Problem Starkregen: Darum wird das Extremwetter weiter zuschlagen
Starkregen und Unwetter hatten in der vergangenen Nacht vor allem den Westen Deutschlands fest im Griff. In Nordrhein-Westfalen, dem Saarland, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg fielen erhebliche Niederschläge. Laut Deutschem Wetterdienst (DWD) bis zu 60 Litern pro Quadratmeter. Während sich der Regen laut Prognose im Laufe des Nachmittags nur noch auf kleinräumige Gebiete in Richtung Nordosten beziehen soll, laufen die Aufräumarbeiten in Gegenden, in denen der Starkregen seine Spuren hinterlassen hat. Zurück bleibt auch die Frage, wie häufig sich die Menschen in Deutschland mit solchen extremen Wetterlagen konfrontiert sehen müssen.
Wie kommen solche Starkregen-Ereignisse zustande?
Seit Jahrzehnten warnen Klimaforscher:innen vor den Auswirkungen der zunehmenden Erderwärmung. Hitzewellen und Starkregen wie die aktuellen Ereignisse sind im Prinzip zwei Seiten derselben Medaille.
Dabei ist das grundlegende physikalische Prinzip für herbstliche und winterliche Überschwemmungen eigentlich sehr einfach zu erklären: Je wärmer die Luft, desto mehr Wasser nimmt sie auf. Das verdampft entweder aus den derzeit weltweit überhitzten Meeren oder sie saugt es während der Hitzewellen aus Böden und Pflanzen.
Mit jedem Grad Erwärmung nimmt Luft nämlich rund sieben Prozent mehr Wasserdampf auf. Der Physiker Emile Clapeyron erkannte das bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Sein Kollege Rudolf Clausius leitete diese Grundregel 15 Jahre später dann theoretisch aus den Gesetzen der Thermodynamik her. Die nach diesen beiden Physikern benannte Clausius-Clapeyron-Gleichung erklärt sowohl die Zunahme von Dürren, als auch die von Extremregen bei steigenden Temperaturen.
Wenn warme, nasse Luftmassen aufsteigen, kühlt sich die Luft mit jedem Kilometer Höhe um etwa sechs Grad ab. Sie kann somit immer weniger Wasser halten, das dann als Regen ausfällt.
In einer Studie von 2024 konnten Forscher:innen des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) beispielsweise zeigen, dass die Häufigkeit extremer Niederschläge in der Tat weltweit exponentiell zunimmt. Die bisherigen Klimamodelle haben das Ausmaß deutlich unterschätzt. „Die aktuellen Klimamodelle variieren darin, wie stark extreme Niederschläge mit der globalen Erwärmung ansteigen, und sie unterschätzen diesen Anstieg im Vergleich zu historischen Beobachtungsdaten“, erklärt Max Kotz, der Erstautor der Studie. Anders Levermann, Abteilungsleiter beim PIK und ebenfalls Autor der Studie ergänzt: „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Klimafolgen noch schlimmer sein könnten, als wir dachten. Extreme Regenfälle werden stärker und häufiger auftreten. Darauf müssen wir uns als Gesellschaft einstellen.“
Welche Gebiete sind von Extremwetter betroffen?
Die weltweite Zunahme von Extremereignissen über den Landgebieten trifft allerdings vor allem tropische Regionen. In Europa wird es vorwiegend im Winter nördlich der Alpen mehr regnen. Die Sommer werden zwar trockener, aber wenn es dann mal regnet, schüttet es stärker als früher.
Entsprechend der Clausius-Clapeyron-Gleichung bestimmt in der Tat vor allem die Temperatur den Anstieg von Starkregen, weniger veränderliche Einflüsse, wie Luftdruck und Wind, so das Ergebnis der Studie. „Die gute Nachricht ist, dass dadurch extreme Niederschläge in Zukunft besser prognostizierbar sind. Die schlechte Nachricht ist: Starkregenereignisse werden noch häufiger und intensiver auftreten, solange wir die globalen Temperaturen durch den Ausstoß von Treibhausgasen weiter in die Höhe treiben“, fügt Levermann hinzu.
Ursache für Überflutungen durch Starkregen
Seit 1881 hat der winterliche Niederschlag in Deutschland laut Umweltbundesamt um 25 Prozent zugenommen. Allein gegenüber den Referenzperioden 1961 bis 1990 und 1991 bis 2020 nahm der Regen um über 20 Prozent zu, wie der Deutsche Wetterdienst (DWD) berechnete.
Dass Überflutungen nach Sturz- oder Dauerregen zu Katastrophen werden, liegt an Versäumnissen der Vergangenheit. Obwohl seit Jahrzehnten klar ist, dass es mehr Extremregenereignisse geben wird, wurden einerseits Flüsse und Bäche bisher kaum aus ihren Deichkorsetts befreit und zu wenig Überflutungsflächen geöffnet. Wenn sich die Böden nach Dauerregen mit Wasser vollgesogen haben, bleibt nur die Ausbreitung in die Fläche.
Doch nach wie vor passiert das Gegenteil: Immer mehr Landflächen werden versiegelt, die dann nicht mehr als Wasserspeicher taugen. Nach Angaben des Umweltbundesamtes hat die Bodenversiegelung zwischen 1992 und 2021 im Durchschnitt jährlich um 168 Quadratkilometer zugenommen – jedes Jahr eine Fläche von der Größe Wuppertals.
Dieser Artikel wurde erstmals am 12.1.2024 veröffentlicht. Aufgrund der Unwetter und Starkregen-Ereignisse in Teilen Deutschlands ist sein Inhalt aber weiterhin zutreffend. Deshalb haben wir ihn mit aktuellem Bezug hier nochmals zur Verfügung gestellt.