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Sturm aufs Kapitol: Was Facebook und Twitter mit den Republikanern gemeinsam haben

Facebook, Twitter, Shopify: Diverse Plattformen wenden sich jetzt vom amtierenden US-Präsidenten ab. Ihr Konfrontationskurs mit Trump ist zwar richtig, kommt aber viel zu spät. Das gilt für Konzerne dieser Tage genauso wie für die republikanische Partei.

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Angespanntes Verhältnis: Trump und Social-Media-Größen wie Twitter und Facebook. (Grafik: kovop58/ Shutterstock)

Der Sturm auf das Kapitol hat auch die Wirtschaftswelt nicht unberührt gelassen. Vor allem der Umgang diverser globaler Plattformen mit Donald Trump und seinen Accounts erreichte dabei ein neues Level der Konfrontation. Während der US-Präsident inzwischen kleinlaut zu Twitter zurückgekehrt ist, will Facebook ihn bis zur abgeschlossenen Amtsübergabe sperren.

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Klar ist: Im Kapitol wurde erneut eine Grenze überschritten. Klar ist aber auch: So richtig überraschend kam das nicht. Worte können zu Taten führen, permanente Lügen degradieren Fakten zu Meinungen. Besonders wenn sie vom Präsidenten der Vereinigten Staaten geäußert werden. Wie wenig Trump von demokratischen Gepflogenheiten, ja von der Demokratie an sich hält, ist keine neue Erkenntnis: Er hat es uns wieder und wieder direkt ins Gesicht gesagt.

Dafür, dass Facebook und Twitter sich wenige Tage vor dem Ende von Trumps Amtszeit jetzt offen gegen ihn positionieren, bekommen sie viel positives Feedback. Ähnlich dürften sich zahlreiche hochrangige Republikaner aktuell fühlen: Bis zum letzten Moment haben sie gewartet, ob es nicht doch noch eine Chance für eine Fortsetzung ihrer Regierungstätigkeit gibt. Vier Jahre lang haben sie Trump frei gewähren lassen. Bis zuletzt haben sie seine falschen Behauptungen über einen angeblichen Wahlbetrug nicht nur akzeptiert, sondern aktiv unterstützt und verbreitet.

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Jetzt, wo sein Schiff nicht nur untergeht, sondern schon auf den Grund gesunken ist, treten Republikaner mit patriotischen Worten und feierlichen Verfassungsbekenntnissen ab. Währenddessen erkennen Twitter, Shopify und Co. plötzlich ihre gesellschaftliche Verantwortung und sprechen etwas technischer von Verstößen gegen ihre Nutzungspolitik. Das kann man zwar willkommen heißen, man muss aber auch fragen, warum es erst jetzt passiert und welche Folgen diese späte Einsicht für die Zukunft hat.

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„This Claim is disputed“

Bis sich Twitter überhaupt dazu durchrang, das mittlerweile zum Meme gewordenene Statement „This Claim is disputed“ unter die absurdesten Tweets Trumps zu setzen, hat es viel zu lange gedauert.

Durch sein Verhalten auf Social Media haben Trump und viele andere Republikaner massiv dazu beigetragen, das Misstrauen vieler Menschen in Medien, Wissenschaft und demokratische Institutionen immer weiter zu bestärken und Verschwörungsmythen auf höchster Ebene salonfähig zu machen. Die Plattformen ließen sie dabei gewähren. Mit ihren Algorithmen sorgen sie selbst dafür, dass sich Verschwörungstheorien immer schneller verbreiten und die User immer mehr in ihre „Bubbles“ abdriften. Wer den offiziellen Stellen nicht mehr glaubt, den wird auch ein Twitter-Hinweis nicht von seiner Meinung abbringen.

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Trump ist nur die Spitze des Eisbergs

Jetzt, wo die Präsidentschaft Trumps bald vorbei ist und der Sturm auf das Kapitol wohl fünf Menschen das Leben kostete, wissen es natürlich alle besser. Mit Trump den Lautsprecher dieses Irrsinns für die letzten Tage seiner Amtszeit auf Stumm zu schalten, wird das generelle Problem aber nicht lösen.

Bis in die oberste Reihe haben Republikaner bis zum Schluss an Trumps Erzählung vom Wahlbetrug festgehalten. Noch nach der Attacke auf das Kapitol verbreitete ein republikanisches Mitglied des Repräsentantenhauses die ebenso absurde wie leicht zu wiederlegende Meinung, die Antifa stecke hinter dem Aufruhr in Washington. Die Eskalation der Proteste wurde in den einschlägigen Facebook-Gruppen anscheinend ganz offen diskutiert und geplant. In Deutschland schaffen es Ansichten von selbsterklärten Querdenkern immer wieder bis in Social-Media-Kanäle bestimmter Parteien.

Dem System Trump konnten oder wollten Facebook und Twitter zu lange nichts entgegensetzen; jetzt müssen sie Strategien für die Zukunft entwickeln. Das aktuelle Vorgehen ist genauso angebracht wie scheinheilig.

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Denn genauso wie Trump nicht schnell verschwinden wird, nur weil er nicht mehr im Weißen Haus sitzt, lässt sich der Abgrund aus Lügen, Hass und unverhohlenen Gewaltaufrufen wieder zuschütten, der mittlerweile in vielen sozialen Medien entstanden ist. Zudem stehen die Tech-Giganten zeitnah einer demokratischen Partei in Regierungsverantwortung gegenüber, die  offen darüber diskutiert, die Konzerne zu zerschlagen. Die jüngsten Ereignisse werden diese Forderungen eher noch verstärken. Sogar Trump-Fan Ted Cruz twitterte kürzlich darüber. Möglich, dass Mark Zuckerberg sich auch deshalb dazu berufen fühlte, Trump jetzt mit großen Worten von seiner Plattform zu verbannen.

