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Interview

Sofortige Stressbewältigung im Job: 3 bewährte Tricks aus der Verhaltenstherapie

Jeder Berufstätige hat mal mehr und mal weniger Stress im Job. Mit der Katastrophenskala, dem Grübelstuhl und dem Ruhewort lassen sich Belastungen und Ärger adressieren, sagt ein Experte.

4 Min.
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Stress im Job: In 3 Schritten zur besseren Work-Life-Balance (Foto: Shutterstock/Look Studio)

Stress im Job ist oft vermeidbar – etwa durch Disziplin und gute Planung. Doch es gibt auch Momente, in denen Berufstätige kurz davor sind, den Kopf zu verlieren. Wenn beispielsweise zwei neue Aufgaben ganz spontan hereinschneien, das Telefon in einer Tour klingelt und der Kita-Schluss immer näher rückt. Passiert das, lassen sich Druck und Hektik oft nicht vermeiden.

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Doch auch solche Situationen können Berufstätige mit ein paar Tricks aus der Verhaltenstherapie entschärfen, sagt Utz Niklas Walter vom Institut für Betriebliche Gesundheitsberatung (IFBG) in Konstanz. Der Gründer des Schlaf-Portals Letsleep.de empfiehlt vor allem drei Techniken: die Katastrophenskala, den Grübelstuhl und das Ruhewort.

Utz Niklas Walter: „Berufstätige sollten Stress im Job nicht unterschätzen.“ (Foto: IFBG)

t3n: Zu den größten Stressoren am Arbeitsplatz zählen Termindruck, ein schlechtes Arbeitsklima und ständige Erreichbarkeit. Muss man heutzutage lernen, sich mit solchen Belastungen zu arrangieren oder sollte man als Berufstätiger da lieber gleich das Weite suchen?

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Utz Niklas Walter: Man sollte in jedem Fall nicht zu viele Kompromisse eingehen. Die hohe Nachfrage nach qualifizierten Fachkräften erlaubt es inzwischen vielen Berufstätigen, sich den Arbeitsplatz genau auszusuchen. Die Arbeitgeber wissen das auch und haben in den vergangenen Jahren viel unternommen, um Mitarbeiter vor Jobstress zu schützen. Von gesundheitsbezogenen Blitzbefragungen über die Ausbildung von Führungskräften zu Gesundheitsbotschaftern bis hin zum Erreichbarkeits-Kodex sind spannende Maßnahmen entstanden. Ein ganz neuer Ansatz ist auch die Erstellung von sogenannten Wohlfühl-Cards. Hier schreibt jeder Beschäftigte auf, wie er gerne arbeiten will beziehungsweise wann und über welche Kanäle er am liebsten kontaktiert werden möchte. Diese Wohlfühl-Cards werden dann innerhalb des Teams verteilt – und irgendwann auch weitestgehend gelebt.

t3n: Kannst du prominente Beispiele nennen, wo diese Wohlfühl-Cards im Einsatz sind?

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Prominente Beispiele gibt es hier noch nicht. Diesen Ansatz haben wir zunächst selbst in unserem Unternehmen entwickelt und umgesetzt. Es wird sich erst noch zeigen, inwieweit sich die Wohlfühl-Cards auch in größeren Organisationen realisieren lassen, da es hier ja mehr Restriktionen gibt. Aus unserer Sicht ist es jedoch ein Ansatz, der ebenso für Team- oder Gruppenleiter in Großunternehmen interessant ist.

t3n: Welche Folgen kann negativer Stress auf uns haben?

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Wenn ich mich am Arbeitsplatz nicht wohl fühle oder zu sehr gestresst bin, hat das einen erheblichen Einfluss auf meine Gesundheit und Arbeitszufriedenheit. Die Produktivität lässt nach, und es kann schnell zur inneren Kündigung kommen. All das ist natürlich nicht im Sinne der Arbeitgeber.

t3n: Sport zählt ja zu den besten Methoden, um Stress abzubauen. Nun kann aber nicht jeder im Büro eine Jogging-Pause einlegen. Welche Techniken kannst du empfehlen, um unmittelbar etwas zu tun?

