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„Es ist fast ein Wunder, dass überhaupt jemand Slack nutzt!“ – Slack-Gründer Stewart Butterfield im Interview

Nachdem er Flickr erfolgreich verkauft hat, will er jetzt seinen nächsten Dienst groß machen. Wir haben Slack-Gründer Stewart Butterfield zum Interview in München getroffen.

Von Jörgen Camrath
16 Min. Lesezeit
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Slack-Gründer Stewart Butterfield. (Foto: Jörgen Camrath)

Stewart Butterfield hat es schon wieder getan. Mit seinen 41 Jahren hat der Kanadier sein zweites Erfolgsprodukt vorgestellt – wieder ganz aus Versehen. Nachdem er 2004 den Fotodienst Flickr mitgegründet und 2005 an Yahoo verkauft hatte, steht er jetzt an der Spitze von Slack Technologies. Das Unternehmen will nicht mehr und nicht weniger als die Art und Weise revolutionieren, in der wir bei der Arbeit kommunizieren.

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Slack und Flickr waren ursprünglich kleinere Projekte bei Firmen, in denen Butterfield gemeinsam mit seinen Kollegen Online-Spiele entwickeln wollte. Während er damit jedoch nur wenig erfolgreich war (ein Spiel schaffte es gar nicht, das andere musste schließlich eingestellt werden), hatte der Gründer mehr Glück auf den Nebenschauplätzen. Nach Flickr, das am Ende für über 20 Millionen US-Dollar an Yahoo ging, verkauft er jetzt mit Slack eine Kommunikations-App an Kunden wie Adobe, PayPal, Buzzfeed, Airbnb oder die New York Times.

Wir haben Slack-Gründer Stewart Butterfield zum Interview in München getroffen. (Foto: Jörgen Camrath)

Wir haben Slack-Gründer Stewart Butterfield zum Interview in München getroffen. (Foto: Jörgen Camrath)

Slack wächst mit einer beeindruckenden Geschwindigkeit. 45.000 Teams mit 365.000 täglich aktiven Nutzern zahlen, um den Dienst nutzen zu können. Und obwohl es noch nicht mal zwei Jahre alt ist, wird das Unternehmen schon jetzt mit mehr als einer Milliarde US-Dollar bewertet.

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Auf der DLD in München haben wir uns mit Butterfield über diese Zahlen unterhalten und auch über die Bedeutung von Entwicklern, ein Büro in Europa und die Möglichkeit eines Börsengangs gesprochen.

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Slack-Gründer Stewart Butterfield im Interview: „Facebook ist eine schwierige Marke für ein Produkt am Arbeitsplatz“

Slack wurde in erster Linie für Unternehmen konzipiert und bietet neben  Messaging im Skype-Stil auch noch einige zusätzliche Features.

Slack wurde in erster Linie für Unternehmen konzipiert und bietet neben Messaging im Skype-Stil auch noch einige zusätzliche Features.

t3n.de: Einige Journalisten haben geschrieben, dass Slack die E-Mail „tötet“. Stimmst du zu?

Stewart Butterfield: Ich glaube, dass es wegen Slack und vergleichbarer Anwendungen in den kommenden fünf Jahren innerhalb von Organisationen zu einem massiven Einbruch bei der Verwendung von E-Mails kommen wird. Die Vorteile eines zentralen Werkzeugs zur internen Kommunikation sind derart groß, dass die meisten Firmen in den kommenden zehn Jahren – und vielleicht sogar schneller – dem primären Einsatz von E-Mails den Rücken kehren und sich der Nutzung eines einzigen Systems zuwenden werden. Wenn wir unsere Kunden heute fragen, was sie vor Slack verwendet haben, werden die meisten mit „nichts“ antworten. Natürlich stimmt das nicht. Darum muss man ihnen detailliertere Fragen stellen: „Wenn Sie spät zu einem Meeting kommen und jemandem Bescheid geben wollen, damit er Sie entschuldigt – wie würden sie das tun?“ Dann werden sie antworten: „Oh. Per SMS. Oder Hangout. Oder Skype-Chat.“

