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Startups im Adtech-Markt – gründen gegen den Strom

Adtech-Startups sind bei Investoren längst nicht mehr in. Lohnt es sich also noch, in diesem Bereich zu gründen? Und wie findet man Investoren? Das erklärt Ilhan Zengin in seinem Gastbeitrag.

Von Ilhan Zengin
5 Min. Lesezeit
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(Foto: Shutterstock / SimonTheSorcerer)

Einen Risikoinvestor zu finden, ist für Startups meist schon schwer genug. Dass die gesamte Venture-Capitalist-Welt stark von Trends geprägt ist, erschwert den Prozess noch einmal zusätzlich. Investoren leiden unter der sogenannten „fear of missing out“, also der Angst, das „nächste große Ding“ und damit eine erfolgreiche Investition zu verpassen. Sie sind ausschließlich auf der Suche nach dem nächsten Einhorn. Die Adtech-Branche hat ebensolche Unicorns in den letzten Jahren nur bedingt hervorgebracht. Die Stars der Branche wie Appnexus, Sprinklr oder Inmobi wurden alle bereits zwischen 2007 und 2009 gegründet, ähnlich erfolgreiche junge Unternehmen sind aktuell kaum in Sicht. Aus VC-Sicht bedeutet das so viel wie: Im Bereich der Werbetechnologie ist die Zeit der ganz großen Exits wohl vorbei.

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Damit hat die Adtech-Branche im Laufe der letzten Jahre für VC stark an Attraktivität verloren. Trotzdem gibt es nach wie vor Neugründungen, in Deutschland und international (wenn auch insgesamt weniger als früher). Es stellt sich also für Neugründer die Frage, inwiefern sich Adtech heute noch lohnt und wie man Investoren in einem trendorientierten Markt dennoch für sich gewinnen kann.

Sind die goldenen Zeiten des Adtech vorbei?

Der Adtech-Markt verändert sich. Das zeigt sich unter anderem in einer deutlich wahrnehmbaren Marktkonsolidierung. Dass Marktübersichten wie die Lumascapes immer noch sehr divers und unübersichtlich anmuten – sprich: dass trotz Konsolidierung auch weiterhin zahlreich neue Anbieter auf den Markt drängen –, liegt vor allem daran, dass hier Trends besonders schnell kommen und gehen. Die vielen verschiedenen Adtech-Sparten, immer neue Entwicklungen und Möglichkeiten bei Technologien, Werbeformaten, Kanälen und Co. führen dazu, dass regelmäßig neue Startups ihr Glück versuchen. Häufig allerdings mit überschaubarem Erfolg – und mit weitaus weniger Funding als in der Vergangenheit. Zahlen von Pitchbook aus dem Jahr 2017 zeigen, dass es insbesondere seit 2015 international einen signifikanten Abfall beim in Werbetechnologieunternehmen investierten Risikokapital gab – waren es im Jahr 2015 noch mehr als 1,6 Milliarden US-Dollar, so lag die Gesamtsumme von Investments 2016 bei unter 800 Millionen Dollar. In der „goldenen“ Ära des Adtech, als unter anderem die eingangs erwähnten Unicorns entstanden, waren viele VC überzeugt, dass sich aus Werbetechnologie eine der nächsten, revolutionären Technologielösungen entwickeln würde. Ganz im Sinne der „fear of missing out“ wurde so eher zu schnell zu viel Kapital investiert. Viele Unternehmen wurden so auf Milliarden-Exits getrimmt, doch konnten sie die (überzogenen) Erwartungen letztendlich nicht erfüllen und sind nach und nach wieder vom Markt verschwunden.

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Das heißt allerdings nicht, dass der Adtech- und Media-Sektor grundsätzlich unattraktiv ist – ganz im Gegenteil: Er bietet vor allem auf Vermarkter-Seite Potenzial für hohe Margen. Mit der Einschränkung, dass das Geschäft nur selten jenseits der 500-Millionen-Dollar-Grenze skaliert – etwas, das Gründer und Investoren erst verstehen müssen und mussten.

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Einer der Gründe hierfür ist, dass ein nachhaltiges, weil wertschöpfendes Content- und Vermarktungsgeschäft häufig unterschätzt wird: Die Branche skaliert eben doch vorwiegend durch operative Vertriebsnetzwerke und nicht durch magische Algorithmen, die irgendwann für Unsummen an die Nasa lizensiert werden. Im Adtech- und Media-Umfeld können durchaus immer wieder profitable und gut prognostizierbare – also gesunde – Unternehmen entstehen.

Hinzu kommt, dass Adtech ein eher schwer vermittelbares B2B-Thema ist, das sich kaum in wenigen Worten erklären lässt und bei dem gerade Nicht-Branchenkenner schnell an ihre Grenzen stoßen.

