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Interview

Teleshopping: Was bringt der umstrittene Marketingkanal für Startups?

In der „Höhle der Löwen“ wird Teleshopping als Marketingkanal für Startups angepriesen. Aber welchen Produkten hilft das Verkaufsfernsehen wirklich? Wir haben bei Gina Deeble von QVC nachgefragt.

Von Lisa Hegemann
6 Min.
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Gina Deeble leitet die Commerce-Plattformen beim Teleshopping-Sender QVC. (Foto: QVC)

Eigentlich ist Judith Williams die Teleshopping-Expertin in der „Höhle der Löwen“. In der Vox-Sendung erklärt die HSE24-Moderatorin gerne, was für einen großen Absatz Produkte im Verkaufsfernsehen erzielen. Es soll ihr Alleinstellungsmerkmal sein. Allerdings sitzt die Konkurrenz nur drei Stühle entfernt: Auch Ralf Dümmel bringt seine Investments ins Fernsehen – mit Williams‘ Wettbewerber QVC.

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Dabei klingt Teleshopping für ein Startup erst einmal nach einem Gegensatz. Während Gründer als jung und hip gelten, haftet den Verkaufssendern seit Jahren ein altbackenes Image an. Das Durchschnittsalter ihrer Zuschauer liegt zwischen 50 und 60 Jahren, lineares TV ist bei der jüngeren Zielgruppe nicht mehr so stark gefragt. Kritiker sagen außerdem, dass beim Teleshopping Produkte verkauft würden, die eine Lösung für ein Problem anböten, von dem man gar nicht gewusst habe, dass man es habe.

Was bringt Teleshopping Startups dann eigentlich? t3n.de hat bei Gina Deeble nachgefragt. Sie leitet die Commerce-Plattformen beim Teleshoppingsender QVC und hat uns am Rande des Startups@Reeperbahnfestivals erklärt, welche Startup-Produkte bei einer Verkaufssendung funktionieren – und welche nicht.

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Teleshopping-Expertin Gina Deeble: „Eine App kann man mit Video-Commerce schlecht verkaufen“

Gina, laut Statistiken steigen die Umsätze im Teleshopping seit Jahren kräftig. Allein 2016 machte die Branche einen Umsatz von 1,9 Milliarden Euro in Deutschland. Wer kauft denn da noch?

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Hauptsächlich Frauen. 80 Prozent unserer Käufer sind weiblich und zwischen 50 und 60 Jahre alt. Unsere Internetkunden sind im Schnitt zehn Jahre jünger. In der Außenwahrnehmung sieht es vielleicht so aus, als wären all diese Kundinnen gleich. Aber wir haben gerade erst eine Studie abgeschlossen, in der wir sie verschiedenen Segmenten zugeordnet haben. Und dort zeigen sich deutliche Unterschiede: Es gibt beispielsweise Cozy Cocooners, die ihr Zuhause schöner machen wollen; Manager Moms, denen der Nutzwert eines Produktes wichtig ist; Smart Shoppers, die sich für hochwertige Produkte interessieren und die vor allem digital bei uns einkaufen; Golden Girls, für die der soziale Aspekt zählt und die uns meistens noch telefonisch kontaktieren.

Trotzdem klingt Verkaufsfernsehen im Zeitalter von Snapchat Stories, Instagram Stories und Facebook Live ziemlich altbacken. Was ist am Teleshopping heute noch interessant?

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Wir haben uns in den vergangenen 20 Jahren zu einem Multichannel-Business mit starkem TV-Standbein entwickelt. Das beschreibt besser, was wir heute machen: Wir sind eine Multichannel-Plattform, die Fernsehen, soziale Medien und Onlineshopping verbindet. Viele Kunden kommen zwar noch über das Fernsehen zu uns. Aber das digitale Geschäft legt zu. Unser schnellstwachsendes Segment ist der mobile Commerce.

Wie sieht der digitale Ansatz bei QVC konkret aus?

Wir vernetzen die verschiedenen Plattformen. Wir können etwa die Kunden-Ratings zu einem Produkt auch im Fernsehen zeigen oder Fragen auf Facebook in Echtzeit in unserer Sendung abbilden, die unser Moderator dann beantwortet. Manchmal strahlen wir eine Sendung auch via Facebook Live aus. Das hat sich als guter Weg etabliert, um mit unseren Zuschauern zu interagieren. Dadurch sind wir noch näher am Kunden als früher.

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Bei der Veranstaltung Startups@Reeperbahn hast du darüber gesprochen, wie Startups und Teleshopping voneinander profitieren können. Passt die eher alte Zielgruppe von QVC überhaupt zu eher innovativen Startup-Produkten?

„Nur weil ein Unternehmen selbst jung ist, fokussiert es sich nicht auf eine junge Zielgruppe.“

Selbstverständlich. Nur weil ein Unternehmen selbst jung ist, fokussiert es sich ja nicht auf eine junge Zielgruppe. Außerdem arbeiten wir seit mehr als 20 Jahren mit Startups zusammen. Das gehört mit zu unserer DNA, denn wir suchen stets nach Produkten, die ein Problem lösen und die es nicht schon bei Walmart oder Amazon gibt. Einige unserer größten Lieferanten haben bei uns als Startups begonnen. Neu ist, dass wir unser Engagement in diesem Bereich durch QVC Next ausbauen und stärker in die Öffentlichkeit gehen. Für die Startups bedeutet gerade ein Auftritt on air einen enormen Boost. Das sehen wir derzeit bei den Jungunternehmern aus der „Höhle der Löwen“, die bei uns durch die Kooperation mit Investor Ralf Dümmel auf Sendung gehen.