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Es gibt also Methoden. Aber die sind in fast jeder Organisation sehr heterogen. Einige Gruppen setzen auf diese Lösung, andere auf eine andere. Im Gegensatz dazu laufen bei einem Team oder einem Unternehmen, das komplett auf Slack setzt, alle Informationen an einem Punkt zusammen. Sowohl die Nachrichten zwischen Personen – aber auch die Mitteilungen von Computern an Menschen. In unserem Fall laufen zum Beispiel täglich zehntausende Nachrichten ein. Wann immer sich jemand neu für Slack anmeldet, immer wenn wir einen neuen Fehler finden, immer wenn neuer Code eingearbeitet wird, immer wenn ein Tweet an uns gerichtet ist, immer wenn ein Kunde ein Ticket öffnet, immer wenn es Probleme mit einer Datenbank gibt … Wir nutzen 30 unterschiedliche Dienste, die alle in Slack integriert wurden. Mittlerweile gibt es beinahe 100 solcher Angebote.

Die genannten Vorteile sind so groß, dass es schwierig ist sie zu ignorieren. Andererseits ist die E-Mail der kleinste gemeinsame Nenner dieser Kommunikationsform. Das soll jetzt gar keine Kritik an der E-Mail sein. Immerhin überbrückt sie organisatorische Grenzen. Sie war nötig, damit wir dieses Interview verabreden konnten. Und sie wird auch in fünf Jahren noch eingesetzt werden, um Termine zwischen Personen wie uns zu koordinieren.

t3n.de: Jetzt ist Slack ja längst nicht das erste Programm zur Zusammenarbeit am Arbeitsplatz. Und es wird auch sicher nicht das letzte sein. Trotzdem ist es im vergangenen Jahr rapide gewachsen. Was ist der Grund für diesen Erfolg?

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„Ich habe so viel Angst vor Facebook wie Snapchat hätte, wenn SAP mit einer Messaging-App auf den Markt kommt.“

Butterfield: Um ehrlich zu sein: Ich weiß es nicht. Mein PR-Team mag es gar nicht, wenn ich das sage. Aber es gibt natürlich eine Menge Faktoren. Ich glaube, dass wir einen guten Job gemacht haben. Viele Designfragen wurden richtig beantwortet. Dinge dieser Art. Außerdem war das Umfeld passend. Es ist die richtige Zeit dafür.

Durch Facebook haben Millionen Menschen gelernt, wie sie das Internet für soziale Interaktionen nutzen können. Für mich persönlich ist das etwas ganz Alltägliches. Meinen ersten Unix-Account hatte ich schon 1992 – also vor 22 Jahren. Ich habe das Internet die ganze Zeit über genutzt. Doch für viele andere war es lange eine große Unbekannte. Es wurde – wenn überhaupt – zum Abrufen von Aktienkursen, Sportergebnissen, Nachrichten und vielleicht ein paar E-Mails eingesetzt. Heute nutzt fast jeder in den entwickelten Ländern irgendeine Art von Messaging-App, ganz egal ob SMS, iMessage, WhatsApp, Skype, Facebook-Messaging, Twitter-DM oder sonst eine der Milliarden von Möglichkeiten.

Die Möglichkeit, etwas wie Slack zu verwenden, ist daher neu. Ich will damit nicht sagen, dass die Menschen vorher zu dumm dafür waren. Es fehlte ihnen einfach der passende Kontext. Sie wussten nicht, warum sie eine Messaging-Lösung bei der Arbeit einsetzen sollten. Irgendwann haben sie es dann getan. Darum ist genau jetzt der richtige Zeitpunkt für uns. Hätten wir Slack vor fünf Jahren auf den Markt gebracht, wären wir sicher nicht so erfolgreich gewesen.

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t3n.de: Nun hat ja auch Facebook vor kurzem mit „Facebook for Work“ eine Lösung für den Arbeitsplatz vorgestellt. Schon mal reingeschaut?

Butterfield: Nein. Bislang ist es ja auch noch nicht für jeden verfügbar. Nur ausgewählte Unternehmen können es testen. Der Beschreibung nach hört es sich wie eine private Ausgabe von Facebook an. Es verfügt über die gleiche Funktionalität wie das Hauptprodukt – ist aber abgeschottet.

t3n.de: Also keine Angst davor?

