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Smartphone-Pfand über 25 Euro: Die Grünen greifen das Problem am falschen Ende an

Pflichtpfand für Smartphones klingt nach einer Idee, die nachhaltiges und ökologisch sinnvolles Verhalten fördern könnte. Doch der Vorschlag der Grünen greift zu kurz und wird der zunehmenden Menge an Elektroschrott nicht gerecht.

4 Min. Lesezeit
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(Foto: Shutterstock)

Die Grünen haben vorgeschlagen, Smartphones und Tablets mit einem verpflichtenden Pfand von 25 Euro zu belegen, um den Umfang der nicht oder nicht korrekt recycelten Geräte drastisch zu reduzieren. Der Gesetzentwurf, über den zuerst der Spiegel berichtete, sieht insgesamt 20 Maßnahmen vor, die dazu beitragen sollen, dass weniger Elektroschrott entsteht und Altmaterialien möglichst weitgehend wiederverwendet werden.

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Dabei ist nicht einmal genau klar, welchen Umfang das Problem Elektroschrott genau weltweit hat, weil es keine belastbaren Zahlen gibt und vieles undokumentiert erfolgt. Experten sind sich allerdings ungewohnt einig darüber, dass es sich angesichts der steigenden Gerätezahl um eine Herausforderung handelt, die man angehen müsse. Von 53 Millionen Tonnen Elektroschrott weltweit ist die Rede (2018) – und von einer möglichen Verdoppelung in den nächsten 30 Jahren, insbesondere weil in den Emerging Markets der Anteil an Geräten zunehmen wird.

Doch in der Tat ist Deutschland in Sachen Wiederverwertung von Elektrogeräten verglichen mit anderen europäischen Ländern alles andere als spitze: 65 Prozent der Geräte sollen laut einer EU-Verordnung eingesammelt und wiederaufbereitet werden – und Deutschland verfehlt diese Quote um rund 20 Prozentpunkte. Um wie viel genau, ist nicht klar, weil die letzten Zahlen von 2017 stammen (damals 45,08 Prozent), inzwischen dürften es laut Experten eher sogar noch weniger Geräte sein, die dokumentiert in den Rohstoffkreislauf zurückfließen.

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Elektroschrott oft undokumentiert nach Afrika exportiert

Länder wie Kroatien oder Estland sind hier mit rund 80 Prozent deutlich weiter, was das Einsammeln von Altgeräten betrifft. Zugrunde gelegt wird dabei die Menge der gesammelten Altgeräte im Vergleich zu den im Drei-Jahres-Schnitt in Verkehr gebrachten Geräten. Das ist zwar keine absolut belastbare Zahl, weil hierbei etwa nicht Veränderungen in der Lebensdauer der Geräte berücksichtigt werden und auch eine eventuell zweite Nutzungsdauer (Stichwort Weitergabe in Familien- und Freundeskreis) nicht berücksichtigt wird, kann aber durchaus als bestmöglicher Wert gesehen werden.

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Doch was passiert ansonsten mit den Geräten? Ein Großteil der übrigen Produkte wird entweder nicht korrekt recycelt (rund die Hälfte) oder (größtenteils undokumentiert) ins Ausland ausgeführt. Rund 1,5 Millionen Tonnen Elektroschrott waren es laut einer Schätzung beispielsweise 2015. Ein Großteil davon soll in afrikanischen Staaten wie Ghana oder Nigeria landen. Dass das Geschäft mit den Altgeräten in vielen afrikanischen Regionen (unter erschreckenden Arbeitsschutzbedingungen) so gut läuft, hat mit den Teilen zu tun, die die Geräte enthalten: Vieles davon sind seltene Erden und Rohstoffe wie Kobalt oder Metalle wie Tantal oder Coltan, deren Auslösen sich durchaus lohnen kann, weil die Teile in der hier vorgefundenen Reinheit in der Tat schwer zu bekommen sind.

Der IT-Branchenverband Bitkom geht von mehr als 100 Millionen alten Handys und Smartphones aus, die die Deutschen in der Schublade liegen haben – und die geschätzt 24 Millionen Smartphones, die jährlich verkauft werden, sollen nach Hochrechnungen der Deutschen Umwelthilfe rund 720 Kilogramm Gold, 7,3 Tonnen Silber und 396 Tonnen Kupfer enthalten – sowie diverse weitere Stoffe, die speziell für die Herstellung technischer Produkte gefördert werden.

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Pfandregelung weder gerecht noch zielführend

Dennoch wird ein Pfand von pauschal 25 Euro der Problematik nicht gerecht: Einen Käufer eines 1.000-Euro-Edel-Smartphones dürfte es weniger interessieren als den Besitzer eines 100-Euro-Plastik-Tablets vom Discounter. Vernünftiger wäre es, den Kunden unkomplizierte Abgabemöglichkeiten zur Verfügung zu stellen, möglicherweise auch entsprechende Anreize zu bieten und dies auch deutlich kenntlich zu machen. Bisher sind weder Discounter noch Versender besonders erpicht darauf, den Kunden darüber aufzuklären, in welcher Form er ein Altgerät über sie entsorgen kann. Denn was wohl den wenigsten Verbrauchern klar ist: Sie können bereits heute ihre Altgeräte beim (Online-)Händler zurückgeben.

