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Ukrainische Regierung veröffentlicht Daten von russischen Soldaten und Geheimdienstpersonal

Im Krieg Russlands gegen die Ukraine wird das Doxing zur Waffe. Sowohl die ukrainische Regierung als auch verschiedene Hackergruppen veröffentlichen russische Daten in nie gesehenem Ausmaß.

Von Dieter Petereit
4 Min.
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Im Cyberwar zwischen der Ukraine und Russland werden so viele Daten geleakt wie nie zuvor. (Bild: PHOTOCREO Michal Bednarek / Shutterstock)

Die ukrainische Regierung greift zu ungewöhnlichen Methoden. Sie hat zwei große Datensammlungen mit Personendaten veröffentlicht. Dabei handelt es sich um Listen mit Namen, Geburtsdaten, Passnummern, Berufsbezeichnungen und vielen weiteren Informationen.

Ukrainischer Geheimdienst zu Russen-Leaks: „Jeder Europäer sollte ihre Namen kennen“

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Die eine der beiden Sammlungen soll die persönlichen Daten von 1.600 russischen Soldaten, die in Bucha dienten, beinhalten. Das ist der Vorort von Kiew, der wegen der mutmaßlich durch russische Besatzer verübten Gräueltaten internationale Bekanntheit erlangt hatte. Die zweite Sammlung soll die Namen und Kontaktdaten von 620 russischen Geheimdienstlern beinhalten, die in der Moskauer Niederlassung des FSB, der wichtigsten Sicherheitsbehörde des Landes, registriert sind.

„Jeder Europäer sollte ihre Namen kennen“, schrieben ukrainische Beamte in einem Facebook-Post zur Veröffentlichung der Daten. Das berichtet Wired.

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Abseits dieser beiden Veröffentlichungen sind seit dem Beginn der Invasion riesige Mengen an Informationen über den russischen Staat und seine Aktivitäten an die Öffentlichkeit gelangt. Die Daten beeindrucken Experten und Ermittelnde, die daraus beispiellose Einblicke in abgeschottete private Einrichtungen gewinnen können. Späterhin dürften die Daten bei der Untersuchung möglicher Kriegsverbrechen eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen.

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Echtheit der Daten schwer zu prüfen – Aktualität ebenso

Dabei lassen sich zwei wesentliche Quellen für die Datenleaks ausmachen. Zum einen handelt es sich um Informationen, die von den ukrainischen Behörden oder ihren Verbündeten proaktiv veröffentlicht wurden. Zum anderen handelt es sich um Daten, die von sogenannten Hacktivisten (Kunstwort aus Hacker und Aktivist) beschafft wurden. Hunderte von Gigabyte an Dateien und Millionen von E-Mails wurden bislang öffentlich gemacht.

Dabei ist – wie stets – unklar, wie die Informationen zu bewerten sind. Nehmen wir etwa die Listen der angeblichen FSB-Offiziere und der russischen Truppen in Bucha. Die wurden Ende März und Anfang April online veröffentlicht. Die Richtigkeit der Daten lässt sich nicht überprüfen und wurde auch von den ukrainischen Behörden nicht bewiesen.

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Investigativjournalist Aric Toler vom Portal Bellingcat hält sie allerdings für echt. Er hatte getwittert, dass die Daten zu den FSB-Agenten anscheinend aus früheren Leaks und offenen Quellen zusammengestellt wurden. Damit seien sie zwar echt, aber es bliebe unklar, wie aktuell die Informationen sind. Bellingcat hatte selbst erst kürzlich interessante Daten analysiert.

Kriegshistoriker: Feindeslisten sind nicht neu, nur neuerdings sehr lang

Jack McDonald, Dozent für Kriegsstudien am King’s College in London, räumt zwar ein, dass das Ausmaß der aktuellen Veröffentlichungen neu sei, im Krieg hätten sich Nationen im Laufe der Geschichte aber immer wieder an Listen ihrer Gegner versucht, etwa um Aufstände gezielt bekämpfen zu können.

Obschon es sich bei dem Vorgehen um das an sich verpönte „Doxing“ handele, will McDonald dem Vorgehen nicht die Legitimation absprechen. Immerhin sei diese Veröffentlichung von Namen und persönlichen Daten im Zusammenhang mit militärischen Einrichtungen oder sogar Kriegsverbrechen zu sehen. Dabei stehe die Verletzung der Privatsphäre von Menschen „ganz unten auf der Liste“ der Optionen, wie jemandem während eines Konflikts Schaden zugefügt werden könne, so McDonald.

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Allerdings sei es wichtig, möglichst auszuschließen, dass falsche Informationen veröffentlicht würden. So könnte eine falsche Person auf der richtigen Liste schnell in reale Gefahr geraten. Neben dem bereits genannten Nutzen, auf diese Weise ein Archiv für künftige Ermittelnde anzulegen, sieht Philip Ingram, ehemaliger Oberst des britischen Militärgeheimdienstes, einen psychologischen Aspekt mit Blick auf den Gegner, aber auch mit Blick auf die eigene Bevölkerung.

„Sie zeigen den Russen, dass sie Zugang zu den Daten haben“, sagt Ingram. Für die Menschen in der Ukraine sei die Veröffentlichung der Daten ein Hinweis darauf, dass die ukrainischen Geheimdienste die gegen sie gerichteten Bedrohungen überwachen. Und auf internationaler Ebene könnten die Informationen für Nachrichtendienste wie die US-amerikanische CIA oder den britischen MI6 nützlich sein. Denn diese ausländischen Dienste hätten selbst nicht immer alle Informationen. Und selbst wenn doch, sei es immer gut, „Informationen aus einer anderen Quelle zu bekommen – auch wenn man glaubt, sie schon zu haben -, denn dadurch werden die eigenen Quellen bestätigt.“

Hacktivisten veröffentlichen massenhaft Daten

Neben den von globalen und nationalen Geheimdiensten veröffentlichten Informationen geben auch Hacktivisten, die sich als Teil der freiwilligen IT-Armee der Ukraine verstehen, fleißig Daten an die Öffentlichkeit.

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So hat etwa die Gruppe Distributed Denial of Secrets (DDoSecrets) seit dem Einmarsch von Putins Truppen in die Ukraine Ende Februar mehr als ein Dutzend Datensätze mit Bezug zu Russland veröffentlicht. „Putin hat den russischen Interessen eine Zielscheibe auf den Rücken gesetzt, und sie werden alle auf einmal getroffen“, schrieb die Mitbegründerin von DDoSecrets, Emma Best, in einer auf Twitter veröffentlichten Erklärung.

DDoSecrets hat laut Best bisher mehr als 700 Gigabyte an Daten der russischen Regierung und mehr als drei Millionen russische E-Mails und Dokumente veröffentlicht. „Offen gesagt“, schrieb Best, „haben wir noch nie so viele Daten aus Russland gesehen.“

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