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Was zur Hölle ist eigentlich bei Von Floerke passiert?

Wochenlang zoffte sich das mit der Pleite ringende Mode-Startup Von Floerke mit Investor Frank Thelen. Ein Treffen vor Gericht schien unvermeidbar. Jetzt gibt es eine überraschende Wende.

Von Jochen G. Fuchs
4 Min. Lesezeit
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Von Floerke-Gründer David Schirrmacher. (Foto: © Von Floerke)

Das bekannte Mode-Startup Von Floerke scheint die drohende Pleite abgewendet zu haben. Wie Gründer David Schirrmacher gegenüber t3n bestätigt, wurde mit 126 Gläubigern ein Schuldenschnitt vereinbart, auch mit Anlegern der Kreditplattform Kapilendo stehe das Unternehmen in fortgeschrittenen Verhandlungen: „Spätestens in drei bis vier Wochen haben wir auch hier eine Einigung“, sagte Schirrmacher.

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Auch Frank Thelen ist mittlerweile aus dem DHDL-Startup ausgestiegen. Für einen symbolischen Euro hat der TV-Investor seine Anteile an den Von-Floerke-Gesellschafter Nic Mewes überschrieben. Zwar muss Thelen noch eine Unterschrift einreichen, damit der Deal rechtskräftig ist – doch das dürfte nur noch Formsache sein. Über die Einigung hatte der Tagesspiegel zuerst berichtet.

Wochenlange Schlammschlacht

Damit endet wohl auch ein beispielloser Zoff in der deutschen Gründerszene. Wochenlang hetzte Von-Floerke-Gründer David Schirrmacher seine Fangemeinde auf Facebook gegen Investor Frank Thelen auf. Um seine Schulden zu begleichen, verkaufte der Modehändler „Frank Thelen muss raus“-Boxen und stachelte Kunden mit irren Rabattcodes zu Bestellungen an. Per Livestream versprach Schirrmacher sogar die Herausgabe von Thelens Handynummer, sollten Kunden mindestens 500 Boxen bestellen. Hinzu kamen diverse Montagen von Filmplakaten mit Titeln wie „Fack Ju Frank 3“. Der Investor schickte daraufhin seine Anwälte auf los.

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Dabei hatte alles so glamourös angefangen. 2014 gründete Schirrmacher mit Von Floerke ein Label für hochwertige Herrenmode. Ein Jahr später stellte er die Idee in der TV-Show „Die Höhle der Löwen“ vor. Mit Erfolg: Gleich drei Geldgeber konnte der damals 21-Jährige überzeugen, darunter auch Frank Thelen. Der Starinvestor stieg zusammen mit Judith Williams und Vural Öger in den Modehändler ein.

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Von da an brummte das Geschäft mit Fliegen, Anzügen und Hemden. Schirrmacher ließ sich als Millionär feiern und im Porsche ablichten. Im März 2017 erreichte Von Floerke einen Monatsumsatz von 250.000 Euro aus Großhandelsbestellungen der Fashionweek. Im selben Jahr sammelte das Startup auf der Kreditplattform Kapilendo 1,2 Millionen Euro ein. Es folgten größere Büros, neue Mitarbeiter und auch erste Ladengeschäfte. Eine ganze Franchisekette schwebte Schirrmacher vor.

Alkohol bringt Von Floerke in Not

Doch in den Monaten darauf geriet Von Floerke in finanzielle Schieflage. Um das angestrebte Wachstum zu realisieren, unterschrieb Schirrmacher einen notariell beglaubigten Beteiligungsvertrag mit einem neuen Investor. Schon damals wollte Frank Thelen nach jüngsten Erkenntnissen aus dem Startup aussteigen – auch auf Wunsch von Schirrmacher. Insgesamt sollten 4,5 Millionen Euro investiert werden. Drei Millionen davon sollten in ein Unternehmen fließen, das von Schirrmachers Gesellschaft und Brands4Friends-Gründer Christian Heitmeyer gehalten wird.

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Aber der Deal platzte, das Geld wurde nie überwiesen. Dabei schrieb Von Floerke in dieser Zeit schon Verlust, wie ein Blick in den Jahresabschluss 2017 zeigt: 1,15 Millionen Umsatz standen mittlerweile einem Verlust von über 900.000 Euro gegenüber.

Fragwürdig ist, warum Frank Thelen das Startup dann trotz tiefroter Zahlen noch Anlegern der Kreditplattform Kapilendo schmackhaft machte. Der Investor glaubte nach eigener Aussage zu diesem Zeitpunkt an ein gesundes Unternehmen. Die Zahlen prüfte er nicht, was weder er noch Schirrmacher abstreiten. In einem Werbevideo präsentierte sich Thelen wörtlich als „sehr, sehr glücklicher Investor“ von Von Floerke. Rund zwei Monate später unterschrieb er das erste Mal den Verkauf seiner Anteile, doch der Käufer sprang ab. Im Gespräch mit dem Manager Magazin erklärte Thelen, das Video sei bereits vor dem geplatzten Deal gedreht worden.