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13 Kommentare
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Dein t3n-Team

Titus von Unhold

Das wichtigste Argument für das Pfand hast du gar nicht erst recherchiert: Die Dinger landen in Anlagen in denen der Akku aufgrund mechanischer Einwirkung beschädigt wird und sich dann exothermisch zerlegt. Abfallentsorger und Verwerter bekommen in der Folge teils keine Brandschutzversicherungen mehr oder müssen exorbitante Prämien zahlen.

Antworten
Thomas

Lesen Sie eigentlich auch manchmal, was Sie schreiben?

„ die geschätzt 24 Millionen Smartphones, die jährlich verkauft werden, sollen nach Hochrechnungen der Deutschen Umwelthilfe rund 720 Kilogramm Gold, 7,3 Tonnen Silber und 396 Millionen Tonnen Kupfer enthalten“

Dann müsste ein Smartphone grob gerechnet 15 t wiegen. Meins ist leichter. Wiegt Ihres schon 30 t?

Antworten
Dr. Math

Na Thomas, in Matte warst Du keine Leuchte?

Antworten
Tobias Weidemann

Also er könnte jetzt dafür deine Deutschkenntnisse anzweifeln ;-) Aber zur Ehrenrettung von Thomas muss gesagt werden, dass wir auf seinen Hinweis hin die „Millionen“ bei den Tonnen Kupfer tatsächlich im Text korrigiert haben. War vor lauter tonnenweise Elektroschrott nämlich tatsächlich da reingerutscht. Danke übrigens @Thomas für den Hinweis.

Andre Schreiber

Pfand ist eine gute Idee. 1. Es ist erprobt und bekannt bei Handel und Verbraucher 2. Es funktioniert. 3. Ein Pfand bleibt ein Pfand, egal wie teuer das Phone damals war. Wenn ich drei davon in der Schublade habe sind das 75,-€. Es bietet genug Anreiz, um das Handy zurück zu bringen. Neues Erachtens sollte das Pfand aber nicht an der Rechnung fest gemacht werden. Irgendwann ist die weg und dann ist der Anreiz dahin. Besser wäre eine Datenbank o.ä.

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Christian

Die Argumentation des Autors ist nicht schlüssig. Es folgt einfach nicht daraus, dass eine vorgeschlagene Massnahme noch nicht optimal ist, dass man lieber nichts tut.
Wenn wir uns einig darüber sind, dass zu viel Elektroschrott anfällt und dass die Recyclingquote zu niedrig ist, müssen Wege gesucht werden, diese Probleme zu lösen. Wenn man nicht für eine pauschale Pfandregelung ist, kann man ja sehr gut eine preisabhängige Regelung einführen (wie beim CO2): Je 100 Euro Kaufpreis für ein Smartphone oder Tablet fallen z.B. 10 Euro Pfand an. D.h. für ein Handy für 1000 Euro sind 100 Euro Pfand fällig, für ein Tablet für 100 Euro sind 10 Euro Pfand fällig.
Vielleicht kann dann auch nebenbei erreicht werden, dass weniger dieser Billigdinger produziert und verkauft werden (und bitte jetzt nicht das Argument bringen, dass das auch wieder ungerecht sei: Es gibt kein Recht darauf, ein Tablet für 100 Euro kaufen zu können – was ja auch nur deshalb möglich sein kann, dass viele Beteiligte an der Produktionskette ausgenutzt und extrem ungerecht behandelt werden).
Natürlich hat der Handel, der Discounter, der Versender kein Interesse daran, die Dinger zurück zu nehmen – das kostet ja. Die Beteiligten der Vertriebskette genauso wie die Herstellen haben ja das nachvollziehbare Interesse, mit den Geräten einmal Kasse machen und dann nichts mehr damit zu tun haben – sonst würden ja z.B. viel mehr Geräte auch reparierbar sein. Nur leider ist das nicht nachhaltig und löst die Probleme nicht.
Ob man das nun gut findet oder nicht – die Erfahrung lehrt halt, dass auch „unkomplizierte Abgabemöglichkeiten“ oft nur dann genutzt werden, wenn es sich finanziell lohnt – und so ein Pfand soll ja genau der „entsprechende Anreiz“ sein. Wie man den dann ausgestaltet, muss ausdiskutiert werden. Aber nichts zu machen und darauf zu hoffen, dass alle Beteiligten am Nutzungskreislauf von den Rohstoffen zum Handy und zurück zu den Rohstoffen von sich aus das Beste tun, bedeutet die Realitäten zu ignorieren – denn es gibt in einem solchen Kreislauf immer Player, die nur auf den eigenen Nutzen schauen und es insbesondere ausnutzen, wenn andere nicht margenoptimiert arbeiten.
Es gibt ja Hersteller von Handys, die schon alternative Wertschöpfungsketten anstreben – z.B. Fairphone und Shiftphone. Und bei letzterem gibt es auch schon das Handypfand. Bevor man sagt, dass das alles nicht geht oder nichts bringt, sollte man eher mal dort nachfragen, wie die Erfahrungen bislang mit diesem System sind (ich weiss das auch nicht, schreibe aber auch nicht solche Artikel wie dieser hier…).

