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Grenzen für Temu, Shein und Co.: Warum die Politik sofort eingreifen muss

Händler:innen in Europa fühlen sich von der Politik im Stich gelassen. Denn im Konkurrenzkampf gegen Temu, Shein und Co. ziehen sie derzeit den kürzeren. Das hat zum Glück auch die Politik erkannt – doch ob sie schnell genug agiert, bleibt abzuwarten.

4 Min.
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Temu und Shein beanspruchen die interkontinentale Luftfracht. (Foto: Jaromir Chalabala / Shutterstock)

Objektiv gesehen hat die Politik gar nicht so lange gebraucht, um die Kritik der deutschen und europäischen Händler:innen – online wie offline – gegen Temu und Shein zu verstehen und zu verinnerlichen. Das heißt allerdings nicht, dass die Lage nicht ernst wäre – und viele deutsche und europäische Handeltreibende auf die Barrikaden bringt. Dass der europaweite E-Commerce so ins Hintertreffen geraten ist, hat vielmehr mit der Geschwindigkeit zu tun, mit der Temu-Mutter Pinduoduo ihren Handel in die westlichen Märkte ausgeweitet hat.

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Die Vorwürfe, denen sich allen voran Temu, aber auch Shein und andere chinesische Plattformen stellen müssen, betreffen eigentlich alle relevanten Bereiche des E-Commerce und reichen von Mängeln in der Produktsicherheit und irreführenden Produktbeschreibungen über fehlende Nachhaltigkeit in der Zustellung bis hin zur Umgehung von Zollvorgaben und Importbestimmungen. Man mag etwa die CE-Konformität für überholt und nicht sinnvoll halten, sie sichert dennoch einen gewissen Sicherheitsstandard. Und man mag die Genauigkeit, mit der etwa Nahrungsergänzungsmittel und Lebensmittel beschrieben werden, für übertrieben halten, aber die Bezeichnungen und Regeln gelten nun mal – und das nicht nur für deutsche und europäische Händler:innen, die man juristisch zu Greifen bekommt.

Die berechtigte Forderung deutscher und europäischer E-Commerce-Akteur:innen: Wenn das für uns gilt, soll es bitte schön auch für die Player aus Fernost gelten, die den Kund:innen Tag für Tag Angebote machen, zu denen die hiesigen Anbieter:innen nicht fähig sind.

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All das zeigt vor allem das Versagen in der Durchsetzung deutschen und europäischen Rechts. Denn wenn wir genauer hinschauen, muss man für vieles davon keine Gesetze ändern, sondern bestenfalls geltendes Recht zuverlässig umsetzen. Und jeden Tag, den man das nicht tut, benachteiligt man den hiesigen Handel und die Hersteller. Wenn das Bundeswirtschaftsministerium jetzt also im Rahmen seines Aktionsplans E-Commerce für Waffengleichheit und mehr Gerechtigkeit für deutsche Händler:innen sorgen will, dann heißt das eigentlich nur, dass sie genauer auf die Einhaltung geltender Gesetze pocht.

Niedrigere Zollgrenzen wird auch andere treffen

Neu ist das Phänomen der E-Commerce-Disruption nicht. Allerdings zeigen die Erfahrungen mit neu hinzukommenden Plattformen wie dem Amazon Marketplace, mit Ebay und anderen Playern, die in den vergangenen Jahrzehnten die Gesetze des Handels ins Wanken gebracht haben, zweierlei: Zum einen braucht es in einem europäischen Binnenmarkt ein gemeinsames Vorgehen und Einigkeit zwischen den EU-Staaten. Hier sind alle Beteiligten gut beraten, mit besonders kritischen Staaten wie Frankreich und Deutschland mitzuziehen und vor allem das schon geltende Recht auch umzusetzen.

