Wie Startups 1.200 Kaffee-Aromen digitalisieren wollen
Von Wolfgang Stieler
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Welche Komponente wie stark zum Tragen kommt, hängt vom Verhältnis der Komponenten zueinander ab, das sich während des Röstens ständig ändert – genau wie der Säure- und Wassergehalt der Bohnen. Früher verließen sich Röster daher weitgehend auf ihre Erfahrung und die Beobachtung des Kaffees. Heute wird Software eingesetzt, die die Zufuhr von Wärme steuert und Temperatur und Feuchtigkeit in der Trommel des Rösters misst. Wie das Endprodukt – gerösteter Kaffee – aber wirklich schmeckt, lässt sich bisher nur grob vorhersagen.
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Neuronales Netz sagt Kaffee-Geschmack voraus
Sorg und seine Kollegen haben nun aber ein Verfahren entwickelt, das dieses Problem lösen soll. Dazu rösten sie in einem kleinen Röster bis zu 150 Gramm Rohkaffee, den sie zu verschiedenen Zeiten entnehmen und analysieren. Aus der Zusammensetzung der Aromen zu einem bestimmten Zeitpunkt sagt ein neuronales Netz schließlich vorher, wie der Kaffee schmecken würde, wenn man ihn länger oder kürzer rösten, die Temperatur schneller oder langsamer hochfahren würde. Auf diese Weise wollen Sorg und Kollegen das Aroma des Kaffees „optimal entwickeln“.
Natürlich, räumt er ein, würden Spezialröstereien wie Backyard Coffee nur ein relativ kleines Marktsegment bedienen. „Aber oftmals sind wir so eine Art Experimental-Labor der Branche“, sagt Sorg. „Und wir bauen direkte Beziehungen zu den Farmern auf, zahlen faire Preise und garantieren Abnahmemengen, sodass die Farmer experimentieren können.“ Denn beinahe genauso wichtig wie der Anbau sei die nachfolgende Behandlung der Bohnen – die Bohnen vor dem Trocknen zu waschen beispielsweise könne die Qualität extrem verbessern, aber auch den Kaffee komplett verderben.
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Rohkaffee wird an den großen Börsen mit ungefähr 1,50 Euro pro Kilo gehandelt – „fair gehandelter“ Kaffee bringt vielleicht das Doppelte. Und das liegt nicht nur daran, dass die den Markt dominierenden fünf bis sechs größten Rohkaffeehändler „ihre Nachfragemacht ungeniert ausspielen“, wie das „kritische Kaffee-Portal Röster“ schreibt. Es hat auch damit zu tun, dass die Farmer über die Qualität ihrer Ware in der Regel nichts wissen. Aber das soll die Technologie von Demetria ändern.
Klimawandel und niedrige Preise sorgen für „Kaffeeflüchtlinge“
„Der Kaffeeanbau ist extrem fragmentiert“, sagt Felipe Ayerbe von Demetria. „Die durchschnittliche Farm hat nicht mehr als zwei Hektar Anbaufläche“. Weil die kleinen Kaffeebauern oftmals keinen Zugriff auf die teuren Experten hätten, müssten sie ihre Ware im Zweifelsfall unter Wert verkaufen – das sei „auf die Dauer nicht nachhaltig“. „Nicht nachhaltig“ ist vorsichtig ausgedrückt: Bereits 2018 stellte die katholische Hilfsorganisation Misereor fest, dass die Effekte des Klimawandels und die von den Großhändlern durchgedrückten niedrigen Preise für Rohkaffee zu einem regelrechten Exodus aus den traditionellen Anbaugebieten in Süd- und Mittelamerika führen würde und man schon von „Kaffeeflüchtlingen“ sprechen müsste.
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Mit den Sensoren, sagt Ayerbe, könne man „die Position der Farmer stärken“. Noch ist es allerdings nicht so weit. In einem ersten Schritt hat Demetria seine Sensoren zunächst für einen großen Kaffeeröster trainiert. Carcafe hat ein ausgeprägtes, „hochwertiges Cupping“-Profil identifiziert. Die Sensoren von Demetria sollen helfen, grüne Bohnen zu finden, die diesem Profil entsprechen. Im zweiten Schritt will Demetria aber auch die Farmer mit Sensoren ausstatten. Ein Sensor, schätzt er, werde 300 bis 400 US-Dollar kosten – die Auswertung der Daten pro Jahr noch einmal etwa genauso viel.
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