Antworten
dennis

Die Praxis zeigt, dass ein Pfand nicht den Erfolg erzielt, wie gerne gewünscht. 25 Cent für die PET Flaschen, damit diese weniger gekauft werden. Das hat gar nichts gebracht.

Ein anderes Beispiel sind Plastiktüten, die teurer wurden. Wurde trotzdem in rauen Mengen gekauft.
Sprit, der stetig teurer wird, damit man auf das Auto verzichtet.

All diese Wege funktionieren nicht, weil der Gesetzgeber immer der Meinung ist, dass das über Geld funktioniert. Das tut es einfach nicht. Die Regierung checkt das einfach nicht. Und der Autor hat leider Recht mit seiner These, dass es andere Wege sein müssen, die die Umwelt schützt.

Antworten
Frank

Das Pfand für PET Flaschen wurde nicht eingeführt damit diese weniger gekauft werden, sondern um die Motivation des Konsumenten zu erhöhen sie dem Recycling oder der Wiederverwendung zuzuführen.
Das Beispiel Plastiktüte stimmen nicht, da die Zahlen beständig sinken „2017 in Deutschland 2,4 Milliarden Tüten in Umlauf gebracht, 1,3 Milliarden weniger als im Vorjahr. “ sagt die Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung. Sowohl Plastiktüte als auch Sprit sind keine passende Beispiele da beide nicht mit Pfand arbeiten.

Manfred

Woher hast du denn diese Erkenntnis? Selbst erfunden?

G. Kampmann

Zitat: „Vieles davon sind seltene Erden und Rohstoffe wie Kobalt oder Metalle wie Tantal oder Coltan.“

Warum ist Kobalt ein „Rohstoff“ und Tantal ein Metall? Beides sind (Übergangs-)Metalle mit ähnlichen Eigenschaften!
Coltan hingegen, übrigens eine Abkürzung für „Columbit-Tantalit“, ist gar kein Metall, sondern ein Metallerz aus dem dem Tantal gewonnen wird. Etwas mehr Präzision wäre hier und da schon wünschenswert, sonst prägt man sich als Leser irgendwelchen Unsinn ein.

Antworten
Werner Lischka

Das Pfandsysteme wirksam sind, zeigt ein Vergleich der Rücklaufquote an PET-Flaschen in D und Ö (wo es das Pfand nicht gibt). Um die Kritiker am Pfandsystem zum Schweigen zu bringen – dessen Ziel ist es NICHT, ein Produkt schlechter verkäuflich zu machen, sondern seine Reste möglichst komplett einzusammeln (siehe auch Weihnachtsmärkte mit Becherpfand).
Die Ausrede der Wirtschaft auf soziale Ungerechtigkeit ist eine Frechheit – es gibt weder ein Menschenrecht auf billige Handys noch auf Tabletts. Natürlich muß ein Pfand beim Kauf weh tun – sonst nutzts nichts.
Das Thema ‚leichte Rückgabe‘ hat die Spieltheorie längst invalidiert – was keinen persönlichen Vorteil bringt, wird vom Menschen nicht genutzt. Die Elektronikindustrie soll nicht alle für dumm verkaufen – die Aussage ‚wir wollen kein Pfand, weil uns die Rücknahme kostet‘ wäre ehrlich und würde genauso akzeptiert.

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Hansi Meier

Allerdings: Macht man den Vergleich der Rücklaufquoten nicht mit Österreich sondern mit der Schweiz (wo es das Pfand auch nicht gibt), könnte man schlussfolgern, dass die Rücklaufquote nicht wesentlich von einem Pfand abhängig ist.

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Steffen

Wenn es um die Rohstoffe geht, sollte die Pfandhöhe nicht vom Handypreis sondern den eingesetzten Materialien abhängen.

Den Verlust oder Diebstahl eines Gerätes macht der Pfand doppelt ärgerlich. Überhaupt würde ein anonymer Rücklauf mit Pfand den Handyraub sehr attraktiv machen, während ich noch nie gehört habe, dass jemand 100 PET-Flaschen wegen des Pfandes stiehlt.
Wie soll das Pfandrecht gesichert werden? Kaufbeleg? Datenbank bei der Bundesanstalt für Überwachung? Wenn es dadurch selten zu einer „zweiten Nutzungsdauer“ kommt, ist das auch schlecht für die Umwelt.

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