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Kolumne

Stellenanzeigen-Buzzwords: Schluss mit „belastbar“ und „teamfähig“!

Die idealen Angestellten beugen sich in ihrer Sprache den schillernden Schlagwörtern der Arbeitswelt. Dabei ist das weder notwendig noch klug.

4 Min.
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(Foto: Shutterstock-ShotPrime Studio)

Die idealen Erwerbstätigen sind alle gleich: belastbar, teamfähig, flexibel, begeisterungsfähig und natürlich ergebnisorientiert. Ergebnisorientiert muss man echt mal zu Ende denken. Mein persönliches Highlight ist allerdings die „natürliche Autorität“, die ich einst in einem Bewerbungsschreiben entdeckte. Klingt ausgedacht, war es auch, nur halt nicht von mir.

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Angeblich sind es die Bewerberinnen und Bewerber, die Personalabteilung mit den ewig gleichen Floskeln quälen. Und dann ist das Problem irgendwie lustig, denn wir alle wissen: Hinter den schüchtern-hölzernen Anschreiben stecken fantastische Coder:innen, kreative Genies, ganz viel Potenzial und natürlich die tollsten Menschen. Kein Zweifel an dieser Stelle.

Doch all diese Leute haben in ihrem Bewerbungstraining nicht etwa gelernt, Plattitüden zu verstreuen wie Ameisengift im Hochsommer. Sie haben gelernt: Bezieht euch auf das, was in der Stellenanzeige steht. Und schauen wir uns die Stellenanzeigen an, dann werden da kreativ-folgsame intrinsisch motivierte Selbstverbrenner gesucht.

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Sprache bei Stellenanzeigen ausschlaggebend

Wer bessere Bewerbungen will, der sollte bessere Stellenanzeigen formulieren. Und sich einmal ernsthaft mit der Frage auseinandersetzen, wie wichtig – und wie aussagekräftig – die klassischen Buzzwörter eigentlich sind.

Der giftigste Teil des Phänomens sind die Machtverhältnisse, die diese Begriffe spiegeln. „Teamfähig, belastbar und flexibel“ ist das neue „Kinder soll man sehen und nicht hören“. Die Prädikate der Leistungsgesellschaft ignorieren, dass ziemlich viele Menschen ziemlich gut sind in dem, was sie tun, ohne dass sie Punkte auf einer Checkliste erfüllen. Schauen wir uns einige der Begriffe doch einmal an:

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Teamfähig

Teamfähig müssen heutzutage absolut alle sein. „Nicht teamfähig“ zählt dagegen zu den wirklich schlimmen Dingen, die man über eine Person sagen kann, nachdem diese ein Unternehmen verlassen hat. Gemeint ist dann meistens: hatte eine eigene Meinung, vertrat abweichende Überzeugungen, hat sich der Masse nicht untergeordnet.

Und während sicherlich alle, die mit anderen Menschen zusammenarbeiten, grundsätzlich in der Lage sein sollten, einen Konsens zu finden, Kompromisse einzugehen oder Rücksicht zu nehmen, führt uns der Begriff der Teamfähigkeit in die Irre. Fast die Hälfte der Menschen zählt zum vergleichsweise introvertierten Spektrum. Viele von ihnen hätten, sobald sie aufhören, sich selbst zu belügen, überhaupt keinen Bock auf Teams. Sie wollen ihre Arbeit machen. Eigentlich nichts dran auszusetzen – damit umzugehen ist Führungssache. Die IT macht’s vor, das kann hervorragend gelingen.

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Belastbar

Belastbarkeit ist der vielleicht giftigste Begriff von allen. Wer ihn in eine Stellenausschreibung schreibt, der hält die Peitsche hoch. Und während das in Küchen vielleicht sinnvoll sein mag, wüsste ich sehr gern, wieso man in Finanzbuchhaltungen oder Tischlereien unbedingt belastbar sein muss.

Ich denke nicht, dass jemand Finanzbuchhalter:in wird, um ein belastetes Arbeitsleben zu führen. Oder Reinigungskräfte. Was genau ist eigentlich in einer Firma los, in der die Reinigungskräfte belastbar sein müssen?

Flexibel

Flexibilität ist in der Vuca-Welt von volatility, uncertainty, complexity und ambiguity natürlich besonders wichtig. Vor allem dann, wenn Unternehmen so mies planen, dass sie selbst Vuca sind und ihre Angestellten die Probleme dann ausbaden müssen. Wieder mal einem zu großen Projekt zu wenig Leute zugewiesen, wieder mal die Urlaubszeit nicht gut geplant, wieder mal die Erkältungssaison nicht berücksichtigt, alles dumm gelaufen, her mit den flexiblen Arbeitskräften, bückt euch.

