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Analyse

TYPO3: Ist das Backend barrierefrei bedienbar?

Viele technische Bemühungen, Barrieren von Websites auszuräumen, beziehen sich auf das Frontend. Dabei steht das Backend oft hinten an. Genau hier darf die barrierefreie Gestaltung digitaler Lebens- und Arbeitsbereiche aber nicht aufhören.

Von Alexa Kreßmann
4 Min.
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TYPO3-Backend. (Foto: monticello / shutterstock)

Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, allen Menschen einen gleichberechtigten Zugang zu relevanten Informationen und digitale Teilhabe zu ermöglichen. In Deutschland sind fast acht Millionen Menschen mit einer anerkannten Schwerbehinderung statistisch erfasst. Es liegen jedoch keine aktuellen, repräsentativen Erhebungen dazu vor, wie viele Betroffene es gibt, die in ihrer digitalen Teilhabe eingeschränkt sind. Beispielsweise werden blinde und sehbehinderte Menschen in Deutschland nicht gezählt.

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Laut Statistischem Bundesamt haben es Menschen mit Behinderung am Arbeitsmarkt nach wie vor schwer: Während die Erwerbsquote nichtbehinderter Menschen zwischen 15 und 64 Jahren bei 82 Prozent lag, waren im Jahr 2019 nur knapp 57 Prozent der Menschen mit Behinderung dieser Altersgruppe berufstätig oder suchten nach einer Tätigkeit.

Nehmen wir das Berufsbild Online-Redakteur:in: Die deutsche Gesetzgebung schreibt bei Stellenausschreibungen im öffentlichen Sektor vor, dass Redakteur:innen mit Behinderungen bei gleicher Eignung bevorzugt eingestellt werden sollten. Hierfür muss das Content-Management-System (CMS) für sie wahrnehmbar, bedienbar und verständlich sein – und das unter ihren individuellen technischen Voraussetzungen.

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Barrierefreiheit im TYPO3-Backend

Um zu untersuchen, wie barrierefrei das Backend des CMS TYPO3 ist, haben zwei blinde Menschen die Bedienung des Backends TYPO3 v11.5.1 getestet. In beiden Testfällen wurde die Bedienung des Backends auf einige häufig genutzte Redaktionsschritte reduziert.

Fallbeispiel 1

Matthias Henke ist seit 24 Jahren bei den DRK-Kliniken in Berlin beschäftigt und arbeitet seit drei Jahren als Online-Redakteur.

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Er testet im TYPO3-Backend den Login-Prozess, das Anlegen einer Seite und eines Content-Elements sowie die Funktionen Speichern, Bearbeiten und Löschen und die Anzeige im Frontend. Er arbeitet mit Lautsprecherboxen, dem Screenreader Jaws und der 80 Braillezeile.

Über sein Nutzungserlebnis des TYPO3-Backends sagt Matthias Henke: „Bei der Bedienung habe ich ein gutes Gefühl. In v11 ist mehr beschriftet, als es in v6 der Fall war. Veranstaltungen lassen sich leichter neu erstellen, eine direktere Bearbeitung ist möglich und es gibt weniger Tabellen und Listen als in v6.“

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Matthias Henke sitzt an einem Schreibtisch vor einem Monitor, einer Tastatur mit 80 Braillezeile und Lautsprecherboxen. Auf dem Bildschirm ist das TYPO3-System der DRK Kliniken geöffnet. (Bild: Matthias Henke)

Fallbeispiel 2

Dennis Westphal ist Business-Developer bei der Gesellschaft zur Entwicklung von Dingen (GzEvD) in Berlin, professioneller Tester und Blogger für Barrierefreiheit im Internet.

Er unterzieht das TYPO3-Backend einem „Usabilitally-Test“. Westphal untersucht in seinem Test den Login-Prozess sowie das Bearbeiten eines Seiteninhaltes. Mit dem „Sprachbetrachter“ des Screenreaders NVDA lässt er sich zur besseren Nachvollziehbarkeit die Sprachausgabe für diesen Test in Text anzeigen.

