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Was Startups bei der Wahl der Rechtsform beachten sollten

Welche Rechtsform passt zu meinem Startup? Das ist eine juristische Frage, die Gründer mit internationaler Ausrichtung aufgrund der Auswirkungen prüfen sollten. Was es zu beachten gilt, beantwortet unser Gastautor.

Von Peter Lasinger
4 Min. Lesezeit
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(Bild: Yulia Grigoryeva / Shutterstock)

Viele der Gründer haben entweder einen technischen oder wirtschaftlichen Hintergrund, verfügen aber oft über wenig juristische Erfahrung. Etliche wenden sich daher mit Fragen zur optimalen Gesellschaftsform an ihre Investoren. Erfahrungsgemäß ist es grundsätzlich ratsam, dass sich junge Unternehmer frühzeitig mit Themen wie der Rechtsform, Mitarbeiterbeteiligungen und steuerrechtlichen Fragen auseinandersetzen. Denn nach dem Gründungsbeschluss lässt sich vieles nicht mehr ohne weiteres ändern. Insbesondere die Gerichtsbarkeit ist nämlich dann wichtig, wenn Venture-Capital aus den USA oder Großbritannien gewonnen werden soll. Viele andere Themen, die Startups frühzeitig beschäftigen, wie zum Beispiel Praktiken in der Buchhaltung, Arbeits- oder Freelancer-Verträge oder sogar IP-Eigentum können auch noch später, etwa zum Zeitpunkt der Seed-Finanzierung, geklärt werden. Über folgende Aspekte sollten Gründer sich jedoch bereits vor der Gesellschaftsgründung Klarheit verschaffen:

1. Britische oder amerikanische Jurisdiktionen?

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Ein Fundraising in den USA und Großbritannien ist sicherlich einfacher, wenn das Unternehmen auch in diesen Ländern gegründet ist. Zwar sind US-amerikanische und britische Investoren zunehmend bereit, sich mit kontinentaleuropäischen Startups zu befassen, die in ihren Augen noch vor wenigen Jahren als exotisch galten. Jedoch berichten viele VC-Fonds, insbesondere solche, die sich auf Early-Stage-Investments konzentrieren, dass sie ihr Portfolio stark auf Startups aus ihre Heimat-Jurisdiktion beschränken. Die britische oder amerikanische Gerichtsbarkeit kann nicht in jeder Hinsicht gegenüber der kontinentaleuropäischen, bekannt auch als Civil-Law-Länder, als überlegen bezeichnet werden. So hängt die Frage, ob das britische beziehungsweise amerikanische System der Unternehmensführung vorteilhafter ist – abgesehen von nicht-juristischen Erwägungen –, letztendlich davon ab, welches Rolle man in dem Unternehmenskontext einnimmt.

Ohne zu sehr ins Detail zu gehen: Die meisten Ökonomen und Anwälte argumentieren, dass Großbritannien und die USA aktionärszentrierter sind. Das heißt, sie schützen die Anleger besser vor einem schlechtem Management. (Jedoch sagen einige führende Wissenschaftler das genaue Gegenteil. Es zeigt sich also, dass es sich auch um eine kontroverse akademische Debatte handelt.)

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2. Was muss beim Aufsetzen von Mitarbeiteranreizen beachtet werden?

Viele Gründer glauben, dass es nur in einer britischen oder US-amerikanischen Gesellschaft Mittel gibt, um Mitarbeiter etwa durch einen Esop (Employee-Stock-Ownership-Plan) zu motivieren und zu binden. Allerdings gibt es auch Grauzonen. Zum einen sind ein US-amerikanisches und ein „klassisches“ kontinentaleuropäisches Unternehmen sehr unterschiedlich. In einer deutschen GmbH oder dem südosteuropäischen Äquivalent d.o.o. wäre es unmöglich, dass jemand ohne eine tatsächliche Kapitalbeteiligung Gesellschafter wird, zum Beispiel wenn sie oder er nur für das Unternehmen arbeiten.