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Butterfield: Nein. Es mag ja durchaus ein ordentliches Produkt sein. Aber ich frage mich, ob die grundlegenden Facebook-Funktionen tatsächlich ausreichen, um Menschen davon zu überzeugen, dass sie andere Kommunikationsformen komplett durch diese Lösung ersetzen oder zumindest mit anderen Informationsformen verbinden. Für Slack ist das quasi eine Voraussetzung. Vielleicht haben Sie das auch beim Einsatz von Slack im Redaktionsalltag gemerkt. Da heißt es alles oder nichts. Wenn es nicht durchstartet, wird es auch niemand nutzen. Wenn es nur eine weitere Lösung neben vielen anderen ist, gibt es einfach keinen Mehrwert. Das war auch meine Erfahrung mit Yammer. Immer mehr Produkte wurden hinzugefügt.

Was noch hinzukommt: Ich glaube, dass Facebook eine schwierige Marke für ein Produkt am Arbeitsplatz ist. Darum habe ich etwa so viel Angst vor Facebook wie Snapchat hätte, wenn SAP mit einer Messaging-App auf den Markt kommt. Es passt einfach nicht.

„Wir wollen diesen Wust nicht bei Slack haben“

UX-Design: Slack macht Ladezeiten dank kleiner Sprüche erträglicher. (Screenshot: Slack)

t3n.de: Zahlreiche Firmen setzen auf Slack. Wäre es da nicht überlegenswert, die zahlreichen Netzwerke miteinander zu verbinden?

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Butterfield: Darüber denken wir tatsächlich nach. Allerdings ist es nicht ganz einfach. Es hat schon Vorteile, wenn ich mein Smartphone in die Hand nehmen kann und das Slack-Icon darauf sehe und sofort weiß, dass darin all die Menschen sind, mit denen ich arbeite – aber es sind eben auch nur die Menschen, mit denen ich arbeite. Der kognitive Aufwand beim Trennen und Isolieren all dieser unterschiedlichen Signale in einem normalen Umfeld ist relativ hoch. Werfen wir zum Beispiel einen Blick auf den E-Mail-Eingang. Da laufen Nachrichten von Freunden, Familie, ehemaligen Kollegen, Mitarbeitern und unbekannten Menschen ein. Vermutlich bekommen Sie außerdem eine Menge Müll von PR-Menschen, es gibt Themenvorschläge – aber auch Witze früherer Klassenkameraden. Es ist eine verrückte Mischung. Hinzu kommt: 80 Prozent der Nachrichten stammen nicht mal von Menschen, sondern von Computern. „Jemand folgt Dir jetzt bei Twitter“, „Diese Schuhe sind im Sonderangebot“ … Ziemlich unordentlich alles.

Wir wollen diesen Wust nicht bei Slack haben. Das würde den Wert schmälern. Allerdings denken wir natürlich auch darüber nach. Wenn zum Beispiel bestimmte Organisationen sehr eng zusammenarbeiten, würde eine Verbindung mehrerer oder verschiedener Slack-Systeme durchaus Sinn ergeben. Aber dass irgendwann jeder eine öffentlich zugängliche Slack-Adresse hat, wie zum Beispiel das persönliche Skype-Handle? Das wird sicher nicht passieren. Andererseits: Wer weiß schon, was in fünf oder zehn Jahren passiert? Momentan jedoch haben wir keinerlei entsprechende Pläne. Es würde einen der größten Vorteile auslöschen, den die Teams heute haben, wenn sie auf Slack setzen.

t3n.de: Slack ist heute mehr als eine Milliarde US-Dollar wert. Im Vergleich zu Flickr, das Sie 2005 für gut 22 Millionen US-Dollar verkauft haben: Was ist schlimmer? Dass Sie damals zu früh und zu billig verkauft haben oder dass wir heute schon wieder diese unglaublich hohen Bewertungen von Startups sehen?

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„Ich glaube nicht an eine Blase in der Form, dass sie platzen könnte und alles weg ist.“

Butterfield: Ich weiß gar nicht, ob das eine oder andere tatsächlich schlimmer ist. Natürlich hätten wir viel mehr Geld gemacht, wenn wir auch nur sechs Monate mit dem Verkauf von Flickr gewartet hätten. Aber man vergisst leicht, in welchem Umfeld wir uns damals befunden haben. Flickr war der erste Dienst, der im Internet nach dem Crash erfolgreich war. Es gab eine große Lücke. Wir hatten den Dotcom-Crash, wir hatten Worldcom und Enron und all die Wirtschaftsprüfungsskandale. Und natürlich 9/11 – die Angriffe durch Terroristen. Lange Zeit herrschte ein großer Pessimismus. Investoren hatten kaum Interesse an Internetdiensten. Vor allem für Produkte, die an Endverbraucher adressiert waren, interessierten sie sich kaum. In dieser Zeit und in diesem Zusammenhang war Flickr darum ein unglaublicher Erfolg. Und es war eine sehr große Menge Geld.

