„Jeder sollte JavaScript lernen“: Microsoft-Entwickler Scott Hanselman im Interview
Plötzlich werden Scripts geschrieben, die auf virtuellen Maschinen laufen und LiveScript, TypeScript und C++ werden in JavaScript übersetzt. Ganze Anwendungen laufen heute schon im Webbrowser. Florian Bender, Leiter der Developer Week und langjähriger Kenner der Szene, hat ihn vorab getroffen. Mit ihm spricht er über die neuesten Trends in der Entwicklerwelt, seine Einstellung zu seinem Arbeitgeber Microsoft und über das Miteinander der alten und jungen Entwicklergeneration.
Florian Bender: Scott, was sind aus deiner Sicht aktuell die Top-Themen in der Entwicklerbranche?
Scott Hanselman: Erst mal glaube ich, dass einige von uns die Vergangenheit vergessen haben. Wir müssen uns daran erinnern, wie wir hierher gekommen sind, damit wir die Zukunft verstehen. Warum machen wir Web-Anwendungen mit JavaScript und Angular? Welche Probleme wollen wir lösen? Welche Probleme sind neu und welche alt und welche wurden schon in den 60er Jahren von einer klugen Person gelöst?
Bender: Und was steht bei dir persönlich gerade auf der Agenda?
Hanselman: Mein Fokus liegt gerade darauf, .NET Core und ASP.NET Core auszuliefern. Wir wollen ein tolles Cross-Plattform-Framework anbieten, das jeder verwenden kann. Ich möchte nämlich, dass .NET von Jung und Alt gleichermaßen genutzt wird. Wenn jemand sagt: „Ich nutze Ruby/PHP/Python/Java“ sollte er auch denken: „Hey, C# oder F# ist auch eine super Lösung und es läuft beides auf Linux/Mac/Windows!“
Bender: Jemand hat JavaScript einmal mit der Assemblersprache verglichen und gesagt, dass JavaScript die neue Assemblersprache für das Internet sei. Wie denkst du darüber?
Hanselman: Ja, das ist eine gute Idee, dieser jemand war nämlich ich ;-), siehe dieser Artikel. Und übrigens ist das genau das, was im Moment tatsächlich passiert, siehe hier.
Bender: Also müssen wir Entwickler jetzt alle JavaScript lernen, da wir sonst unsere Jobs verlieren?
Hanselman: Ja, das stimmt! Jeder sollte JavaScript lernen – und zusätzlich eine serverseitige Sprache.
Bender: Seit langem schon versucht Microsoft seine Webforms zu pushen, es ist aber nie wirklich gelungen. Glaubst du, dass der neue Web-Stack besser in die Anforderungen der heutigen Zeit passt?
Hanselman: Der neue Stack ist modular, schneller, offener, sauberer, einfach besser gemacht. Zum einen ist er sowohl für kleine Geräte als auch für große Clouds geeignet. Zum anderen erlaubt er uns, das Betriebssystem und den Editor zu wählen. Das ist ein großes Plus!
Bender: Glaubst du, dass Microsoft das Rennen gegen Node.js schon verloren hat?
Hanselman: Nein, ganz und gar nicht! Unser neues Framework ist schon sechs- bis achtmal schneller als Node und es wird mit jedem Tag schneller. Dazu gibt es auch Benchmarks. Und außerdem: Wer sagt denn, dass es hier einen Wettbewerb oder gar Krieg geben muss? Warum sollten Entwickler nicht beides nebeneinander verwenden?
Bender: Lass uns mal einen Blick in die Zukunft werfen. Was denkst du, wie wird sich die Technologie in Bezug auf das Internet entwickeln?
Hanselman: Ich denke, asm.js wird es möglich machen, AAA-Spiele in Zukunft in einem Browser zu spielen. Außerdem glaube ich, dass wir „offene App-Stores“ in diesem neuen Web haben werden, die nicht unter der Kontrolle irgendeines Anbieters stehen.
Bender: Werden Bots das „next big thing“ sein? Und wenn ja, warum oder warum nicht?
Hanselman: Ich bin mir hier noch nicht sicher, ich beobachte und lerne noch … Ich mag Cortana und Siri, aber ich denke, dass sie immer noch eine Menge Unsinn machen. Ich lasse euch wissen, wenn ich einen Bot habe, der in der Lage ist, mir in meinem täglichen Leben tatsächlich zu helfen. :)
Scott Hanselman ist der Meinung, jeder sollte JavaScript lernen. (Foto: t3n)Bender: Manchmal haben wir den Eindruck, dass du deinen Arbeitgeber Microsoft kritisierst. Hast du deshalb schon einmal Schwierigkeiten bekommen?
Hanselman: Nein, keine ernsten Probleme, aber ich verstehe mich oft auch als Anwalt oder Fürsprecher. Es ist ähnlich, wie Kritik an der Regierung: Wir können unser Land lieben aber trotzdem kritisch sein.
