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„Ohne Technologie sind wir wie Affen”: Zu Besuch bei Roboter-Star Hiroshi Ishiguro

Wie werden wir Maschinen zukünftig mehr in Menschen integrieren? Vielleicht findet sich auf dem Toyonaka Campus in Tokio eine Antwort. Hiroshi Ishiguro wagt einen Erklärversuch zur Technologie.

Von Nicole Nehaus-Laug
5 Min. Lesezeit
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(Foto: t3n)

Mit dem Hochgeschwindigkeitszug Shinkansen Nozomi 36 geht es von Tokio nach Osaka. Die 515 Kilometer zwischen beiden Städten legt man mit 320 Kilometer pro Stunde in 2,5 Stunden zurück. Ziel ist der Toyonaka-Campus, das Zuhause des berühmten „Intelligent Robotics Laboratory“ von Hiroshi Ishiguro.

Ein Roboter bis ins kleinste Detail

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Anders als in Tokio sprechen hier nur noch wenige Menschen englisch. Den Campus zu erreichen und das Büro von Ishiguro zu finden, ist daher eine kleine Herausforderung.

Der Empfang ist herzlich, drei Damen sitzen im Vorzimmer, das Büro von Hiroshi ein Erlebnis. Ins Auge fällt zuerst seine neueste Kopie von sich selber, die gerade erst fertig geworden ist, wie er später berichtet. Ein Roboter mit einem Silikon-Überzug der ihm selber bis ins kleinste Detail gleicht. Noch menschlicher als die vorherigen Versionen.

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Insgesamt gibt es aktuell vier Androiden von ihm. Diese werden in der Welt verschickt um Vorträge zu halten oder Seminare zu geben. „Er kann nicht überall zur gleichen Zeit sein“. So hat er aber die Möglichkeit an zumindest vier Plätzen gleichzeitig Präsenz zu zeigen. Er spricht durch die Androiden, die sein Aussehen haben, zu seinem Publikum. Im Moment dienen sie nur als Sprachrohr für ihn, in Zukunft sollen sie aber durch künstliche Intelligenz unterstützt werden. Sie werden zu einer digitalen Kopie seiner selbst.

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Direkt neben seinem Schreibtisch steht ein zusammenklappbares Gästebett. Hier wird anscheinend auch bis spät in die Nacht gearbeitet. Urkunden und Auszeichnungen zieren die Wände. Hinter einem einfachen Schreibtisch sitzt Hiroshi vor einem mächtigen Computer. Seine halblangen Haare sind schwarz ebenso wie seine Kleidung. Er hat etwas Geheimnisvolles. Es gibt Jasmin-Tee und es ist angenehm kühl im Raum.

Alles scheint ganz normal bis zu der Frage: Was zeichnet uns eigentlich als Mensch aus?

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Technologie, die den Menschen auszeichnet

Hiroshi gibt die einfache Antwort „Technologie“. Er zeichnet eine Kurve auf seinem Whiteboard, die zeigt wie exponentiell schnell seiner Meinung nach neue Technologie entsteht und sich aus sich selbst heraus weiterentwickelt. „Das wird nur ein sehr kleiner Teil der Weltbevölkerung nachvollziehen und verstehen können, maximal zehn Prozent.

So seine Prognose. „Die anderen 90 Prozent bekommen ein zusätzliches Wissens-Upgrade in Form eines Chip-Implantats“. Man stellt sich die Frage, zu welcher Gruppe man wohl selber gehört oder gehören wird und hofft auf die Zehn-Prozent-Gruppe. Ein seltsames Gefühl. Der Wissenstransfer soll seiner Meinung nach über ein Chip-Implantat im Gehirn passieren.

Sein Ausgangspunkt ist, dass wir Maschinen zukünftig mehr in Menschen integrieren. Für ihn ist die eigentliche Frage: „Was ist die minimale Definition eines Menschen?“ Seine These: „Wir sind wie Affen, wenn wir keine Technologie nutzen aber keine Menschen. Wir müssen Technologie akzeptieren. Das macht den Unterschied zu anderen Säugetieren aus. Wir können Technologie in Zukunft nicht vom Mensch separieren. Wir nutzen Google für Wissen, Smartphones, um uns miteinander zu vernetzen und zu kommunizieren, und in Zukunft autonomes Fahren, um uns fortzubewegen. Ohne Technologie sind wir nichts.“

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(Foto: t3n)

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Eine gewagte These, die einem zu denken gibt. Es wirkt fremdartig und ein wenig wie Science-Fiction. Allerdings kann man tatsächlich die Parallele ziehen, dass wir früher Werkzeuge benutzt haben, um zum Beispiel Feuer zu machen. Das ist ein klarer Unterschied zu Tieren. Hat uns das schon früher vom Affen unterschieden und zu einem Menschen gemacht?