Immerhin: Von der gesellschaftlichen Verantwortung für Vorfälle wie demjenigen in Washington kann sich jetzt niemand mehr frei machen: Trump und die Republikaner genauso wenig wie Facebook und Twitter.

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Dein t3n-Team

Dr. M.Gabriel

…..leider ist die Meinung in diesem Kommentar ist in vielen Teilen nicht richtig.
Zitat;“Währenddessen erkennen Twitter, Shopify und Co. plötzlich ihre gesellschaftliche Verantwortung und sprechen etwas technischer von Verstößen gegen ihre Nutzungspolitik. “
Unternehmen dürfen keine gesellschaftliche Verantwortung in der Verbreitung von Meinungen/Informationen durch einzelnen Menschen haben bzw. übernehmen.
Das ist einzig die Aufgabe der Gesellschaften und der resultierenden Willensbildung in Form von legitimierten bzw. gewählten Vertretern.
Der Diskurs muss öffentlich innerhalb der Gesellschaften stattfinden.
Wenn wir privatwirtschaftlichen Unternehmen eine Gatekeeperfunktion einräumen, öffnen wir eine Tür
in eine Zukunft, welche uns in die Vergangenheit führt.

Antworten
Wolfgang Saus

Oh t3n, was ist nur mit Euch los? Zensur freier Meinungsäusserung in private Hände, ernsthaft? Amerikanische Multimilliadäre entscheiden lassen, was Verschwörungstheorien sind? Gefahr geht nicht von abstrusen Meinungen aus, sondern wohl eher von privaten Konzernen, die über mehr Geld verfügen als einige Staaten, und sogar Präsidenten den Mund verbieten können. Auf Basis welchen Mandats?

Man sollte eher über die demokratieunterstützende Gestaltung von gewinntreibenden Algorithmen streiten, die inzwischen Grundlage jeder Meinungsverbreitung sind, anstatt Privatisierung von Zensur zu fordern. Die Menschen sind nämlich nicht zu blöd, sich eine eigene Meinung zu bilden, auch wenn private Medienkonzerne das mantraartig zu verbreiten versuchen.

Antworten
Gerhard M

Ich beschränke mich hier auf die Frage: Warum findet man das toll, wenn es Trump passiert? Die gleiche Argumentation könnte man auf Obama und viele andere Demokraten anwenden. Nur ein Beispiel: In 2017 lief ein Bernie Sanders Unterstützer amok und schoss bei einem Charity Baseball Spiel wild um sich. Ziel war ein Republikanischer Abgeordneter. 3 weitere Verletzte bei dem Feuergefecht und ein Toter.
Wäre es damals rechtens gewesen Bernie Sanders zu verurteilen? Natürlich nicht! Gleiches gilt für Obama.
Alles was ich mir wünschte, wäre dass man solche Aussagen immer auf Alle anwendet. Ansonsten hat es den Beigeschmack von Scheinheiligkeit. Im amerikanischen sagt man, ma soll immer einen einfachen Test durchführen: „“the shoe on the other foot” test.“ – Alan Dershowitz, Harvard professor and famous lawyer.

Antworten
Gregor Wolckenhaar

Vielen Dank für den Kommentar! Ich habe Ihnen mal das Statement von Sanders zu dem Vorfall herausgesucht: „I have just been informed that the alleged shooter at the Republican baseball practice is someone who apparently volunteered on my presidential campaign,“ the Vermont independent said in brief remarks on the Senate floor. „I am sickened by this despicable act. Let me be as clear as I can be — violence of any kind is unacceptable in our society, and I condemn this action in the strongest possible terms. Real change can only come about through nonviolent action, and anything else runs counter to our most deeply held American values.“
(https://www.npr.org/2017/06/14/532935398/sanders-of-supporter-and-alleged-shooter-violence-of-any-kind-is-unacceptable?t=1610445887957)
Dem gegenüber steht eine ganze Reihe von Trump-Tweets mit Botschaften wie „Special People“ und „I love you“ und ein direkter Aufruf zum Marsch auf das Kapitol (https://www.youtube.com/watch?v=5fiT6c0MQ58), wobei er als amtierender Präsident genau über die Gefahrenlage informiert sein musste. Es gibt mehr als genug Gründe hier zwischen den einzelnen Vorgängen zu differenzieren.

Antworten
Gerhard M

Ja, ja. Das kenn ich alles. Nur es ist etwas zu wenig eine Entschuldigung von jemanden anzuführen und dann die dämlichen Tweets vom Trump vorher dagegenzustellen. Eines mal zur Klarstellung. Ich verteidige Trump keineswegs. Alles was ich sagen will, dass es immer dumme, oder zumindest leicht missverständliche Aussagen, tweets, etc gibt. Von allen Seiten. Alles was besser nicht gesagt oder geschrieben worden wäre.
Die Frage, die sich stellt. Ist jemand verantwortlich für etwas, was er gesagt oder geschrieben hat? Und da sag ich klar nein. Was würden wir dann mit dem Kommunistischen Manifest machen. Ein klarer Aufruf zur gewaltsamen Umsturz einer Gesellschaft oder Staat? Wer ist verantwortlich?
Ist, um ein anderes Beispiel zu geben, Kamala Harris, die neue Vize, verantwortlich für die Zerstörung von vielen, vielen kleinen Unternehmen, weil sie „für“ die Unruhen war und auch weil sie dazu aufgerufen hat für die rechtliche Vertretungen und Kautionen. der Unruhestifter zu spenden?
Wie man sieht wird diese Thematik schnell sehr kompliziert. Vor allem, wenn man beide Seiten sieht und nicht nur eine.

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