Bender: Lass uns über das Thema „Scheitern“ reden. Du lebst in Amerika, einem Land, in dem „Fehler“ ein üblicher Bestandteil des Innovationsprozesses sind. Bist du selbst jemals an einer Aufgabe gescheitert?
Hanselman: Na sicher! Wir glauben an das Motto „scheitere schnell, scheitere oft“. Wir denken, dass jemand mit mehr Erfahrung nur jemand ist, der viel häufiger Fehler gemacht und daraus seine Schlüsse gezogen hat. Scheitern ist dort, wo das Lernen beginnt.„Scheitern ist dort, wo das Lernen beginnt.“
Bender: Wie scheitern Projekte und was sollte man mit diesem Scheitern tun?
Hanselman: Termine verschieben sich, Zeitpläne ändern sich, Architekturentscheidungen werden rückgängig gemacht … Es ist nur dann ein Misserfolg, wenn niemals ausgeliefert wird.
Bender: Was ist deiner Meinung nach der wichtigste Softskill eines Entwicklers in der Zukunft?
Hanselman: Technologie erklären zu können, ist der Schlüssel für erfolgreiche Entwickler von morgen. Das ist so wichtig! Du kannst ein Genie sein und Unmögliches vollbringen, aber wenn du nicht erklären kannst, was du tust, wofür ist es dann gut?
Bender: Wenn du dir die „alte“ Generation von Entwicklern ansiehst und sie mit der „neuen“ vergleichst: Wo siehst du Unterschiede?
Hanselman: Jungen Entwicklern fehlt oft das Hintergrundwissen, wie wir hier gelandet sind wo wir jetzt sind, warum sich unsere Software so und nicht anders entwickelt hat. Junge sollten unsere Geschichte studieren, das ist wichtig! Alte Entwickler wiederum sollten ihren jungen Kollegen besser und öfter zuhören, um von ihren frischen Ideen und neuen Perspektiven zu profitieren.
Bender: Bei dir haben wir den Eindruck, dass du ein Techy-Guy bis auf die Knochen bist. Nimmst du dir auch Zeit für deine Familie?
Hanselman: Ja, denn ich plane gut und halte mich strickt daran! Während ich diese Fragen hier beantworte, sitze ich beispielsweise gerade neben dem Pool, in dem meine Kinder herumtoben. Ausgewogenheit und zweckmäßiges Multitasking.
Die Developer-Week findet vom 20. bis 23. Juni 2016 im NCC in Nürnberg statt und hat Scott Hanselmann neben 150 anderen Referenten zu Gast. Das gesamte Programm sowie aktuelle Informationen findet ihr online.
Über Scott Hanselman
Scott ist einer der bekanntesten Webentwickler unserer Zeit. Der prominente US-Amerikaner hat eine Reihe von Büchern geschrieben und Workshops und Vorträge vor fast einer halben Million Entwicklern auf der ganzen Welt gehalten. Seit mehr als zehn Jahren betreibt er seinen Blog und hat drei Podcasts über Tech-Talk, das Leben von Entwicklern sowie Popkultur und Medien. Scott arbeitet in Open Source auf ASP.NET und der Azure-Cloud für Microsoft aus seinem Büro in Portland, Oregon/USA.
Über den Autoren
Florian Bender ist Projektleiter der Developer Week und Leiter Developer-Media bei der Neuen Mediengesellschaft Ulm in Köln. Darüber hinaus ist er Gastdozent an deutschen Wirtschaftshochschulen.
Sowohl JavaScript als auch PHP führen leicht aus einem Durcheinander von Logik und Daten. Würde lieber mit php xml Dateien erzeugen die dann interpretiert werden….
Hängt davon ab, wer vor dem Monitor sitzt, würde ich sagen. Chaos kann man in jeder Programmiersprache erzeugen. :)
Ansonsten würde ich eher JSON statt XML vorschlagen, da es sich einfacher und effizienter parsen lässt, insbesondere wenn man noch Webbrowser, Node und/oder NoSQL-Datenbanken mit im Einsatz hat.
ja gut JSON ist schlanker, aber wie sieht die Client Server Architektur für eine multilingiale Seite, aus wenn die Daten am Server sind und es Berechnungen benötigt? Selbes phtml für alle Sprachen und die Sprachelemente in json Datenbank?
Gibt es dazu WYSIWYG Unterstützung beim Bau dieser multilingualen UIs?
Du hast Web-Development verstanden! =D
„Glaubst du, dass Microsoft das Rennen gegen Node.js schon verloren hat?
Hanselman: Nein, ganz und gar nicht! Unser neues Framework ist schon sechs- bis achtmal schneller als Node und es wird mit jedem Tag schneller. “
Ja. Aber auch wenn es 20 mal so schnell ist, hab ich noch nie was davon gehört!