Man hat uns damals einen Rat gegeben: Du verkaufst jetzt und es wird dein Leben verändern. Du wirst Geld haben, um Entscheidungen für die Zukunft treffen zu können. All das ist wahr. Darum bereue ich es nicht. Gleichzeitig sind die Bewertungen für Technologie-Firmen momentan sehr hoch. Ich glaube jedoch nicht an eine Blase in der Form, dass sie platzen könnte und alles weg ist. Allerdings werden wir die Auswirkungen von 2008 noch zu spüren bekommen. Man kann nicht überall negative Zinsen vergeben. Es ergibt keinen Sinn. Aber selbst im schlimmsten Fall – und damit meine ich jetzt nicht, dass ein Meteor die Erde trifft und alles Leben auslöscht, aber im schlimmsten Fall für uns – würde sich der Wert von Slack vielleicht um die Hälfte oder so reduzieren. Wir wachsen unglaublich schnell, und die Menschen bezahlen für unseren Dienst. Der Umsatz ist so schnell gestiegen wie unsere Ausgaben. Es ist ein gutes Geschäftsmodell.

t3n.de: Von der Idee bis zum Produkt: Wie lange dauert es, bis bei Slack eine neue Funktion implementiert wird?

Butterfield: Das ist sehr unterschiedlich. Im vergangenen Jahr hatte ich mir einen kleinen Wettbewerb für Slack ausgedacht. Wenn wir es bis zum 1. Mai auf 25.000 zahlende Kunden schaffen würden, sollte es einen großen Preis geben. Ich setzte mich also hin und schrieb einen langen Text, um alle zu motivieren und zu sagen, dass nicht nur PR zählt. Dass guter Kundendienst ebenso wichtig ist. Die Menschen wollen spüren, dass man sich um sie kümmert. Auch sollte die Seite schnell und reaktionsfähig sein. Wir dürften uns keine Fehler erlauben. Oder eine Seite, die nicht erreichbar ist. Wir müssten regelmäßig neue Funktionen vorstellen, damit die Kunden das Gefühl haben, dass wir ins Produkt investieren. Solche Sachen standen in dem Text.

Drei von vier Dingen, die ich vor einem Jahr in dem Memo als unsere höchsten Prioritäten und wichtigsten neuen Features aufgelistet habe, sind heute immer noch nicht fertig. Manchmal kann es also sehr lange dauern, und manchmal kann es sehr schnell gehen. Es hängt viel von der Komplexität ab. Und damit meine ich nicht die Oberflächenkomplexität des Features. Einige Dinge können wir komplett serverseitig implementieren. Aber bei manchen Sachen benötigt jeder Client gleichzeitig ein Update und es muss ausführlich getestet werden. Aktuell sind das für uns die Desktop-, Web-, Android- und iOS-Apps. Wenn wir dort etwas verändern, ist es unter Umständen viel komplizierter. Jedes Mal muss etwas designt, entwickelt und individuell getestet werden.

Steward Butter über Slack im Interview: „In zwei Jahren sind wir etwa acht- bis zwölfmal so groß wie heute“

Im Rahmen des Redesigns von Flickr spendiert Yahoo seinen Nutzern auch 1 Terabyte kostenlosen Speicher für Fotos. Filr ermöglicht die Nutzung dieses Speicherplatzes für Dateien jeglicher Art.

Den Dienst flickr hat Butterfield für 22 Millionen US-Dollar verkauft.

t3n.de: Zendesk, Twitter, Dropbox: Sie haben schon über Programme und Dienste von Drittanbietern gesprochen, die sich in Slack integrieren lassen. Was ist Ihre Strategie bezüglich der Entwickler?

