Berliner Charité, ob die Medizin von der wachsenden Selbstüberwachung profitieren kann – und warum Daten dabei zum Problem werden könnten.

Von Alexander Schulz
4 Min.
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Sleep-Tech wie der Somnox-Sleep-Roboter sollen unseren Schlaf verbessern. (Foto: Picture Alliance/Reuters/Steve Marcus)

Wearables, Kuschelroboter und Apps: Immer mehr Menschen wollen mithilfe von Sleep-Tech ihren Schlaf optimieren. Nicht für jeden führt der Einsatz von Technik zu gesunder Nachtruhe. Wo Apps helfen können und wann Schlaftracking kontraproduktiv werden kann, erklärt der ­Humanbiologe ­Thomas Penzel. Er ist wissenschaftlicher Leiter des Interdisziplinären ­Schlafmedizinischen Zentrums an der ­Berliner Charité und Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin.

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t3n: Herr Penzel, haben Sie gut geschlafen?
Thomas Penzel: Ja, ich habe prima geschlafen.

t3n: Was heißt das überhaupt: gut geschlafen?
Schlaf ist ein Zustand des Unbewussten. Das bedeutet, wir bemerken nicht, was während des Schlafes passiert. Das Gefühl, gut geschlafen zu haben, haben wir, wenn wir selten in der Nacht aufwachen und dann so kurz, dass wir uns nicht daran erinnern. Die Erinnerung an Aufwachphasen ist das, was uns Schlaf als schlecht empfinden lässt.

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t3n: Sind wir produktiver, wenn wir gut schlafen?
Ich würde es andersherum sagen: Wenn wir schlecht schlafen, sind wir unproduktiver. Der gute Schlaf ist der normale Schlaf, nicht der Ausnahmezustand. Darum sind wir normal produktiv, wenn wir gut geschlafen haben. Ist der Schlaf beeinträchtigt, ist demnach unsere Produktivität eingeschränkt.

Thomas Penzel.

t3n: Um ihren Schlaf zu verbessern, greifen viele Menschen zu Sleep-Tech. Kann das helfen?
Das hat mit der Persönlichkeit des Einzelnen zu tun. Es gibt Apps, die tracken, ob wir schlafen oder nicht. Sie können auch messen, ob wir aufgewacht sind und wie lange. Aber je nachdem, wie ein Mensch diese Informationen verarbeitet, ist das förderlich oder das Gegenteil. Wenn ich sage, ich habe schlecht geschlafen, aber meine App sagt mir, dass ich nur zweimal aufgewacht bin und lang genug geschlafen habe, kann es helfen. Also wenn das Gefühl schlechter ist als die Wirklichkeit.

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t3n: Und wenn es andersherum ist?
Eine App kann mir einen schlechten Schlaf zurückspielen und sagen: Du bist dreimal aufgewacht. Das kann aber auch erst dazu führen, dass ich denke, ich hätte schlecht geschlafen. Dieselbe App mit den gleichen Ergebnissen kann von Person zu Person unterschiedliche Auswirkungen haben.

t3n: Neben Apps gibt es noch Fitnessuhren, Smartrings, ­Luftfilter, Kuschelroboter oder Matratzen, die den Schlaf überwachen. Was ist sinnvoll, was nicht?
Die genannten Geräte sind fast ausschließlich ­Consumer-Produkte, also Produkte aus dem Verbraucherbereich. Das erkennt man an dem CE-Zeichen ohne Nummer dahinter. Bei ihnen ist die Frage nicht beantwortet. Sie wurden nicht auf Wirksamkeit getestet.

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t3n: Es ist nicht klar, ob sie helfen?
Die Werbung suggeriert, dass einige helfen. Als Wissenschaftler muss ich aber Studien vertrauen. Apps und Gadgets, die nur ein CE-Zeichen haben, sind zugelassen. Sie sind also nicht gefährlich. Nur bei medizinisch zugelassenen Geräten, Apps und Wearables wie dem Sleep Image Ring oder anderen, die ein CE-Medical, also eine entsprechende Nummer, vorweisen können, ist die Wirksamkeit überprüft.

t3n: Nutzen Sie selbst Sleep-Tech?
Ich nutze gelegentlich Produkte und Apps, weil ich neugierig bin. Regelmäßig verwende ich privat allerdings keine Produkte. Im beruflichen Kontext probieren wir verschiedene Smartwatches und Smartringe aus.

t3n: Wie hat sich ihr Fachgebiet durch Sleep-Tech verändert?
Das Fachgebiet hat sich nicht wesentlich verändert. Es gibt ­allerdings deutlich mehr Aufmerksamkeit für das Thema Schlaf in der Bevölkerung. Das freut uns natürlich. Als Schlafmediziner hoffe ich, dass dadurch mehr auf gesunden Schlaf geachtet wird.

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Schlaf-Apps sind oft nicht wissenschaftlich auf ihre Wirksamkeit getestet. (Foto: Picture Alliance/Nur Photo/Jaap Arriens)

t3n: Kann die Medizin von der Selbstüberwachung des Einzelnen profitieren?
Sie kann davon profitieren, wenn die Hersteller ihre Daten zur Verfügung stellen. Das ist bisher nicht der Fall. Die Daten landen dann in irgendwelchen proprietären Clouds. Häufig kommen Menschen zu uns, die sagen: Hier, schaut auf mein Smartphone, mein Schlaf ist schlecht. Wir kommen jedoch nicht an die Daten heran. Es gibt keine Datenintegration.

t3n: Könnte sich das irgendwann ändern?
Es gibt von der EU geförderte Projekte, die versuchen, eine Inte­gration herzustellen. Wir haben in der deutschen Medizinin­formatik eine Initiative gestartet, die eine solche Datenintegra­tion ermöglichen soll. Dafür haben wir Fördermittel beantragt und warten auf die Freigabe.

t3n: Sie selbst forschen am sogenannten Sleep Lab at Home, einem vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Pro­jekt. Was steckt dahinter?
Beim Projekt Sleep Lab at Home arbeiten wir mit mehreren Unternehmen und Universitäten aus Baden-Württemberg und ­Berlin zusammen. Wir wollen es ermöglichen, auch zu Hause Schlaf und die Schlaftiefe zu analysieren. Es ist vergleichbar mit Wearables oder anderen Geräten, die man zum Messen nutzen kann. Alle Rechte sollen jedoch bei deutschen Firmen liegen. Und vor allem sollen die Daten komplett in die medizinische Akte übertragen werden.

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t3n: Wann wird Sleep Lab at Home am Markt verfügbar sein?
Ob und wie das Produkt auf den Markt kommt, müssen die beteiligten Unternehmen am Ende entscheiden. Wir entwickeln nur den Prototyp. Das wird noch ungefähr anderthalb Jahre dauern. Danach wissen wir, ob es funktioniert. Es könnte also frühestens in zwei Jahren auf den Markt kommen.

Bildergalerie: 8 Gadgets, die dich besser machen wollen

Selbstoptimierung: 8 Gadgets, die dich besser machen Quelle: https://www.instagram.com/p/CVlJ2eSPrsp/
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