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Telekommunikationsfirmen fordern Verzicht auf Mobilfunkauktion

Wenn Vertreter der Telekommunikationsbranche mit dem Thema Funklöcher konfrontiert werden, verweisen sie mitunter achselzuckend auf den Staat: Der habe sie kräftig zur Kasse gebeten, anstatt ihnen das Geld für den Netzausbau zu lassen. Könnte man das nicht ändern?

3 Min. Lesezeit
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Funklöcher sind noch immer ein großes Problem. (Foto: Tadej Pibernik/Shutterstock)

Zwei Jahre nach einer milliardenschweren Mobilfunkauktion machen sich Deutschlands große Telekommunikationskonzerne für eine Regeländerung stark, um einen besseren Netzausbau zu ermöglichen. Anstatt Spektrum – also Funkfrequenzen für die Übertragung von Daten und Telefonie – zu versteigern und den Firmen dadurch Geld zu entziehen, sollte die derzeitige Vermietung von 800-Megahertz-Frequenzen einfach verlängert werden, fordern Telefónica, die Deutsche Telekom und Vodafone. Dann würden nur Gebühren fällig und die Netzbetreiber müssten weniger Geld zahlen. „Das gäbe uns Planungssicherheit und würde uns Investitionen erleichtern“, sagt Telefónica-Deutschlandchef Markus Haas.

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Anlass der Forderung ist die Reform des Telekommunikationsgesetzes – hierin sollte nach Auffassung der Firmen die Möglichkeit verankert werden, die Frequenznutzung zu verlängern. Für nächsten Mittwoch ist hierzu ein Abstimmung im Wirtschaftsausschuss des Bundestags geplant.

Unter Experten gibt es Ablehnung zu der Forderung. Der Verzicht auf Auktionen hätte keine sicheren Vorteile für die Verbraucher, sagt Torsten Gerpott von der Universität Duisburg-Essen. „Denn es ist überhaupt nicht sichergestellt, dass die Betreiber die eingesparten Finanzmittel auch tatsächlich in den heimischen Netzausbau stecken – möglicherweise versickert das Geld in einem ganz anderen Teil ihres globalen Geschäfts.“

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Die Frage der Sinnhaftigkeit von Auktionen ist praktisch so alt wie dieses Jahrhundert: Bei der ersten großen Mobilfunkauktion im Jahr 2000 legten damals sechs Firmen umgerechnet rund 50 Milliarden Euro auf den Tisch. Im Nachhinein erwies sich das als viel zu viel. Zwei der Firmen verschwanden schnell von der Bildfläche und auch bei den anderen war die Schuldenlast so schwer, dass zu wenig Geld für einen schnellen umfassenden Netzausbau – damals noch im 3G-Standard (UMTS) – ausgegeben wurde. Bei späteren Auktionen zahlten die Netzbetreiber zwar deutlich weniger, dennoch flammte die Debatte immer wieder auf. Im Jahr 2019 ersteigerten die Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica für zusammen 5,5 Milliarden Euro Spektrum für ihre 5G-Netze – auch diese Milliardenkosten waren aus ihrer Sicht unnötig.

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Debatte nimmt wieder Fahrt auf

Nach der Devise „Nach der Auktion ist vor der Auktion“ nimmt die Debatte nun wieder Fahrt auf. Telefónica-Manager Markus Haas verweist darauf, dass Versteigerungen immer Unsicherheit mit sich brächten. Es sei betriebswirtschaftlich fragwürdig, jetzt in Standorte zu investieren, an denen man ab 2026 bestimmte Frequenzen vielleicht gar nicht mehr nutzen dürfe, sollte man das dafür notwendige Spektrum bei der Auktion nicht bekommen, sagt Haas. Auktionen seien ein Bremsklotz für Investitionen. „Wir könnten vor allem im ländlichen Bereich noch schneller ausbauen, wenn wir schon bald Planungssicherheit bekämen bei den 800-Megahertz-Frequenzen.“

Haas verwies auf ein Rechtsgutachten eines Bonner Professors, demzufolge der Bund mit der derzeitig geplanten Reform gegen einen Europäischen Kodex und somit gegen EU-Recht verstoßen könnte – weil ein Verzicht auf die Auktion gar nicht möglich wäre. In anderen EU-Staaten würden Frequenzen ohne Auktion vergeben. Auch die Telekom fordert „Verlängerungslösungen“. Vodafone betont, dass jeder Euro nur einmal ausgegeben werden könne: „Für ein Stück Papier – oder leistungsstarke Netze, die Deutschland den Weg in eine digitale Zukunft ebnen.“

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Ein Player spielt nicht mit

Die Verlängerungsforderung der drei alteingesessenen Netzbetreiber hat noch einen Haken: 1&1 Drillisch. Die Tochterfirma von United Internet setzt gerade an, zum vierten deutschen Netzbetreiber zu werden, und hat für ihr erstes eigenes Spektrum im Jahr 2019 rund 1,1 Milliarden Euro bezahlt – dies in deutlich höheren Bändern, die sich für Städte eignen, aber für die Flächenversorgung auf dem Land suboptimal sind. Daher will Drillisch bei der nächsten Auktion nachlegen und sich mit weiterem Spektrum eindecken. Würde die Versteigerung abgeblasen, würde der Neueinsteiger in die Röhre gucken. Zwar hätte Drillisch über Telefónica weiterhin Zugang zu niedrigeren Frequenzbändern zur Flächenabdeckung, ist hierbei aber abhängig vom Wettbewerber.

Entsprechend heftig ist das Kopfschütteln bei 1&1 Drillisch bezüglich der Verlängerungsforderung. Man sei „zwingend darauf angewiesen, im Rahmen der anstehenden Frequenzvergaben Zugang zu den wichtigen Flächenfrequenzen zu erhalten“, teilt Drillisch mit. Eine bloße Verlängerung von Frequenznutzungsrechten wäre „eine nicht zu rechtfertigende, offenkundig rechtswidrige Privilegierung von Deutscher Telekom, Vodafone und Telefónica und gleichzeitig eine erhebliche, nicht aufholbare Benachteiligung für 1&1 Drillisch“.

Ebenfalls kühl reagiert die für die Frequenzvergabe zuständige Bundesnetzagentur auf das Ansinnen der drei großen Netzbetreiber. „Auktionen sind und bleiben der beste Weg, knappe Frequenzen wettbewerbsoffen zu vergeben und Chancen für potenzielle Neueinsteiger zu eröffnen“, sagt Behördenchef Jochen Homann. dpa

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