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Fahrverbote für Diesel: Warum das Urteil keine Luftnummer ist

Endlich Rechtssicherheit: Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge grundsätzlich möglich sind. Das stößt eine längst überfällige Debatte an.

Von Ekki Kern
3 Min. Lesezeit
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Ausgedieselt? Das Urteil des Bundesverwaltungsgericht könnte weitreichende Folgen haben. (Foto: Kichigin/Shutterstock)

Nachdem die Entscheidung vergangene Woche vertagt wurde, hat das Bundesverwaltungsgericht heute Fahrverbote für Dieselfahrzeuge grundsätzlich für rechtens erklärt. Nicht mehr, aber eben auch nicht weniger.

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Die genauen Regelungen, die in Deutschland künftig angewendet werden, sind noch unklar. Und es wird viele Ausnahmen geben, das steht bereits jetzt fest. Deshalb warnen Kritiker schon jetzt von einem Deutschland überziehenden Flickenteppich, der dafür sorgen könnte, dass in Stuttgart für Autofahrer künftig andere Spielregeln gelten könnten als in München oder Köln.

Trotzdem: Als leidgeprüfter Großstadtbewohner und nach dem miterlebten Schmierentheater von Autobranche und Politik der vergangenen Monate muss man positiv überrascht sein von diesem Urteil. Und das bin auch ich.

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Endlich Rechtssicherheit!

Nicht etwa, weil ich hämisch auf alle Dieselbesitzer blicke, sondern weil dieses Urteil endlich Rechtssicherheit schafft. Und weil es allein das Potenzial hat, jene Diskussion anzustoßen, die längst überfällig ist, und die – man muss es so sagen – die Autoindustrie gemeinsam mit der Bundesregierung bislang systematisch unterdrückt hat.

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Es geht darum, endlich ganzheitliche, gesellschaftlich und verkehrspolitisch tragfähige Konzepte zu entwickeln, die das leidige Thema Luftverschmutzung (und vielleicht sogar das der zukunftsweisenden Mobilität) einmal ernsthaft diskutieren und Konkretes folgen lassen.

„Wir schaffen saubere Luft nur mit einem Bündel aus Maßnahmen“, sagte am Dienstagmittag der Verkehrsminister von Baden-Württemberg, Winfried Hermann (Grüne). Und: Der Mann hat Recht.

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Ja, es geht um Software-Updates, aber eben auch um die Hardware-Nachrüstungen, die die deutsche Autoindustrie bislang kollektiv ablehnt. Es geht ums Thema blaue Plakette, die einheitliche Regelungen für ganz Deutschland schaffen könnte. Aber es geht eben noch mehr um ein neues Denken, um, ja, unter Umständen auch langwierige Prozesse, die jetzt angestoßen werden müssen.

Schluss mit Individualverkehr!

Der Präsident des Bitkom, Achim Berg, hat die geplanten Fahrverbote heute insofern kritisiert, als er behauptet, mit diesen doktere man lediglich an den Symptomen herum. Die Ursachen der Luftverschmutzung, sagt er, blieben unangetastet. Und auch er hat Recht. Es müsse Schluss sein mit diesem „ineffizienten Individualverkehr auf Basis fossiler Energieträger“. Besser, sagt Berg, wäre es, „sehr schnell und konsequent auf vernetzte und intelligente Mobilität zu setzen“.

Auch wenn Deutschland bisher nicht das beste Beispiel war, wie man Fortbewegung neu denkt, muss man der Fairness halber festhalten, dass auch hierzulande in den vergangenen Monaten und Jahren eine ganze Menge innovativer Angebote rund um Bike-, Car- und Ride-Sharing gestartet sind. Und sogar die Autoindustrie hat sich mittlerweile Gedanken gemacht und ein paar Visionen gezimmert.

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Nicht nur der Bitkom fordert nun, Kommunen und öffentliche Nahverkehrsbetriebe müssten in diesen Bereichen dringend verstärkt Kooperationen eingehen, und zwar um diese komfortablen und effizienten Lösungen mit den bestehenden ÖPNV-Angeboten zu verknüpfen.

Update fürs Personenbeförderungsgesetz

Auch die Politik muss endlich Maßnahmen ergreifen, etwa das Personenbeförderungsgesetz an das digitale Zeitalter anpassen. Bislang behindern antiquierte Vorgaben aus dem vorigen Jahrhundert innovative Verkehrsanbieter und Startups. Dazu gehören zum Beispiel die Rückkehrpflicht für Mietwagen mit Fahrer, das Verbot des Poolings dieser Fahrzeuge, eine staatliche Mengensteuerung über Konzessionen und Preisbindung sowie die strikte Haltestellenbedienung im Linienverkehr.

Und dann wären da noch die Kommunen. Diese dürfen weder beim Thema anstehender Fahrverbote allein gelassen werden noch dann, wenn es darum geht, sie bei der Etablierung einer intelligenten Verkehrssteuerung zu unterstützen. „Mit Hilfe von Sensoren im Verkehrsnetz sowie Datenanalysen und Systemen mit künstlicher Intelligenz ließe sich bereits heute der Verkehr deutlich effizienter und damit umweltschonender leiten“, sagt nicht nur der Chef des Bitkom. Hier, sagt Achim Berg, fehle es „eindeutig am politischen Willen und an den finanziellen Ressourcen“, um dieses Potenzial zu nutzen.

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Sicher, alles was jetzt kommt, ist ein politischer und gesellschaftlicher Prozess – der, wie immer, Zeit braucht. Zeit, die die verschmutzten Städte eigentlich nicht haben, und Zeit, die sich Deutschland als Land, das viel auf sich hält, nicht leisten sollte.

Trotzdem: Das Urteil, das die Richter heute gefällt haben, sendet ein erstes positives Signal in die richtige Richtung aus. Es unterstreicht, dass durchaus auch sinnvolles europäisches Recht über dem deutschen stehen kann und dass es festgelegte Spielregeln gibt, an die sich Städte und Kommunen halten müssen. Das ist im Interesse aller Bürger, übrigens auch der Autofahrer. Und das ist nach all den erlebten verkehrspolitischen Luftnummern der vergangenen Jahre ein Zeichen der Hoffnung.

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