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MIT Technology Review News

Unsicher bei Impfungen? Neue Ansätze sollen helfen, bei Vorbehalten besser zu beraten

Impfgegner oder Impfverweigerer bezeichnen Menschen, die strikt gegen Impfungen sind. Allerdings gibt es auch Abstufungen. Damit medizinisches Personal den Bedenken verunsicherter Menschen gezielter begegnen kann, untersuchen Forscher:innen die Zusammenhänge.

Von MIT Technology Review Online
5 Min.
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Eine gezielte Beratung ist in der Kommunikation zwischen Ärztin und Patientin besonders bei Impfbedenken wichtig. (Foto: Shutterstock.com)

Letzte Woche musste sich Robert F. Kennedy Jr., der von Präsident Donald Trump ausgewählte Gesundheitsminister, bei der Senatsanhörung zur Bestätigung seiner Kandidatur kritischen Fragen stellen. Die Anhörung war dramatisch, mit vielen hitzigen Wortwechseln, Schreien der Zuhörer und schädlichen Enthüllungen.

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Es gab auch viele Diskussionen über Impfstoffe. Kennedy ist seit Langem ein lautstarker Kritiker von Vakzinen. Er hat nicht nur Fehlinformationen über ihre Wirkung verbreitet und eine Petition an die Regierung gerichtet, um die Zulassung von Impfstoffen zu widerrufen. Er hat auch Pharmaunternehmen verklagt, die Impfstoffe herstellen.

Impfungen: eine der großen globalen Gesundheitsfragen

Kennedy hat seine Unterstützer:innen. Aber nicht alle, die sich gegen Impfungen entscheiden, teilen seine Weltanschauung. Es gibt eine breite Palette an Gründen, warum Menschen sich oder ihre Kinder nicht impfen lassen. Das Verständnis dieser Gründe könnte helfen, ein Problem anzugehen, das heute als eins der großen globalen Gesundheitsprobleme gilt. Deshalb arbeiten viele Forscher:innen an Instrumenten, die genau das tun sollen.

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Jonathan Kantor zum Beispiel, der an der University of Pennsylvania in Philadelphia und der University of Oxford im Vereinigten Königreich forscht, hat eine Skala zur Messung und Bewertung der „Impfskepsis“ entwickelt. Mit diesem Begriff ließen sich die verschiedenen Meinungen von Menschen, die sich nicht impfen lassen, am besten erfassen, sagt Kantor.

„Früher haben wir eher dazu tendiert, jemanden als Impfverweigerer oder -gegner zu bezeichnen“, sagt er. Aber auch wenn einige Menschen unter diesem Begriff aus verschiedenen Gründen strikt gegen Impfungen sind, so sind es doch nicht alle von ihnen. Einige sind vielleicht unsicher oder haben ambivalente Gefühle. Andere haben spezifische Ängste, vielleicht vor Nebenwirkungen oder sogar vor Injektionen.

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„Die Vorbehalte gegen Impfungen werden von einer sehr heterogenen Gruppe geteilt“, sagt Kantor. Zu dieser Gruppe gehören „alle, die ein wenig misstrauisch sind […] und sich mehr Informationen wünschen […] bis hin zu denjenigen, die strikt dagegen sind und es als ihre Lebensaufgabe ansehen, das Evangelium über die Risiken von Impfungen zu verbreiten.“

Umfrage zu Impfskeptizismus

Um herauszufinden, wo der Einzelne sich in diesem Spektrum befindet und warum, durchforsteten Kantor und seine Kolleg:innen die veröffentlichten Forschungsergebnisse zu Impfskeptizismus. Sie schickten Umfragen an 50 Personen und stellten ihnen detaillierte Fragen zu ihren Gefühlen gegenüber Impfstoffen. Die Forscher:innen waren auf der Suche nach Themen: Welche Themen tauchen immer wieder auf?

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Sie fanden heraus, dass die wichtigsten Bedenken in Bezug auf Impfstoffe in drei Kategorien eingeteilt werden können: Überzeugungen, Schmerzen und Abwägungen. Die Überzeugungen könnten etwa so lauten: „Es ist ungesund, dass Kinder so oft geimpft werden, wie es heute der Fall ist. Die Bedenken in Bezug auf den Schmerz beziehen sich eher auf die unmittelbaren Folgen der Impfung, etwa auf die Angst vor der Injektion. Abwägungen schließlich beziehen sich auf das Bedürfnis mancher Menschen, „ihre eigenen Nachforschungen anzustellen“.

Kantor und sein Team nutzten ihre Erkenntnisse, um einen Fragebogen mit 13 Fragen zu entwickeln, den sie an 500 Personen aus dem Vereinigten Königreich und 500 weiteren aus den USA testeten. Sie fanden heraus, dass die Antworten auf den Fragebogen vorhersagen konnten, ob jemand gegen Covid-19 geimpft worden war.

Die Studie ist nicht die erste Skala über Impfskeptiker, ähnliche Fragebögen wurden bereits von anderen entwickelt, die sich oft auf die Gefühle der Eltern gegenüber den Impfungen ihrer Kinder konzentrieren. Laut Kantor ist dies jedoch der erste Fragebogen, der das Thema der Abwägung einbezieht – ein Konzept, das in den ersten Tagen der Einführung der Covid-19-Impfung anscheinend immer beliebter wurde.

