Tiktok-Deal mit doppeltem Boden: China gibt grünes Licht, will aber den Algorithmus behalten
Tiktoks Zukunft in den USA scheint gesichert. (Foto: Camilo Concha / Shutterstock)
Nach monatelangen Verhandlungen haben sich Unterhändler:innen der USA und Chinas im spanischen Madrid auf ein Rahmenabkommen für die Zukunft von Tiktok in den USA geeinigt. Kern des Deals ist die Überführung des US-Geschäfts der populären Video-App in eine US-amerikanisch kontrollierte Eigentümerstruktur. Damit würde die App, die allein in den USA 170 Millionen Nutzer:innen zählt, vorerst einem drohenden Verbot entgehen.
Die chinesische Regierung bezeichnete die Einigung in einem offiziellen Kommentar der Staatszeitung People’s Daily als Ergebnis einer „Win-Win-Kooperation“. Das Blatt, das als Sprachrohr der regierenden Kommunistischen Partei gilt, betonte, der Konsens basiere auf „gegenseitigem Respekt und friedlicher Koexistenz“. Damit signalisiert Peking nach außen hin eine deeskalierende Haltung in dem festgefahrenen Handelsstreit mit Washington.
Chinas entscheidender Vorbehalt
Die eigentliche Nachricht verbirgt sich jedoch in einem Nebensatz der offiziellen Verlautbarung. Demnach wird die chinesische Regierung eine eigene Prüfung des Deals vornehmen. Konkret sollen der „Technologieexport und die Lizenzierung von geistigem Eigentum“ von Tiktok nach chinesischem Recht bewertet werden.
Dieser Vorbehalt ist entscheidend. Er kann als klares Signal verstanden werden, dass China weiterhin die Kontrolle über den wertvollsten Teil von Tiktok behalten will: den Empfehlungsalgorithmus. Dieser ist das Herzstück der App und maßgeblich für ihren Erfolg verantwortlich. Eine Abspaltung des US-Geschäfts ohne diesen Algorithmus wäre für die neuen Eigentümer:innen wirtschaftlich kaum sinnvoll.
Aufschub für die finale Entscheidung
Wie Reuters berichtet, gleicht der nun erzielte Deal einem früheren Vorschlag, der aufgrund von Strafzöllen zunächst auf Eis gelegt wurde. Um die finalen Details auszuarbeiten, soll die ursprünglich am 17. September auslaufende Frist um 90 Tage verlängert werden. US-Finanzminister Scott Bessent bestätigte diese mögliche Verlängerung nach den Gesprächen in Madrid.
Die Einigung muss zudem noch auf höchster Ebene bestätigt werden. Ein für Freitag angesetztes Telefonat zwischen US-Präsident Donald Trump und dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping soll hierfür den Weg ebnen. Der Druck auf den chinesischen Tiktok-Mutterkonzern Bytedance war zuletzt durch ein US-Gesetz gestiegen, das einen Verkauf des US-Geschäfts erzwingen sollte. Nun scheint eine Lösung gefunden, die beiden Seiten erlaubt, das Gesicht zu wahren, auch wenn die genaue Ausgestaltung der technologischen Souveränität noch unklar bleibt.
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