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Zu bedenken ist, dass es bei Gesetzesänderungen zu Kollateralschäden kommen wird: Denn wenn etwa die niedrige Zollfreigrenze von bisher 150 Euro weiter gesenkt werden soll, wird das auch andere treffen, die nicht bewusst Bestellungen aufgeteilt und mehr oder weniger falsch deklariert haben.

Wenn Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck dieser Tage seinen Aktionsplan E-Commerce des Bundeswirtschaftsministeriums vorstellt, dann geht es aber vor allem auch um Produktsicherheit und darum, dass ein Minimum an Produktqualität eingehalten wird. Das muss der Wirtschaftsminister gar nicht branchenübergreifend neu definieren, denn die bestehenden Regeln geben vieles vor, das auch in Zukunft Bestand haben wird. Auch beim Thema Plagiate gibt’s eigentlich wenig, was neu entwickelt werden muss – außer einer Strategie, wie man Verstöße effektiv bekämpft und eindämmt. Doch es geht beim Aktionsplan E-Commerce um Fairness und Waffengleichheit für deutsche Händler:innen – und um die Einhaltung geltender Gesetze.

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PS5, Schrotflinten und Drogen: Wenn Amazon-Bestellungen nach hinten losgehen Quelle:

Gleiches Recht für alle herstellen: Viel Zeit bleibt nicht mehr

Zum anderen müssen solche Veränderungen aber auch zügig ablaufen, denn mit jedem Monat, in dem Unternehmen wie Temu und Shein Fakten schaffen, werden hiesige Händler:innen unfair benachteiligt – im Schuh- und Bekleidungshandel, bei Ein-Euro-Shops und nicht zuletzt auch bei Elektronik und Zubehör.

Bewährt hat sich dabei übrigens die Praxis, die Plattformen und Portale selbst für die Erhebung von Zollabgaben und Umsatzsteuer haftbar zu machen, weil es nicht gelingen wird und nicht gelingen kann, dass die Behörden jeden Händler und jede Händlerin einzeln ansprechen können. Denn auch wenn der Aufschrei denn erst einmal groß sein wird, werden aktuell beispielsweise die Zollbehörden einfach von der schieren Anzahl an Paketen überrannt. Kamen 2021 noch rund zwei Milliarden Pakete aus China in die EU, werden es in diesem Jahr schon über fünf Milliarden sein. Bis die geplante Zolldatenplattform hierfür zur Verfügung steht, könnten drei Jahre ins Land ziehen – das ist aus Sicht des Handels schon eine verdammt lange (zu lange) Zeit.

Doch es könnte auch sein, dass Unternehmen in Europa in bestimmten Bereichen einfach an der Innovationsgeschwindigkeit der Chinesen scheitern. Denn die produzieren in deutlich kürzeren Produktzyklen, als man dies aus Europa kennt. Ist ein Produkt oder Design nicht erfolgreich, wird es sehr schnell angepasst oder ganz verworfen. Das ist dann aber wiederum ein Problem der Unternehmen selbst und liegt im unternehmerischen Risiko.

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Kommentare (1)

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Uwe Berger

Vielleicht sollten Sie erklären, wo genau der Unterschied zu anderen Plattformen liegen soll. Bei eBay, Amazon Marktplatz, Kaufland Marktplatz, Otto Marktplatz und sicherlich noch weiteren, die ich gar nicht kenne, tummeln sich teils die gleichen Chinesischen Händler mit oft identischer Ware, nur teurer. Die Einfuhr gestaltet sich steuertechnisch auch nicht anders als bei den Chinaplattformen. Geht es hier eher darum, Profite für westliche Plattformen schützen zu wollen und am aktuell allgegenwärtigen Chinabashing teilzunehmen? Wenn es natürlich wirklich relevante Unterschiede zu den von mir genannten Plattformen, die mit ihren Marktplätzen nur als Vermittler und nicht als Händler auftreten, gibt, würde ich mich über eine konkrete Erleuchtung freuen. Die Politik bleibt sicherlich nicht grundlos bisher ziemlich untätig. Man würde sich in das eigene Fleisch schneiden.

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