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Ergebnisorientiert

Ergebnisorientierung ist ein Begriff, den wir momentan in vielen Stellenanzeigen finden. Finde ich spannend. Denn Ergebnisorientierung lässt sich entspannt übersetzen mit: Hauptsache, der Job ist getan. Und das ist Denken von vorgestern. Gerade jetzt ist die Zeit, in der Prozesse hinterfragt werden. Eine ganze Menge Leute arbeiten daran, Arbeit besser zu machen.

Arbeit wird nicht besser, wenn wir nur ergebnisorientiert denken. Die Ergebnisse werden davon übrigens auch nicht besser. Für Mitarbeitende einer Wäscherei mag das sinnvoll sein. Aber vor all den Jurist:innen, die nur ergebnisorientiert vorgehen, habe ich ein bisschen Angst.

Die perfekten Angestellten sind perfekt

Natürlich sind diese Merkmale alle irgendwie wichtig. Und idealerweise bringen Bewerber:innen diese Fähigkeiten mit und sind gut in Mathe.

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Bis vor ungefähr drei Jahren beklagte man noch, die jungen Leute seien alle nicht ausbildungsfähig, wenn es irgendwo an sozialen Kompetenzen mangelte, das Englisch nicht verhandlungssicher war oder das Abi-Zeugnis als Einzelseiten-PDFs geschickt wurde.

Heute fehlen uns dermaßen die Fachkräfte, dass Unternehmen zunehmend bereit sein müssen, ihre Auszubildenden selbst auszubilden. Und sie müssen aushalten, dass einige Menschen richtig gut in ihren Jobs sind, ohne die klassischen Qualitätsmerkmale zu erfüllen.

Machtverhältnisse, die Flexibilität, Teamfähigkeit oder Belastbarkeit verlangen, bewirken nur, dass Bewerbende sich selbst belügen, um sich einem System unterzuordnen, in dem sie schlicht nicht performen können. Ein Hoch auf Leistungsträgerinnen und Leistungsträger. Aber auch: ein Hoch auf Führungskräfte, die auch ruhigere Typen Leistung bringen lassen.

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So. Und wenn ihr euch gerade langweilt, dann gebt die Begriffe doch einfach mal bei einer Job-Suchmaschine ein. Da müssen Menschen, die Stromzähler ablesen, teamfähig sein, das Controlling flexibel und Elektroingenieur:innen belastbar.

Bzzzzt. Licht aus.

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bernd

Ich muss sie sagen, dass mir dieser Artikel aus tiefstem Herzen spricht!

Mir könnte Kotz und Galle hochkommen wenn ich sowohl in Stellenanzeigen als auch auf Webseiten udn Selbstpräsentationen von Unternehmen diese ekelhaft shceinheiligen, nichtssagenden Begriffe und Floskeln höre, womöglich nopch gepaart mit irgendwelchem englischen Neusprech, der in den letzten paar Jahren erfunden wurde.
Beispiel Influencer:
Jeder, der das nicht kennt, meint das wäre irgendwie ein superschlauer supergeiler Megapromi oder sosntwas.
Wobei keienr genau weiß was dieser „Beruf“ eigentlich ist.
Denn faktisch heißt das meist nur:
Typ ohne Arbeitsplatz, womöglich auch ohne Ausbildung,Studium oder (gescheiten aka >Realschule) Schulabschluss.
Der sich bei den dämlichsten Sachen filmt und wo ich und Viele Andere, wenn sich sie nicht scheinheilige Fangirls wären, siuch nur fragen würden: „Warum zur Hölle gucken sich Leute sowas an?“
Und „Warum bezahlt Jemand diese Leute auch noch für sowas?“

Ich meine, wenn nur der Kanal shcon groß genug ist, könnte sich sprichwörtlich jemand beim Schei…. live-streamen und er wäre der gefeierste „Inlfuencer“ im Land.

Solche eigentlich hirn und sinnlosen englischen Fantasiebegriffe meine ich.

Oder was, was mich auch zutiefst anpisste:
Als mir an der Uni, die wohlgemerkt Naturwissenschaftlich orientiert ist (und keine Märchen über fliegende Würste erfindet oder sowas, sondern gescheite Naturwissenschaften die was mit Realität zu tun haben),
mir so eine Wäre-gern-Sozialpädagoge-geworden-aber-landete-in-der-Uni Tante ernsthaft mitteilte im Rahmen der Vorlesung dass „Netzwerken“ (oder im englischen Dünnschisssprech „Networken“)
DIE erforderliche Kompetenz unserer Zeit ist.

Nicht mehr Fachkönnen ist wichtig, kein Handwerkskönnen oder Wissen oder wissenschaftliche Methoden, nein, NETZWERKEN soll der neue Shit sein der Alles bestimmt.