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Wie Gefühle Einfluss auf die Haltung gegenüber Impfungen haben

Nicole Vike von der University of Cincinnati und ihre Kolleg:innen verfolgen einen anderen Ansatz. Ihrer Ansicht nach haben Forschungsergebnisse gezeigt, dass die Gefühle der Menschen in Bezug auf Risiken und Vorteile die Entscheidung für eine Impfung beeinflussen, wenn auch nicht unbedingt auf einfache oder direkte Weise.

Um diesen Zusammenhang besser zu verstehen, befragte das Team von Vike über 4.000 Personen zu ihrer Person und zu ihren Gefühlen bei der Ansicht von einer Reihe von Bildern unter anderem über Sportarten, Naturszenen sowie niedlichen und aggressiven Tieren. Mithilfe von maschinellem Lernen erstellten sie ein Modell, das auf der Grundlage dieser Ergebnisse vorhersagen konnte, ob sich eine Person wahrscheinlich gegen den Covid-19-Erreger Sars-CoV-2 impfen lassen würde.

Diese Umfrage könnte leicht an Tausende von Menschen verteilt werden und ist so unauffällig, dass die Teilnehmer möglicherweise gar nicht bemerken, dass sie Informationen über ihre Impfstoffwahl sammeln, schreiben Vike und Kollegen in ihrer Publikation im Fachjournal „JMIR Public Health & Surveillance“, in dem sie ihre Forschung beschreiben. Die gesammelten Informationen könnten zudem den öffentlichen Gesundheitszentren dabei helfen, zu verstehen, wo es eine Nachfrage nach Impfstoffen gibt, und umgekehrt, wo Ausbrüche von durch Impfung vermeidbaren Krankheiten wahrscheinlicher sind.

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Für maßgeschneiderte Informationen

Modelle wie diese könnten bei der Bekämpfung der Impfmüdigkeit hilfreich sein, sagt Ashlesha Kaushik, Vizepräsidentin des Iowa Chapter der American Academy of Pediatrics. Die Informationen könnten es den Gesundheitsbehörden ermöglichen, maßgeschneiderte Informationen und Unterstützung für bestimmte Bevölkerungsgruppen bereitzustellen.

Kantor, der selbst praktizierender Arzt ist, hofft, dass sein Fragebogen Ärzt:innen und anderen Angehörigen der Gesundheitsberufe einen Einblick in die Bedenken ihrer Patienten verschafft und ihnen Möglichkeiten aufzeigt, wie sie auf diese eingehen können. Für Ärzte ist es nicht immer praktikabel, sich mit ihren Patienten zu langen, ausführlichen Diskussionen über die Vor- und Nachteile von Impfstoffen zusammenzusetzen. Aber wenn ein Patient ein paar Minuten damit verbringen kann, vor dem Termin einen Fragebogen auszufüllen, hat der Arzt einen Ausgangspunkt für ein respektvolles und fruchtbares Gespräch über dieses Thema.

Wenn es um Impfvorbehalte geht, brauchen wir alle Erkenntnisse, die wir bekommen können. Durch Impfungen werden jedes Jahr Millionen von Todesfällen verhindert. Nach Angaben des Kinderhilfswerks UNICEF sterben jedes Jahr eineinhalb Millionen Kinder unter fünf Jahren an durch Impfung vermeidbaren Krankheiten. Im Jahr 2019 hat die Weltgesundheitsorganisation „Impfverweigerung“ auf ihre Liste der zehn Bedrohungen für die globale Gesundheit gesetzt.

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Masern als Beispiel für Zögerlichkeiten bei Impfungen

Wenn die Impfraten sinken, kommt es zu Ausbrüchen der Krankheiten, vor denen Impfstoffe schützen. Das ließ sich in letzter Zeit häufig bei den Masern beobachten, die unglaublich ansteckend sind. Letztes Jahr wurden in den USA sechzehn Masernausbrüche gemeldet.

2023 verpassten weltweit mehr als 22 Millionen Kinder ihre erste Dosis des Masernimpfstoffs, und die Masernfälle stiegen um 20 Prozent. Diese Entwicklung zog sogleich weitere Folgen nach sich: Nach Angaben der US-Zentren für Krankheitskontrolle und -prävention (CDC) starben in diesem Jahr weltweit über 107.000 Menschen an Masern. Die meisten von ihnen waren Kinder.

Zögerlichkeit bei Impfungen ist gefährlich. „Sie schafft ein bedrohliches Umfeld, in dem diese durch Impfung vermeidbaren Krankheiten ein Comeback feiern können“, sagt Kaushik. Kantor stimmt dem zu: „Alles, was wir tun können, um das zu mildern, ist großartig.“

Dieser Artikel stammt von Jessica Hamzelou. Sie ist Senior Reporter bei der US-amerikanischen Ausgabe von MIT Technology Review und schreibt über Biomedizin und Biotechnologie.
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