Butterfield: Ich glaube, dass wir da bislang keinen wirklich guten Job gemacht haben. Vielleicht erinnern Sie sich an das Steve-Ballmer-Video, in dem er „Developers, Developers, Developers“ schreit? Ich glaube, dass wir uns in fast genau derselben Situation befinden. Wir haben immer dafür gesorgt, dass die Nutzer ihre Daten einfach aus Slack exportieren können. Große Wechselkosten entstehen nicht. Wenn jemand jedoch seine eigenen internen Dienste in Slack integrieren will, gibt es einen gewissen Aufwand. Genauso bei jeder Drittanbieterlösung.

Für uns haben diese Angebote zweierlei Nutzen: Einerseits erhöhen sie den Wert von Slack im alltäglichen Einsatz. Die Kunden mögen uns mehr und sind eher bereit, zu zahlen und uns weiterzuempfehlen. Andererseits stecken sie so auch viel Arbeit in Slack und sind anschließend weniger geneigt uns zu verlassen. Das gilt vor allem für Dinge, die bei den Unternehmen intern gebaut werden. Ich glaube, dass wir hier noch Nachholbedarf haben. Wir müssen den Einsatz unserer Programmierschnittstelle noch stärker bewerben.

t3n.de: Wo sehen Sie Slack in zwei Jahren – auch was die Bewertung angeht?

„Wir werden wohl noch in diesem Jahr ein Büro in Europa eröffnen.“

Butterfield: Das hängt stark davon ab, wie sich das Makroumfeld präsentiert. Wenn wir davon ausgehen, dass in zwei Jahren alles genauso wie heute ist – was ziemlich unwahrscheinlich ist – dann dürfte unsere Bewertung deutlich höher sein als heute. Wir werden den Umsatz, die Zahl der Unternehmen, die Slack nutzen, die Zahl der täglich aktiven Nutzer und alles andere auch in diesem Jahr mindestens einmal verdoppeln. Wahrscheinlicher ist jedoch zweimal, vielleicht auch etwas mehr. Im kommenden Jahr dürfte sich das Spiel wiederholen. In zwei Jahren sind wir dann also etwa acht- bis zwölfmal so groß wie heute. Ich glaube nicht, dass unsere Bewertung dann auch acht- bis zwölfmal so hoch sein wird wie heute. Aber vielleicht doppelt so hoch.

t3n.de: Wie viele Menschen arbeiten heute für Slack?

Butterfield: Wir haben gerade die Hundertermarke genommen. Das ist verrückt. Vor einem Jahr waren es noch zwölf oder vierzehn. Die meisten arbeiten in der Softwareentwicklung. Entwicklung, Produkt und Design – das ist beinahe die komplette Firma. 15 bis 20 Personen arbeiten im Kunden-Team, das sich vor allem um den Kundendienst und ums Testen bestimmter Funktionen kümmert. Sechs Personen sind im Sales-Bereich, drei Personen fürs Marketing zuständig. All diese Menschen sind neu und erst in den vergangenen sechs Wochen zu uns gestoßen.

t3n.de: Wie wichtig ist Deutschland für Slack?

Butterfield: 30 Prozent unserer täglich aktiven Nutzer kommen aus Europa. Ich hätte damit gerechnet, dass Großbritannien nach den USA unser zweitgrößter Markt ist. Aber es ist Japan. Dabei gibt es nicht mal eine japanische Sprachversion. Wir haben auch zahlende Kunden in Polen, Portugal und Italien. Überall nur in englischer Sprache. Ich meine, die Niederländer sprechen natürlich Englisch. Für sie ist es einfach. Ich hätte nie gedacht, dass Italiener unseren Dienst nutzen. Aber sie tun es. Trotzdem ist natürlich wichtig für uns, offiziellen Kundendienst und Beschreibungen in anderen Sprachen anzubieten. Genauso wie Abrechnungen in anderen Währungen. Daran arbeiten wir.

Für Europäer ist es besonders hart. Einerseits verhält sich der Dollar momentan gegenüber allen Währungen wie verrückt. Darum ist es insgesamt teurer. Andererseits ist Slack sehr US-zentriert aufgebaut worden. Die Kunden zahlen monatlich per Kreditkarte. Für Menschen in Japan und Deutschland ist das jedoch der umständlichste Weg zu zahlen. Das liegt nicht so sehr am Mangel und zurückhaltenden Einsatz von Kreditkarten generell. Sondern vor allem am zurückhaltenden Einsatz im Geschäftsumfeld. Deutschland ist vor diesem Hintergrund wichtig für uns. Die Geschwindigkeit, mit der wir wachsen, bedeutet allerdings auch, dass wir alle Hände voll mit dem zu tun haben, was wir gerade machen. Aber wir sprechen natürlich darüber und werden wohl auch noch in diesem Jahr ein Büro in Europa eröffnen.

t3n.de: Wo wird das sein?