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Die gute Nachricht ist, es können Verträge gestaltet werden, die jungen Unternehmern ermöglichen, diese Einschränkung zu überwinden: So kann eine Beteiligung der Mitarbeiter an beispielsweise Dividendenzahlungen oder dem Verkauf des Unternehmens vorgesehen werden, die ähnlich zur echten Aktionärsbeteiligung ist. Allerdings erhalten Mitarbeiter durch diese sogenannten Phantom-Shares keine gleichwertige Stellung zu der eines Aktionärs. Der zweite Punkt wiegt deutlich schwerer und betrifft das Thema Steuern. Wenn das Unternehmen letztendlich verkauft wird, werden die Auszahlungen, die die Mitarbeiter erhalten, als Gehalt klassifiziert. Negativ wirkt sich aus, dass die meisten Länder die Löhne von Arbeitnehmern (auch aus Erfolgsbeteiligungen) mit einem progressiven, und effektiv viel höheren Satz als Kapitalgewinne besteuern.

3. Sind die USA wirklich ein Steuerparadies?

Natürlich gibt es auch Nachteile bei US-amerikanischen und britischen Holdingstrukturen. Ist eine reine Holdingstruktur etwa faktisch eine leere Hülle ohne operative Verbindung zu den USA oder Großbritannien, sind die damit verbundenen Risiken nicht ganz unbedeutend. Ein Aspekt ist zu beachten, nämlich die Steuerdoktrin der wirtschaftlichen Betrachtungsweise (auf englisch: Substance over Form). Dahinter verbirgt sich folgendes: Wenn ein Unternehmen von einem anderen Ort geführt wird, es kein mit Personal ausgestattetes Büro und kein Geschäft vor Ort gibt, wird die US-amerikanische oder britische Niederlassung steuerlich völlig unberücksichtigt bleiben. Dies betrifft Geschäftsverträge sowie Arbeits- und Freelancerverträge, aber auch Aktionäre. Solange ein Unternehmen noch kein Geld verdient und niemand seine Aktien mit Gewinn verkauft, werden die Auswirkungen begrenzt sein. Aber wenn sich ein Startup gut entwickelt und das Finanzamt Interesse an den Steuereinnahmen zeigt, dann kann eine reine Holdingkonstruktion in den USA oder Großbritannien zu einer komplizierten Angelegenheit werden, mit der sich ein Gründer eingehend befassen sollte.

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Auf der anderen Seite könnte die jeweilige Heimatgerichtsbarkeit bei der Gründung oft die naheliegende Alternative zur Wahl der USA sein, da sie steuerlich gesehen deutlich attraktiver sein kann. Viele vor allem osteuropäische Länder haben sich in den letzten Jahren enthusiastisch dem Wettlauf um niedrigere Körperschafts- und Kapitalertragssteuern angeschlossen. Hingegen sind die USA kein Steuerparadies, insbesondere, wenn man die Steuern auf Bundes- und Landesebene zusammen betrachtet. Vor diesem Hintergrund sollte kein Gründer die Herausforderungen unterschätzen, sich nach einer Registrierung in der Reichweite der US-Steuerbehörde IRS befinden.

Fazit

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass die Errichtung einer reinen US-Holding etwa für den Verkauf einer Self-Service-SaaS-Software an US-Kunden nicht sinnvoll wäre. Alle notwendigen rechtlichen Parameter werden aber etwa erfüllt, wenn eine lokal verankerte Vertriebseinheit mit echten Außendienstmitarbeitern vor Ort besteht. Davon profitiert nicht nur der Direktvertrieb, sondern es besteht auch kein steuerliches Risiko.

Um abschließend noch einmal auf das Fundraising zurückzukommen: Viele US-amerikanische und britische Investoren beschränken ihre Investitionen auf Unternehmen, die in ihrem jeweiligen Heimatland ansässig sind. Neben der oft hilfreichen geographischen Nähe zu den Unternehmungen ist auch die bessere Kenntnis der Heimatgerichtsbarkeit ein wesentliches Argument für Investmententscheidungen. Eine Kombination der Zusammenarbeit von Investoren vor Ort mit internationalen Investoren kann auch in diesem Kontext sinnvoll sein.

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Titus von Unhold

„Wenn ein Unternehmen von einem anderen Ort geführt wird, es kein mit Personal ausgestattetes Büro und kein Geschäft vor Ort gibt, wird die US-amerikanische oder britische Niederlassung steuerlich völlig unberücksichtigt bleiben.“

Weswegen bei vielen dieser Hüllen Quartals- und Vorstandssitzungen überwiegend auf den Kaymaninseln stattfinden und eine Halbtagskraft dort Briefpost entgegennimmt, bearbeitet und weiter leitet.

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