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Wie sich Deutschland beim Thema 5G ins Abseits manövriert

China, Huawei, Ethik, Binnenmarktpolitik, 5G – wo steht eigentlich der europäische Westen, wo steht Deutschland? „Im Abseits!“, konstatiert unser Gastautor unumwunden.

Von Sebastian Loock
4 Min. Lesezeit
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(Bild: Shutterstock)

Schlüsselwörter, Keywords, Buzzwords – in den omnipräsenten Digital-Diskussionen sind sie immer auch eine Wort-Mauer. Dahinter wird das Szenario in der Alltagspraxis und realen Wirtschaft in Deutschland als Versteckspiel vollzogen. Keyword-Chöre der Technologiebranche flanieren flächendeckend in den Gazetten, haste Töne? Dabei wird zu gerne im Windschatten dieser Wort-Power ein dynamischer Fortschritt suggeriert. Doch unter dem Kompetenz-Mikroskop wird schnell sichtbar, dass es sich oftmals um rein theoretische Ansätze handelt. So auch bei 5G.

Smart City ganz nah?

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Es wird im allgemeinen durch die Medien in der breiten Gesellschaft der Eindruck erweckt, dass wir sehr kurz davor sind, 5G flächendeckend gewinnbringend für uns einzusetzen und damit unsere komplette Wirtschaft nachhaltig zu revolutionieren: Fertigung von Produkten on Demand in Echtzeit direkt nach dem Online-Kaufabschluss; Smart-City-Konzepte mit der Wirkung, das gesamte Leben von uns durch das Internet der Dinge zu verändern. So die prognostizierte Zukunft mit dem Fokus auf Smart City: intelligente Mülleimer, die geleert werden, wenn sie eine gewisse Füllhöhe erreicht haben. Intelligente Ampelschaltung, intelligenter infrastruktureller Ausbau der Großstädte durch KI-Analysen der Verkehrsbewegungen, intelligente Flughäfen, wo Boarding per Face-ID erfolgt, ohne Tickets vorzuweisen. Klingt doch toll: Eine neue Welt entsteht! Aber ist es tatsächlich unsere Welt? Oder vielmehr die Zukunft von China?

Ohne Huawei geht es derzeit nicht

Huawei ist aktuell die einzige Firma, die die Technologie von 5G liefern kann. Genau aus diesem Grund wird auch in allen Medien diskutiert, ob Huawei – und damit auch China – in der Lage wären, den Westen auszuspionieren und ihre Marktführerschaft durch weitere Informationen über unser Verhalten noch weiter auszubauen. Die Antwort darauf ist: Theoretisch wäre das möglich. Dass das eine hochemotionale Debatte ist, sieht man auch daran, wie der stark kritisierte USA-Präsident Donald Trump seine Zähne zeigt und unbedingt verhindern will, dass Huawei-Hardware im Westen flächendeckend Anwendung findet.

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Huawei – why not?

Huawei ist technologischer Vorreiter, aber warum ist das so? Was kann der Westen dagegensetzen? Die Antwort auf diese Frage lautet leider: nicht viel. Wir werden es auch nie so können wie die Chinesen, weil es kulturelle, strukturelle und ethische Unterschiede zwischen dem Reich der Mitte und uns gibt, die eklatant sind. Dadurch werden die Chinesen ihren technologischen Vorsprung weiter ausbauen – und dabei ist an dieser Stelle 5G nur ein Platzhalter. Diese These lässt sich auf die drei großen Hemmnisse unserer westlichen Gesellschaft zurückführen:

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3 Hemmnisse, eine Wirkung

1. Der Westen verzichtet auf Marktrestriktionen im Stil der Chinesen

Zudem pflegt der Westen eine weltoffene Haltung. Das führt dazu, dass wir mit dieser Einstellung in Europa technologisch schon vor Jahren abgehängt wurden. Die Chinesen haben ihren Binnenmarkt geschlossen und dafür gesorgt, dass Firmen-Giganten wie Facebook, Google und Amazon auf dem chinesischen Markt blockiert wurden. Da der Bedarf nach einer ähnlichen Technologie vorhanden war, entstanden vom Staat geförderte Firmen wie Alibaba, Tencent oder Huawei, die durch den Binnenmarkt von 1,4 Milliarden Menschen nach westlichem Vorbild wachsen und sich entwickeln konnten. Durch diese Strategie wurden sie unabhängig von der westlichen Technologie und stellen heutzutage ein überlegenes Gegengewicht zu den westlichen Techfirmen dar.

2. China ist keine Demokratie und kennt keine DSGVO

Chinesische Firmen sind vom Staat kontrolliert und es gibt keinerlei Bedenken, die gesammelten personenbezogenen Daten zum eigenen Vorteil und zur Weiterentwicklung zu nutzen. Einige würden das Verhalten als skrupellos bezeichnen, jedoch sind sie genauso wie Google, Facebook und Co. – nur machen sie es ohne politische Bühne. Die Daten werden gesammelt, aggregiert und mit künstlicher Intelligenz ausgewertet und verwendet.