Für Hiroshi ist die Sache in jedem Fall eindeutig und die Vorteile liegen klar auf der Hand: „Menschliche Körper haben Grenzen, diese können wir aufheben. Wir haben mit der Integration von Maschinen einfach mehr Möglichkeiten und Optionen.

Keine Unterscheidung zwischen menschlicher und künstlicher Intelligenz

Nach unserem Empfinden ist der organische Körper immer noch besser als der mechanische“. Seiner Meinung nach können wir es uns einfach nur noch nicht vorstellen Technologie in uns zu haben und haben eine sehr negative Einstellung dazu. „Wir müssen anfangen, die Vorteile zu sehen. In Zukunft werden wir künstliche und menschliche Intelligenz nicht mehr unterscheiden können und auch nicht brauchen. Es wird für uns eine ganz natürliche nicht mehr wegzudenkende Sache sein, wie das Smartphone. Die Hardware wird in uns sein und nicht mehr als Gerät in unserer Hand“.

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Doch wie lange wird es eigentlich noch dauern, bis wir da angekommen sind? Wollen wir in Zukunft organische Bausteine aus unserem Körper, wenn sie nicht mehr funktionieren, durch künstliche oder mechanische ersetzen? Eigentlich sind wir schon mittendrin, wenn man über künstliche Kniegelenke, Herzschrittmacher oder Prothesen jeglicher Art nachdenkt. Wir addieren nur die künstliche Intelligenz dazu.

Daran wird in den Laboren in Osaka geforscht. Beeindruckend sind die Androiden von Hiroshi selbst sowie auch die kleinen Roboter, die sich mit einem unterhalten. 20 internationale Studenten forschen hier unter anderem an dem Thema der Mensch-Maschine-Beziehung. Was dann doch wieder ganz normal wirkt, man muss die Schuhe ausziehen, wenn man die Räume betritt.

Das hat etwas alltägliches und beruhigendes. Abschließend erzählt Hiroshi: „Für Japan werden die olympischen Spiele 2020 ein wichtiger Schritt sein. Die Regierung unterstützt dafür die Entwicklung von Robotern, die in allen Bahn-Stationen und auf öffentlichen Plätzen stehen, verschiedene Sprachen sprechen und den Besuchern in allen Fragen weiterhelfen sollen.”

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Akzeptanz für die „Technologie in uns“

Es gibt also anscheinend Zwischenschritte bis Mensch und Maschine, künstliche und menschliche Intelligenz miteinander verschmelzen. Bis dahin haben wir dann doch noch ein bisschen Zeit. Die werden wir vermutlich auch benötigen um uns positiv damit auseinanderzusetzen und wie Hiroshi sagt „Technologie in uns“ akzeptieren zu können.

Was kann man also bisher auf die Frage „Was macht uns als Mensch?“ sagen? Für Ben Goertzel von Hanson Robotics steht ebenfalls fest, dass wir schon dabei sind unsere Körper mit Hilfe von digitaler Technologie und Manipulation des Genoms zu verbessern und aufzurüsten. Wir sind auf dem Weg zum superintelligenten Mensch. Wissen und körperliche Schnelligkeit kann in Zukunft implantiert oder eingepflanzt werden. Seine Meinung: „Die Natur wird es in die richtigen Bahnen lenken. Wir werden uns anpassen, aber wir können nicht auf die Evolution warten. Wir müssen einfach schneller sein.“

Auch Benjamin Joffe, Managing-Partner von Hax, dem größten Hardware-Early-Stage-Accelerator aus China ist überzeugt: „Es wird eine Übergangszeit in das digitale Zeitalter geben. Im Moment fühlt sich alles sehr ungewohnt an, weil wir uns nicht vorstellen können, wie die Zukunft aussehen wird. Aber eines ist sicher: Die Innovationszyklen werden immer kürzer und wir müssen schnell reagieren.“ Vielleicht ist die superintelligente Kopie unserer selbst ein Zwischenschritt, den wir brauchen bevor es zu einer Verschmelzung von Mensch und Maschine kommt.

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Alles deutet auf jeden Fall in dieselbe Richtung. Wie die einzelnen Zwischenschritte aussehen, bleibt abzuwarten, und auch wie schnell es gehen wird. Aber aufzuhalten ist die Verschmelzung anscheinend nicht und eigentlich sind wir schon mittendrin.

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