Sportscheck: Der Traditionshändler will zur digitalen Sport-Plattform werden
Das Münchner Traditionssportgeschäft Sportscheck hat sich in den letzten Jahren grundlegend gewandelt und den Sprung zum Multichannel-Anbieter vollzogen – trotz einiger Schmerzen bei der Neuerfindung. 13 Millionen Kunden besuchen jährlich die 20 Filialen und auch der Onlineshop zählt alleine 1 Million Clubkunden. Jetzt übernimmt das zum Otto-Konzern gehörende Unternehmen das Start-up Fitfox zu hundert Prozent. Unter dem Dach der Otto Group investiert Sportscheck bereits seit April 2017 in den Anbieter für vertragsfreie Trainings.
Ziel dieser Allianz ist es, einen digitalen Treffpunkt für das Erlebnis Sport zu erschaffen und die Marke Sportscheck zur Basis eines Ökosystems zu machen, das neben dem reinen Verkaufen von Sportartikeln auch Kurse sowie den Zugang zu Fitness-Centern anbietet. So soll ein, wie es neudeutsch heißt, 360-Grad-Angebot entstehen, das alle Facetten der sportlichen Betätigung umfasst. Der nächste Schritt dafür ist bereits getan: Zeitgleich zur Übernahme launchen Fitfox und Sportscheck eine Buchungsplattform für eigene Sport-Events und die von Drittanbietern.
Sportscheck setzt auf Events
Die Idee hinter Fitfox klingt zeitgemäß: Mehr als 70 Sportarten lassen sich ohne Vertragsbindung buchen. Im Fokus steht eine urbane Zielgruppe, die sich möglichst wenig binden möchte, spontan agiert und sich auch nicht nur auf eine bestimmte Sportart festzulegen gedenkt. Statt Sportverein also eher Sport to go. Die neue Eventplattform auf fitfox.de ist der nächste Schritt zum Ökosystem Sport. Ab jetzt können Kunden darüber an Sportscheck-Veranstaltungen, aber auch an den Events externer Anbieter teilnehmen.
„Über die Integration von eigenen Sportevents wie Sunrise Yoga, Afterworkout, Lauftreff und dem Sportscheck Run hinaus wird sich Sportscheck als größte Sportplattform Deutschlands vermehrt externen Partnern öffnen. Das Ziel ist es, als Ökosystem für das Erlebnis Sport unserer Kundengruppe ein 360-Grad-Angebot zu bieten,“ sagt Sportscheck-Geschäftsführer Jan Kegelberg. Um die Idee des Ökosystems Sport für Kunden attraktiver zu gestalten, ist das mittelfristige Ziel von Sportscheck, einen Premium-Club zu entwickeln. Als Mitglied profitieren Kunden von individuellen Angeboten und zahlreichen Vorteilen wie Rabatten, limitierten Fashion Editionen oder Same-Day-Delivery. Den Club gibt es bereits als klassisches Kundenbindungsinstrument für Sportscheck, allerdings nicht in diesem Funktionsumfang.
Für Sportscheck bleibt das Marktumfeld schwierig
Insgesamt weht Sportscheck, das übrigens bereits seit den frühen Neunzigern zur Otto-Gruppe gehört, in den letzten Jahren der Wind ins Gesicht: Das Traditionsgeschäft hat nach Streitigkeiten um den alten Standort vor einigen Jahren sein zu klein gewordenes Stammhaus gewechselt und ist jetzt in einer 1A-Lage präsent. Gleichzeitig kämpft das Unternehmen wie auch andere Anbieter der Sportartikelbranche mit der ungleichen Konkurrenz von Seiten der Hersteller wie Adidas. Diese werden durch eigene Vertriebskonzepte immer mehr zum Wettbewerber, der noch dazu bestimmte Sonderserien beispielsweise im Sneaker-Bereich gar nicht mehr in den bewährten Handel bringt, sondern lieber über die eigene Plattform promotet und an den Kunden bringt. Noch dazu machen Billiganbieter wie Decathlon, die online wie offline vorrangig das Economy-Segment ansprechen, Händlern wie Sportscheck mit Eigenmarken und extrem geringen Margen das Leben schwer.
Klar war somit, so ein Unternehmenssprecher, dass sich das Unternehmen neu erfinden und einen Plattform-Ansatz wählen muss. Neben dem bereits genannten Community-Approach setzt das Unternehmen daher auch auf ungewöhnliche Ansätze, etwa mit vermeintlichen Konkurrenten gemeinsam Ware anzubieten und Ware, die in der Filiale nicht vorrätig ist, dort per Tablet zu verkaufen.
Spannendes Detail am Rande: Sportscheck hat diesen Community-Ansatz, den man heute als Teil von Plattform-Strategien anführt, schon in den Sechzigerjahren betrieben, als es das Wort noch gar nicht gab: in Form von Sport-Events und der damals größten Skischule der Welt, die das Unternehmen führte – und in Form einer Kampagne, in der Tennis zum Volkssport gemacht werden sollte. Die Idee dahinter: Kunden, die regelmäßig die aktuelle Sportausrüstung kaufen, sollen so gleich das Skifahren und Tennisspielen lernen – und umgekehrt.