Kurzum, wer was werden will, muss in der Lage sein, sinnlosen Smalltalk mit „Fachkollegen von Übersee“ halten zu können während man sich einen Kaffe oder Sektchen nach dem Anderen hinter die Binde kippt.

Gott, so ein Dünnschiss pisst mich an, ich hätte der Frau eine drauf geben können für solche eine Beleidigung gegen den verstand jedes Vernunft Begabten Wesens!

ich bin solchen Quatsch auf solch einem Level gewohnt von Affiliate Scammern und Multilevelbullshittern, denen man Geld für deren „Produkte“ in den Rachen wirft, das hinterher nicht funktioniert und weder Geld noch Kunden kommen wie versprochen und -natürlich- man dran shculd ist weil das „MINDSET“ nicht passte („Mit so einem Mindset schafft du das nie“).
Nur gut dass es gleich den Millionaire Mindst Superkurs für keine 5 Trilliarden, auch keine 2 Trilliarden, sondern nur 799,99 für die nächsten 2 Stunden gibt! zahlbar auch in 3 Raten über Digistore.

Tja, Jedenfalls erwarte ich solchen Dünnschiss nicht an einer Uni, auch wenn dort aufgrund krankhaft linker Zwangsstörungen oft realitätsnahes Denken meist Fehlanzeige ist.

Ist wie wenn man sagt Bäcker, Stühlebauer und Co. brauchen weder Material, Werkstatt,,. Werkzeug oder WIssen, sie müssen nur gut Leuten Kram andrehen und sie über den Tishc ziehen können. („Promoter“ nennt sich sowas doch heutzutage, oder? Noch so ein neuer englischer Begriff um den hundertsten Dreck zu betiteln)

Weltfremd, sowas.

Um nach viel Rant wieer zum Thema zurückzukommen:
So kommen mir viele Firmen vor.
Der Bewerber soll voll die Alleinstellungsmerkmale haben, es gibt Guides zu klaufen wie breit welche Linie auf dem Anshcreiben sein Müll um nicht direkt im Mülleimer des Bewerbungsprüfers zu landen.

Und faktisch sind die Unternehmen selbst so flach wie langweilig.
Wirklich JEDES hat natürlich die „Technologie der Zukunft“, ist womöglich ein „zukunftsorientiertes Startup“ mit „Blabla von Morgen.
Tolle Teamkollegen, mit denen man angelbich voll zusammenschafft und anpackt, mit oll Unterstützung und zig Vorteilen und Angeboten gibt es natürlich auch.
Noch irgendwas über „Silicon Valley“ rreinklatschen kann auch nix schaden, auch wennm kein Menshc so recht weiß was dort überhaupt so Tolles sein soll. Ist wohl sowas wie Atlantis oder El Dorado.

Natürlich kann man (offiziell!) sich auf Alles und jeden EInstellen; Vollzeit, Teizeit, Schicht, Keinzeit, Nahctzeit, „Alles Kann nichts Muss“ wie es die Nu… Prostetuierte vom Eck ausdrücken würde.

Und am Ende vom lied hat man weder einen Plan was die Firma eigentlich tut, ausser hübsche toll klingende, womöglich englisch stylische, Wörter in einem Text unterzubringen, der rein gar nicht aussagt.

Und ist man dann mal drin, ist es ein 0815 Job wie überall sonst auch.
Wo da wohl das Hippe und Freche und Jugendliche aus dem so toll vorformulierten Blabla-Werbetext geblieben ist?

Ich würde mir, und das können auch die Herren professoren vom Elfenbeintuerm an der Uni zu herzen nehmen die sich Alles shcön rechnen und erklären (hust beleidigend niedrige HArtz4 Sätze-Berehcnung hust), realitätsnahe ehrliche Meinungen wünschen.

Fragt man so manche, sagen mal eher „simple“, ausländische Putzfrau (sorry, hier nennt man sowas „Polin“, im positiven Sinne, auch wenn sich KrampfGegenRechtsFanatiker dran aufgeilen werden), dann kann die sichb tausendmal „authentischer und faktenbasierter präsentieren als vielen Firmen:
„Ich putzen 3 Mal Woche, Klo, Dusche, Bad, Boden, Fenster. 70 Euro die Stunde. Wenn nicht gut, ich komme einak wieder zu Richtig machen“

Und keine tollen „Netzwerken“ oder „Communication“ „Soft Skills“ (Gott, könnte ich kotzen wenn ich diese erfundenen Modebegriffe mit null substanz dahinter schön höre…) oder Ähnliches.
Putzfrau muss gut putzen können und das möglichst kostengünstig.
Da juckt weder der Schulabschluss noch irgendwelche schicken englischen Fantasiebegriffe um über fehlende reale Fähigkeiten hinweg zu bullshitten.

Wer nix kann, wird Influencer, hab ich mal gehört.

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Cool. Ein gesunder Geist.

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