Butterfield: Wahrscheinlich in Irland. Es ist billig. Und dort sprechen sie auch Englisch.

t3n.de: 2005 haben Sie Flickr an Yahoo verkauft – nur ein Jahr nach dem offiziellen Start. Haben Sie ähnliche Pläne für Slack? Oder gibt es am Ende sogar ein Börsengang?

Butterfield: Ich habe immer gesagt, dass ich niemals der CEO eines an der Börse gehandelten Unternehmens sein werde. Mir gefällt der Teil meiner Arbeit, den ich mache. Und der liegt eher auf der Produktseite. Ich habe einen Design-Hintergrund. Das gefällt mir sehr. Geschäftsstrategien genauso. Und langsam finde ich auch Gefallen an Unternehmensführung generell. Allerdings nur sehr zögerlich. Es ist wie bei einem Kind, das zum ersten Mal Bier trinkt. Es hasst es zunächst, am Ende mag es den Geschmack aber.

Mein Traumszenario und das von vielen Unternehmern, die ich kenne, ist leider sehr unrealistisch: Man baut eine Firma auf; sie wirft Geld ab; man geht zur Bank und sagt, dass man auch in Zukunft weiter Geld verdienen wird und gerne 20 Millionen Dollar leihen möchte, um die Investoren auszuzahlen. Vielleicht wird das eines Tages möglich sein, aber ich bin mir da nicht so sicher. An die Börse zu gehen ist darum noch unwahrscheinlicher als ein Verkauf. Man sollte jedoch niemals nie sagen. Messaging entwickelt sich immer mehr zur grundlegendsten Applikation des Internets. All diese Dinge verschmelzen immer mehr. Ich werde nie wieder so eine große Chance wie jetzt haben. Darum gibt es keinen Anlass zu verkaufen.

„Trotzdem würde ich uns nur die Note Ausreichend geben“

t3n.de: Erinnern Sie sich noch an Ihren ersten Kunden?

Butterfield: Ja. Also nicht an den ersten zahlenden Kunden. Aber ich erinnere mich an die ersten Teams, die wir überzeugen konnten Slack auszuprobieren. Es waren Freunde von uns. Das wirklich erste große Team war der Musikdienst Rdio. Das hat uns die Augen geöffnet. Die Firma hat über 100 Mitarbeiter, wir waren damals gerade acht. Slack war perfekt für den Einsatz in einem Acht-Mann-Team ausgerichtet. Alles war optimiert für diese Zahl. Und plötzlich wurde uns klar, wie viele Sachen nicht funktionieren, wenn das System von hundert Personen genutzt wird.

„Wir waren besser als viele andere. Aber es ist alles nicht so einfach.“

Außerdem waren wir ja nicht einfach nur acht Menschen, wir waren acht Slack-Experten. Wir hatten es selbst entwickelt. Das Team von Rdio hingegen fand viele Dinge verwirrend. Zum Beispiel die Anzahl an Benachrichtigungen, die sie erhielten. Für uns war das unglaublich hilfreich. Jedes Team, das wir zu Beginn hinzugewannen, hat uns einen zusätzlichen Schub gegeben.

Immer wenn ein Team Slack einsetzen will, gibt es zunächst eine Person oder vielleicht auch eine kleine Gruppe, die es vorschlägt. Aber tatsächlich braucht man einen Beitrag von allen Teammitgliedern. Vor allem zu Beginn kann eine Person, die nicht mitzieht, zum großen Problem werden. Wir haben uns diese Dynamik genau angesehen. Wir wollten sicherstellen, dass diejenigen, die es zuerst vorgeschlagen haben, auch über die notwendigen Ressourcen verfügten. Die Teammitglieder sollten den Mehrwert schnell verstehen. Im Nachhinein würde ich sagen, dass wir einen tollen Job gemacht haben. Trotzdem würde ich uns nur die Note Ausreichend geben. Wir waren besser als viele andere. Aber es ist alles nicht so einfach.