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In der Summe hat sich so die Begeisterung der Adtech-Anfangsjahre gelegt, VC haben sich neuen Branchen und Themen zugewandt. Aktuell sind vor allem Fintech-Startups gern genommen – laut dem jüngsten Fintech-Report des Analyseunternehmens CB-Insights wurde im ersten Quartal 2018 weltweit mit 5,4 Milliarden Dollar so viel in Fintech-Unternehmen investiert wie nie zuvor. Auch Biotechnologie ist einer der großen Zukunftsmärkte und liegt klar im Trend. Laut Daten der Pitchbook Platform wurden 2017 global ganze 9,3 Milliarden Dollar in Biotech-Unternehmen investiert, auch dies ein absoluter Rekord. Die Hoffnungen, die in diese Branchen gesetzt werden, sind hoch. Der Traum jedes Investors: eine App, die das Banking-System revolutioniert. Oder, noch besser: die Entdeckung eines Krebs-Heilmittels. Die Hoffnung auf einen solchen Durchbruch führt dazu, dass in diese Branchen zumindest zurzeit viel Risikokapital gesteckt wird.

Adtech für Investoren attraktiv machen

Werbetechnologie ist und bleibt ein lohnendes, weil margenträchtiges Geschäft, wenn man sich von übersteigerten Erwartungen löst. Daher tun vor allem Adtech-Startups gut daran, so schnell wie möglich auf einen Außenumsatz jenseits der (vermeintlich) magischen Fünf-Millionen-Dollar-Marke zu skalieren und dabei gleichzeitig Ebit-positiv zu wirtschaften. Warum? Um zunächst einmal rein ökonomisch als lukrative und nachhaltige Unternehmung anerkannt zu werden. Klingt nicht unbedingt einfach? Ist es auch nicht. Gerade Adtech-Ventures mit wenig Funding und kurzer Lifeline stehen hier vor der (logischen) Herausforderung, dass sich Umsatz- und Nettoertragsziele in einem immanenten Zielkonflikt befinden, der erst einmal überwunden werden will – vor allem in den ersten zwei Jahren nach Gründung alles andere als eine Selbstverständlichkeit.

Nicht zuletzt aus diesem Grund erfreuen sich SaaS-Lösungen auch in der Adtech-VC-Szene wachsender Beliebtheit. Sie versprechen geradezu absurd hohe Margen jenseits der 80 Prozent und „endlosen“ Scale – funktionieren theoretisch also ganz im Sinne der Unicorn-Denkweise großer VC. Doch auch hier gilt: Nicht überall, wo SaaS draufsteht, steckt auch SaaS drin. Viele Startups optimieren ihre Story bewusst in Richtung Tech und Gross Margin, um für Investoren attraktiv zu bleiben. Häufig zu Unrecht – denn eine halbgare, aus der Not geborene Tech-Lösung ohne sauberes Vertriebsnetz, Marketing und realen Bedarf am Markt ist oft nicht halb so viel wert wie eine operativ gesunde, im Zielsegment etablierte Medialösung mit echtem Produktmehrwert.

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Adtech-Startups haben es heute definitiv schwerer als noch vor einigen Jahren. Sie sollten dabei jedoch nicht die Vorteile der jüngsten Entwicklung aus den Augen verlieren: Der erste große Hype ist vorbei, das Rad wird (wahrscheinlich) nicht mehr neu erfunden. Das bedeutet aber auch, dass es viele Unternehmen gibt, an denen sich Startups orientieren und, vor allem, aus deren Fehlern sie lernen können. Im Idealfall also ein geeignetes Spannungsfeld für gesundes Wachstum und akzentuierte Produkt(weiter)entwicklung. Der Teufel steckt hier einmal mehr im Detail.

Adtech – ja oder nein?

Ein klares Jein! Gründer sollten sich zunächst nicht abschrecken lassen. Adtech ist nach wie vor ein ertragreicher Markt und Neugründungen können noch immer erfolgreich sein. Trotzdem ist es definitiv schwerer geworden, in diesem Bereich zu gründen und Kapital einzuholen. Daher ist er vor allem für diejenigen Gründer spannend, die bereits Branchenerfahrung gesammelt haben, über ein gutes Netzwerk verfügen und die eine anfängliche Durststrecke in Kauf nehmen können. Sie müssen klar bereit sein, ihr Unternehmen von Beginn an auf gesunden Umsatz zu optimieren – bei gleichzeitiger Überzeugung, dass die Qualität einer Produktidee nicht zwingend von den Trends der VC-Welt bestimmt wird. Selbstbewusstsein ist hier ebenso wichtig wie etwa der Support durch ein gutes, aktives Business-Angel-Netzwerk aus Brancheninsidern.

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