Durch das Internet gibt es doch etliche neue Marketingkanäle, die ebenfalls einen solchen Boost versprechen – von Google Adwords bis hin zu Realtime-Bidding.

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Ja, für digitale Produkte mag das stimmen. Eine App oder einen Service kann man mit Video-Commerce schlecht verkaufen. Bei physischen Produkten sieht das aber anders aus: Für uns ist das perfekte Produkt neu, einzigartig und man versteht es erst, wenn man sieht, wie es ausprobiert wird. Das ist über digitale Wege nicht abbildbar. Protect Pax, unser erstes Startup aus der Kooperation mit Ralf Dümmel, ist ein gutes Beispiel dafür.

Inwiefern?

Die flüssige Beschichtung von Protect Pax kann Smartphone-Displays schützen. Das Produkt stand vorher im Regal und im Onlineshop, aber keiner wusste, wie man es nutzt. Im Fernsehen haben wir den Schutz zum Leben erweckt: Wir haben den gesamten Anwendungsprozess gezeigt – vom Reinigen über das Auftragen der Flüssigkeit auf das Smartphone bis hin zur Beweisführung der Stabilität. In einem Geschäft wäre das schwierig gewesen, bei uns geht das. Das Ergebnis: Wir haben gleich 70.000 Protect Pax an nur einem Tag verkauft.

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Was passiert, wenn ein Produkt verkauft ist? Wer kümmert sich um den Versand?

Natürlich QVC. Alle unsere 18.000 Artikel – ob Bettwäsche, Waschmaschinen, Kosmetikprodukte oder E-Bikes – sind physisch in unserem Lager vorhanden und werden von dort aus verschickt.

Und wenn es sich gut verkauft? Wird das Startup an den Erlösen beteiligt?

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Wir können dazu keine Einzelheiten nennen, weil das auf die Verhandlungen ankommt. Aber QVC kauft die Produkte von den Startups. Die Größenordnung, wann wir hohe Stückzahlen von einem Produkt verkaufen, ist von Artikel zu Artikel unterschiedlich. Gewöhnlich kaufen wir erst einmal kleine Mengen ein. Bei einem Schuh, den wir seit Jahren im Sortiment haben, waren es am Anfang nur 100 Paar Schuhe in einem Jahr. Die Zusammenarbeit hat sich über 20 Jahre entwickelt, sodass wir nun allein im vergangenen Jahr 800.000 Paare davon verkauft haben.

Woran macht QVC denn fest, ob es sich lohnt, an einem Produkt festzuhalten oder nicht?

Daran, ob es dem Kunden gefällt! Die Umsatzentwicklung, die Kundenbewertungen sowie die Retourenraten sind für uns entscheidend. Danach steuern wir unser Sortiment. Speziell im TV hat der Producer Echtzeit-Daten, um direkte Entscheidungen treffen zu können. Wir können in unserem Regieraum sehen, wie sich ein Produkt pro Minute in einer unserer Sendungen verkauft. Daran orientiert sich auch die Länge der Produkt-Präsentation. Wenn die Kurve steil nach oben zeigt, verlängern wir die Präsentation. Bei der Abflussfee (einem weiteren DHDL-Startup, Anm. d. Red.) mussten wir jedoch nach fünf Minuten abbrechen, weil wir ausverkauft waren. Wenn ein Produkt gar nicht ankommt, stoppen wir die Präsentation und ziehen das nachfolgende Produkt vor.

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Nach fünf Minuten im Teleshopping war die Abflussfee von Gründer Karl-Heinz Bilz ausverkauft. (Foto: Vox)

Damit verlieren die Startups aber an wichtigen Marketingminuten. 

Wenn das Produkt nicht gut ankommt, ja. Grundsätzlich maximieren wir die Marketingminuten basierend auf dem Kundenfeedback. Sie gewinnen also, wenn sie erfolgreiche Produkte haben. Wenn die Nachfrage nicht stimmt, machen weitere Sendeminuten auch keinen Unterschied. In diesem Fall prüfen wir unsere Verkaufsstrategie. Je erfolgreicher ein Produkt ist, umso mehr wird es an einem Tag on air sein.

Teleshopping wird ja immer wieder mit Abzocke in Verbindung gebracht, weil Kunden mit vermeintlich exklusiven Angeboten zum Kauf gedrängt werden. Was macht QVC gegen dieses Image?

„Man muss über das alte Stigma unserer Branche hinwegkommen.“

In unserem Unternehmen legen wir Wert darauf, dass wir nicht zu Käufen drängen. Im Englischen nutzen wir zur Erklärung unseres Ansatzes den Begriff „Backyard Fence“. Wir stellen ein Produkt so vor, wie es ein Nachbar am Gartenzaun machen würde: „Hast du davon schon mal gehört? Bei Problem X,Y oder Z kann es dir helfen. Aber wenn du A,B oder C bist, dann kaufe es lieber nicht.“ Wir würden keinen guten Job machen, wenn wir alles unkritisch anpreisen würden. Unsere Kunden honorieren das übrigens. 89 Prozent kaufen immer wieder, im Durchschnitt kauft ein Kunde 25 Produkte im Jahr. Eine solch hohe Kundenbindung ist im Handel nicht selbstverständlich. Man muss über das alte Stigma unserer ursprünglichen Branche hinwegkommen und uns als den Multichannel-Händler sehen, der wir heute sind.

Gina, vielen Dank für das Gespräch.

 

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Ich finde die Entwicklung gut. Nie war es einfacher Produktideen in die Tat umzusetzen und erfolgreich zu verkaufen als heute. Da ist es nur logisch, dass QVC diesen Weg geht.

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