Wenn jemand noch nie so ein System genutzt hat und er auch noch die erste Person ist, dann ist Slack relativ wertlos. Man kann niemandem eine Nachricht schreiben, es gibt kein Archiv, durch das man sich suchen könnte. Es gibt nichts zu durchsuchen. Nichts ist da. Jemanden dann davon zu überzeugen, den nächsten Schritt zu gehen und andere Personen einzuladen, das ist eine Herausforderung. Es ist fast ein Wunder, dass überhaupt jemand Slack nutzt.

t3n.de: Fast jeder kennt den ersten Tweet, der jemals gesendet wurde. Erinnern Sie sich noch an die erste Slack-Nachricht?

Butterfield: Ich bin mir ziemlich sicher, dass es „test“ oder „asdf“ oder etwas in der Richtung war.

t3n.de: Nutzen Sie bei Slack tatsächlich nur Slack? Oder auch E-Mails?

Butterfield: Tatsächlich nur Slack. Ich persönlich nutze E-Mails vermutlich mehr als alle anderen bei uns – mit Ausnahme des Kundendienst-Teams. Aber innerhalb des Unternehmens würden wir niemals darüber nachdenken, eine Nachricht anders zu verschicken. Das hat nicht mal unbedingt ideologische Gründe. Es ist einfach angenehmer für beide Seiten. Wir alle haben Slack immer geöffnet. Wir verwenden es ständig, um etwa zu suchen. Außerdem ist es von großem Vorteil, wenn man alle Dinge an einem Ort hat. Niemand würde auf die Idee kommen, per Google-Hangout eine Nachricht zu verschicken. Oder per Skype. Oder SMS. Selbst Twitter-DMs und Facebook-Nachrichten sind eher selten.

t3n.de: Gibt es Pläne für eine stärkere Integration von Slack in iOS? Zum Beispiel die Möglichkeit, Links aus dem Browser direkt in einer Gruppe zu posten?

Butterfield: Das wird kommen, allerdings ist es erstaunlich kompliziert. Apple hat diese Erweiterung mit iOS 8 möglich gemacht. Aber man muss auch selbst noch eine Menge Arbeit reinstecken. Wir sind aber dran. Das iOS-Team hat bloß derzeit alle Hände voll zu tun. In den vergangenen fünf bis sechs Monaten haben sie die App komplett überarbeitet. Damit wir bald auch einen Offline-Modus anbieten können und sie insgesamt schneller läuft. Gleiches gilt für Android. Wir sind aber fast fertig.

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Dein t3n-Team

Darius

gibt es eine möglichkeit, Slack in eine Homepage zu integrieren?

Antworten
Jörgen

Ich verstehe die Frage nicht. Slack kann man über den Browser und per App aufrufen. Es ist aber kein „Forum“, das man irgendwo einbauen kann.

Antworten
Darius

die Frage ist wie ich Slack in meine Homepage über iframe einbinden kann oder ähnliches

fwartner

Fällt mir spontan dazu ein:
https://github.com/xoxco/node-slack

Ansonsten einfach mal Google bemühen oder besser noch: Direkt in den Docs gucken.. :)

Antworten
Jürgen Schulze

Ist das die Wollmilchsau auf die wir alle gewartet haben?
Werde mich mal anmelden.
Aber bezahlen mit Kreditkarte! Ehrlich, die Amis sind was das betrifft immer noch in den 60ern hängen geblieben. Fehlt nur noch, dass ich denen einen Scheck schicken soll

Antworten
YUHIRO.DE

Super Interview.

Einige Jahre nach diesem Interview zeigt sich, dass der Gründer von Slack Recht behält. Das Werkzeug wird jetzt bereits von vielen kleinen und mittelgrossen Firmen für die Verbesserung der Teamkommunikation verwendet.

Die Integration von externen Services ist definitiv eine grosse Stärke von Slack.

Im Beitrag noch ein paar weiteren Informationen zu diesem interessanten Werkzeug: http://www.yuhiro.de/vorteile-und-nachteile-von-slack-erfahrungen-und-alternativen/

Eventuell wird ja auch dieses Werkzeug von Atlassian übernommen, wie bereits mit Trello geschehen.

Vielen Dank für das tolle Interview.

Viele Grüsse
Sascha Thattil

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