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Die Chinesen können mit ihrer Einstellung und ihrer Technologie Smart Citys bauen, indem sie das Nutzerverhalten bis ins letzte Detail, bis auf die Einzelperson, herunterbrechen. Das ist auf der einen Seite die absolute Kontrolle, aber wenn man keine Skrupel hat, dann birgt diese Vorgehensweise natürlich auch Informationen, aus denen ein großer Mehrwert gezogen werden kann. So werden in den Großstädten Chinas heute schon alle Bereiche wie Busse, Bahnhöfe, Straßen oder auch Flughäfen mit Kameras überwacht. Die Technologie ist jetzt schon so weit, die Einzelperson über Face-ID in Echtzeit zu identifizieren. Gepaart mit der richtigen Zuordnung des Smartphones und den Informationen über 5G in Echtzeit eröffnen sich schon sehr viele Möglichkeiten, Rückschlüsse in Bezug auf Wohnort, Einkaufsverhalten, Reiseverhalten und soziales Verhalten zu ziehen. Die absolute Kontrolle ermöglicht jedoch auch, dass die 5G-Technologie für sinnvolle Dinge genutzt werden kann. So wird zum Beispiel in Shenzhen die Infrastruktur nach den Bedürfnissen der Bevölkerung gebaut.

Da wir jedoch nie in der Lage sein werden, solche detaillierten Daten zu erheben, werden wir auch nie gleichwertig gute Analysen durchführen können und aufgrund unserer Ethik nie eine so gute Datenbasis zur Verfügung haben. Wir haben also schlichtweg überhaupt keine Chance, mit unserer ethischen Einstellung technologisch mitzuhalten.

3. Unsere bürokratische Struktur hemmt unsere Innovationschancen

Wer heute eine Firma gründet, muss wahrlich wagemutig sein. Denn die Förderungsmöglichkeiten für Ideen sind nicht ausreichend gegeben – und wenn es einen Gründer gibt, muss der als allererstes eine Person einstellen und finanzieren, die sich um den Datenschutz kümmert. Macht er es nicht, drohen Strafzahlungen und Abmahnungen. Wenn er es dann die ersten Monate überlebt hat, dann kommen die Steuervorauszahlungen, die seinem Geschäftsmodell den Rest geben.

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Fazit

Wir sind wirklich selbst schuld, dass wir uns im Westen und besonders in Deutschland mit Innovationen so schwer tun. Wir hinken so weit hinterher, dass wir mit 5G gar nichts anfangen können. Wer mit der Bahn quer durch Deutschland fährt und dabei online arbeiten muss, erlebt unendlich viele Unterbrechungen und Funklöcher. Was soll ich also mit 5G, wenn nicht einmal unsere Basics funktionieren? Wir schaffen es in Deutschland noch nicht einmal in den Großstädten, eine Versorgung von schneller Glasfaser als Internet-Basis-Versorgung herzustellen. Warum reden wir überhaupt über 5G, wenn wir noch nicht einmal 4G kontrollieren können? Wir befinden uns noch immer im Digi-Tal!

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Konrad

Was ist das denn für PR-Stück? Huawei unverzichtbar, Deutschland 5G-technisch abgehängt? Das mag ja von Lüneburg aus so wirken, ist aber inhaltlich ahnungslos bis falsch.

Es gibt natürlich andere Firmen wie Nokia, Ericsson und Samsung, die 5G-Infrastruktur bauen können – von Teilbereichen bis zum Komplettprogramm. Die sind halt teils teuer und deshalb wird Huawei gern zumindest als Ausschreibungsteilnehmer gesehen. Aber es ist wirklich nicht so, als wären die Chinesen allein.

Außerdem ist Deutschland nicht technologisch abgehängt bei 5G, im Gegenteil. Es war sogar federführend bei der Technologie-Entwicklung beteiligt, z. B. durch Prof. Fettweis in Dresden. Dort forscht man aktuell auch schon an 6G – der nächsten Generation.

Antworten
Titus von Unhold

Huaweis Konkurrenz ist um rund 50 Prozent teuerer und bei weitem nicht so flexibel wie die Chinesen. Nicht nur dass die Chinesen nahezu jeden Kundenwunsch realisieren der technisch machbar ist, nein, sie schaffen das oftmalsd auch binnen Wochen! Und dann gibt es die ein oder andere Funktion die nur Huawei in der Form hat.

Antworten
Konrad

„50 Prozent teuer“: Oh nein! Unternehmen aus Ländern ohne Manchester-Kapitalismus, Umerziehungslagern und Zweiklassengesellschaft Stadt-Land bei fehlender Personenfreizügigkeit sind teurer, wirklich schlimm.

„die ein oder andere Funktion die nur Huawei in der Form hat“: Welche denn? Diese schöne Chashback-Option, die früher mal altmodisch Korruption genannt wurde? Oder gibt es auch was an technischen Funktionen, die niemand anderes bietet? Da hab ich bisher nie einen Beweis bekommen, dass die Huawei-PR stimmen würde.