Sport ist eine tolle Möglichkeit, um Stress abzubauen. Er setzt jedoch nicht an den Ursachen von Stress an. Hier spielen eher Dinge wie beispielsweise die hohe Termindichte, der andauernde Konflikt mit meinem Kollegen oder die fehlende Wertschätzung durch meine Chefin eine Rolle. Manche dieser Stressoren kann ich selbst reduzieren, bei manchen benötige ich die Unterstützung des Arbeitgebers. Verhaltenstherapeutische Techniken wie die Katastrophenskala oder der Grübelstuhl können jedoch helfen, besser mit Stress umzugehen und ihn keinesfalls mit in den Feierabend beziehungsweise ins Bett zu nehmen.

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t3n: Wie funktionieren diese Techniken genau? Und wie viel Übung braucht es, um sie zu erlernen?

Die Katastrophenskala kannst du sofort anwenden. Sie hilft dir, Probleme und Sorgen realistischer einzuordnen, sodass du erst gar nicht in Stress gerätst. Dazu stellst du dir gedanklich eine Skala von eins – das kleinstmögliche Problem, beispielsweise der Verlust eines Ein-Euro-Stücks auf der Straße – bis zehn vor – das größtmögliche Problem, etwa ein Todesfall in der Familie. Wenn du dich nun künftig wieder einmal tierisch über eine E-Mail deines Kollegen aufregst, ordnest du dieses vermeintliche Problem auf deiner persönlichen Katastrophenskala ein. Und du wirst schnell feststellen, dass es eigentlich keinen allzu großen Grund gibt, sich darüber aufzuregen.

t3n: Was hat es mit dem Grübelstuhl auf sich?

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Der Grübelstuhl hilft dir, Probleme und Sorgen nicht mehr im Alltag mit sich herumzutragen. Das gelingt, indem du fortan nur noch auf einem ausgewählten Möbelstück etwa zu Hause oder bei der Arbeit nachdenkst und grübelst – am besten problemlösend und nicht sorgenvoll. Der Grübelstuhl sollte nicht dein Lieblingsplatz sein, sondern ein Ort, der dir nicht großartig viel bedeutet. Sich Notizen zu machen, ist da übrigens sehr hilfreich. Wenn du dann ausreichend nachgedacht und Lösungsansätze entwickelt hast, verlässt du den Grübelstuhl und gehst wieder anderen Dingen nach. Solltest du dich wenig später dabei ertappen, wieder über etwas nachzudenken: Suche den Grübelstuhl sofort auf. Nur so schaffst du es, Sorgen nicht mehr ständig mit dir herumzutragen und besser mit ihnen umzugehen.

t3n: Eine andere Technik ist auch das sogenannte Ruhewort. Bei der Übung wird ein Begriff mit einer entspannenden oder beruhigenden Erinnerung verknüpft. Wie genau funktioniert das? Und wie viel Training braucht die Methode?

Mit dem Ruhewort kann man Stresssituationen gezielt entkräften – beispielsweise in Meetings oder Prüfungen. Dafür benötigst du ein Wort, das auf dich eine beruhigende Wirkung hat. Ob dein Lieblingswort aus der Kindheit, dein Lieblingsland oder ein Wort mit einem schönen Klang – das entscheidest du selbst. Im entsprechenden Stressmoment sagst du dir gedanklich das Ruhewort und atmest tief durch. Dein Gegenüber wird gar nicht merken, was du tust. Damit das Ganze aber auch tatsächlich eine Wirkung hat, braucht es etwas Training. Am besten baust du dein Ruhewort auch in andere Entspannungstechniken wie beispielsweise in die Muskelrelaxation oder eine Phantasiereise ein. Dadurch wird die Entspannungswirkung verstärkt.

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t3n: Danke für diese Tipps!

Sehr gerne.

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Antonio Carfora

Nicht zu viele Kompromisse eingehen? Leichter gesagt als gemacht. Das stimmt, zurzeit herrscht eher ein Arbeitnehmermarkt, wobei der nur in gewissen Branchen greift. Deshalb ist die Realität eher umgekehrt, in der die meisten Arbeitnehmer am kürzeren Hebel sind und nicht mir nichts dir nichts den Job wechseln können. Zudem finde ich das der Ansatz oben z. T. alter Wein in neuen Schläuchen ist. Viele fernöstliche Ansätze bieten da seit Jahren bessere Methoden, die tiefer greifen und weitergehen, als nur punktuell auf die Arbeit bezogen. Ich frage mich, ob der Autor schon mal richtigen Stress erlebt hat.

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