Über sein Nutzungserlebnis des TYPO3-Backends sagt Dennis Westphal: „Durch eine kurze Einführung im Vorfeld wusste ich grob, was mich erwartet. Hätte ich mich als neuer Nutzender ohne diese Einführung an das Backend gesetzt, oder hätte sich in der Zwischenzeit etwas Grundlegendes, beispielsweise die Reihenfolge der Formularfelder, verändert, wäre ich verloren gewesen. Ich wünsche mir, dass es zum regelmäßig getesteten Standard wird, Formularfelder und Schaltflächen mit sinnvollen Labels zu versehen.“

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Dennis Westphal am Tisch vor einem Mikrofon mit Kopfhörer sitzend. In der Hand ein Phone, vor sich ein Laptop. An der Wand dahinter Logos der Geschäftsbereiche der Gesellschaft zur Entwicklung von Dingen, zum Beispiel vom Bereich Broken Image. (Foto: Dennis Westphal)

Zusammenfassung

Die Nutzungserlebnisse von Matthias Henke und Dennis Westphal zeigen, dass durch die fehlende Ausgabe von Kontextänderungen, Aktionen und Labels ein Vorwissen vorausgesetzt wird. Es ist also zwingend ein (Auswendig-)Lernen notwendig, entweder durch Schulung oder durch Ausprobieren, welches Feld für welche Aktion steht. Workarounds wie Browser- und Jaws-Suche, Hilfe durch sehende Kolleg:innen bei neuen Vorgängen sowie Neustarts sind Bestandteil des Alltags blinder Redakteur:innen.

Grundlegend ist das CMS TYPO3 durch eine Vielzahl an Möglichkeiten gut geeignet, um im Backend von Redakteur:innen mit Sehbeeinträchtigungen bedient zu werden. Die digitale Barrierefreiheit des TYPO3-Backends ist im Laufe der Jahre und mit den aktuellen Versionen stetig verbessert worden, hält aber noch viel Potenzial bereit. Trotzdem lassen sich einige Verbesserungsvorschläge aus den zwei Fallbeispielen ableiten:

  • Ein separates Kapitel „Accessibility“ im TYPO3 Guide for Editors kann als sinnvolle Ergänzung dienen.
  • Alle sichtbaren Elemente mit relevanter Funktion sollten mit der Tastatur angesteuert werden können und zugänglich sein.
  • Nicht informationstragende Grafiken sollten für Screenreader verborgen werden.
  • In Buttons, die aus einem grafischen Element (Icon) sowie Text zusammengesetzt sind, ist es im Sinne der Barrierefreiheit sinnvoll, den Button als gesamtes fokussieren zu können und die Aktion zu erfahren, die er auslöst, anstelle der einzelnen Fokussierung mit Sprachausgabe „Schalter Grafik“ und „Schalter Inhalt“.
  • Labels zu Formularfeldern hinzuzufügen, hat einen hohen Einfluss auf den Grad der Barrierefreiheit und der Gebrauchsfreundlichkeit des CMS.
  • Nachdem Suchfelder angesteuert, verstanden und bedient worden sind, sollten auch die Suchergebnisse vorlesbar sein.
  • Jegliche Kontextänderung sollte für Screenreader interpretierbar sein: Wann öffnet oder schließt sich ein Menüpunkt, ist die Aktion eines Buttons erfolgt, eine Seite bearbeitbar, die Suche abgeschlossen oder die Ergebnisliste fertiggestellt?

Wie kann ich mithelfen?

Verbesserungsvorschläge können in den Optimierungsprozess von TYPO3 als Ticket eingespeist werden.

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Jeden dritten Freitag im Monat trifft sich das TYPO3-Accessibility-Team um 14 Uhr CEST im Video-Call via Slack im Channel #accessibility. Dort findet fachlicher Austausch statt und es können Fragen adressiert werden.

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