Heiko Roth

Mag sein, dass bei uns 5G (und jetzt 6G) entwickelt wird. Bei uns wurde auch das Fax erfunden und die Japaner haben Faxgeräte verkauft. Siemens hat mp3 und bunte Displays aufs Smartphone gebracht, zumindest die Entwicklung, man hat’s nicht verkauft. Und auch hier im Odenwald bin ich froh, wenn ich 3G finde und dass ich überhaupt irgendwie online bin. Im Regionalverkehr haben immerhin jetzt die Züge nach Heilbronn Wifi, die nach Heidelberg immer noch nicht. Und auch das Wifi im ICE muss besser werden. Und wenn jetzt 5G kommt, dann zuerst in den Großstädten. Toll. Überall anders habe ich eine Abdeckung von 100%. In Georgien an den Besatzungszone laden die Georgier Videos von russischen Grenzverstößen im nirgendwo per Mobilfunk hoch. Wie kann es sein, dass das bei uns nicht geht? Ist halt Neuland!!!

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dennis

Ich komme aus dem Ruhrgebiet – eine Region mit zig großen Städten und selbst hier gibt es zig Löcher.
Der Artikel beschreibt das Dillemma ziemlich gut und geht auch schonungslos mit den Fakten um. So ist das. Bis heute keine G4 Abdeckung und wir reden über G5. Lächerlich.

Konrad

Ich finde es auch toll, dass die Georgier in ihrem viel kleineren und dank Russland immer kleiner werdenden Land 5G haben – in 25 km Abstand zum Stadtzentrum der Hauptstadt. Aber auch Georgien wird nicht in jedem Kaukasustal 5G haben …

Frank Grossfuss

Eine nicht unerhebliche Tatsache (die permanent verschwiegen wird) sei hier noch erwähnt:
Ein 4G-Sendemast hat eine Sende-Reichweite von ca. 10 km – und trotzdem ist es nicht flächendeckend.
Ein 5G-Sendemast dagegen hat nur eine Reichweite von ca. 300 m.
Wieviel 5G-Sendemasten bräuchten wir fürein flächendeckendes Netz?

Übrigens: Die 5G-Basisstationen benötigen eine Versorgung per Glasfaser.
Die Glasfaser-Netzabdeckung liegt in Deutschland bei 3,1% – in Lettland bei 62,3%.

Tobias Manthey

In Bezug auf die DSGVO muss ich zustimmen. Eine Kommune wird z.B. keine Daten ihrer Access-Points im Stadtgebiet bereit stellen, denn es könnten ja irgendwo personenbezogene Daten enthalten sein. Damit fehlt jede Vorraussetzung für künstliche Intelligenz und letzten Endes auch die Smart City. Open-Data und DSGVO schließt sich in der Praxis aus. Problematisch ist nicht mal die DSGVO selbst. Was fehlt sind bundesweit rechtsverbindliche Richtlinien, wie die schwammigen Formulierungen im Gesetz zu interpretieren sind. Was ist personenbezogen? Was ist berechtigtes Interesse? Wie kann ich mich für hohen Strafen schützen? Hier haben 15 Datenschutzbeauftrage 15 Meinungen. Und selbst die ist nicht rechtsverbindlich. Insofern stellt sich die Frage wozu wir überhaupt 5G brauchen. Die Anwendungen, die von 5G profitieren wird es hier Dank DSGVO nicht geben.

Antworten
Konrad

@dennis

Das man sich über fehlende Netzabdeckung ärgert, verstehe ich, aber hier wird China als glorreiches Zukunftsland und Gegenmodell konstruiert. Das ist aber Quatsch. Eine 100%ige Abdeckung geht allein geografisch nicht und auch China installiert 5G, obwohl anderswo noch nichtmal 2G funktioniert. Vgl. https://www.nperf.com/de/map/CN/-/-./signal/

Leute die darauf bestehen, dass bei ihnen 3G funktioniert, bevor 5G installiert werden darf, lassen sich dann wohl auch erstmal Windows 3.11 installieren, bevor sie schrittweise upgraden. Oder bevor eine Asphalt-Straße gebaut wird, muss erstmal Kopfsteinpflaster sein …

Und wir sind nicht „schuld“, wenn wir uns mit dem freieren Handlungsspielraum einer Diktatur bzgl. Daten schwertun. Da kann man den alten Spruch wieder rausholen und abwandeln zu „Geh doch nach China. (Aber erwarte keine Pakete ins Gefängnis.)“

Antworten
Kai

Worüber wird denn hier diskutiert? Ich finde den Artikel ebenfalls schonungslos wobei man nicht sagt 100% Huawei pro sondern einfach in China nutzen die Chinesen selbst die Bezahlung durch Daten, haben hierdurch den Vorteil von und zu mehr Inovationen und Know How. Die Deutschen sind in Tech schon lange nicht mehr führend (ich erinnere mich gerade schmunzelnd dass wir das bei 6G waren (wo bleibt das sind?)) und durch die DSGVO dürfen Deutsche und Europäer zwar mit Daten nicht mehr handeln, dafür klaut Schmalzlocke nebst Google Facebook und Co weiter die Daten oder wer meint, dass ein DuDuDu der geliebten Kanzlerin ausreicht, das Spionage und Datenkrake von den sogenannten Partnern und Provitören aufhört… – Nun denkt es euch selbst…

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