Ihren Höhepunkt erreichte die Krise bei Von Floerke dann im Herbst 2018, als Gründer Schirrmacher sein Sortiment überraschend um billigen Alkohol erweiterte. Jack Daniels, Absolut Vodka, Jägermeister – alles gab es zu stark rabattierten Preisen. Schnell gingen tausende Bestellungen im Shop ein. Wegen der hohen Nachfrage brach zuerst die Technik zusammen. 7.000 Tracking-Codes wurden erstellt, als verschickt markiert und konnten vom System nicht mehr zugeordnet werden.

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Staatsanwaltschaft ermittelt bei Von Floerke

Die Folge: Nicht gelieferte Waren, wütende Kunden und ein überraschter Frank Thelen. Der Investor will von den Alkohol-Plänen Schirrmachers nichts gewusst haben. „Ich werde niemals billigen Alkohol verkaufen. Das interessiert mich so sehr wie Katzendreck-Schaufeln“, sagte Thelen dem Handelsblatt damals. Nicht bekannt war ihm angeblich auch die Zusammenarbeit zwischen Schirrmacher und einem strafrechtlich verfolgten Spirituosen-Händler. Schirrmacher dementiert das. Laut Protokollen eines Treffens und Aussagen von zwei weiteren Beteiligten, die auch t3n vorliegen, soll Thelen sehr wohl in die Pläne eingeweiht gewesen sein. Der DHDL-Investor bezeichnet das Protokoll als Fälschung und überlegt zur Zeit, rechtlich dagegen vorzugehen.

Doch Thelen dementierte öffentlich davon Kenntnis zu haben, und distanzierte sich so von Von Floerke. Er wollte weder mit dem Alkohol noch mit dem Spirituosen-Händler in Verbindung gebracht werden. Schirrmacher fühlte sich von dem Investor daraufhin im Stich gelassen und bezeichnet Thelens Handeln heute als „Hochverrat“. Der Von-Floerke-Gründer beruft sich auf eine Vereinbarung der Gesellschafter, während der versuchten Restrukturierung des Startups nicht mit der Presse zu sprechen. Für Schirrmacher wurde das zum Problem, auch weil Ende 2018 erstmals Gerüchte über eine mögliche Insolvenz auftauchten. Es war der Anfang von Schirrmachers öffentlicher Hetzjagd gegen Frank Thelen.

Derzeit ermittelt die Bonner Staatsanwaltschaft wegen Betrugsverdacht und Insolvenzverschleppung. Zudem sollen mehrere Anzeigen von Kunden gegen Schirrmacher und sein Startup vorliegen. Zum laufenden Verfahren wollte sich Schirrmacher gegenüber t3n nicht äußern, gibt aber an, dass er keine Akteneinsicht habe und damit rechne, dass sich das Verfahren noch Monate hinziehe.

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Wie geht es jetzt für Von Floerke weiter? In den kommenden Wochen will Schirrmacher sich mit der Kreditplattform Kapilendo einigen. Anlegern bietet er mehrere Optionen für einen Schuldenschnitt an. Neben diversen Möglichkeiten zumindest einen Teil ihrer Gelder zu retten, könnten die Investoren auch Gelder nachschießen und ihre Anlage damit komplett erhalten – vorausgesetzt Schirrmacher kann die im nächsten Jahr fälligen Zinszahlungen sowie später die Rückzahlung bedienen.

In einer früheren Version dieses Artikels stand, dass David Schirrmacher noch an dem Startup Simple Mobility beteiligt ist. Dieser Hinweis wurde entfernt. Tatsächlich kam es nicht zu der Beteiligung, Schirrmacher war laut Simple Mobility acht Wochen als Chief-Marketing-Officer bei dem Startup tätig.

Entgegen der ursprünglichen Darstellung im Artikel hat Frank Thelen seine Anteile nicht teilweise an Schirrmacher, sondern an Schirrmachers Mitgesellschafter übertragen. Das wurde korrigiert.

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3 Kommentare
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CL

Als jemand, der viel zu lange Zeit das außerordentliche Missvergnügen hatte, für Herrn Thelen zu arbeiten, wundert mich das alles überhaupt nicht. Es ist sehr wahrscheinlich, dass Herr Thelen von den Alkohol-Plänen wusste, und natürlich fiel er Schirrmacher in den Rücken. Es war nicht das erste Mal, dass Herr Thelen sich so verhält, und es wird nicht das letzte Mal gewesen sein. Seine gesamte zweifelhafte Berühmtheit fundiert auf dem Prinzip, Menschen auszunutzen und dann fallen zu lassen.

Antworten
MonikaB

Wer glaubt, dass Frank Thelen aufrichtig an seinen Beteiligungen interessiert ist und mehr als nur den schnellen Exit im Blick hat, der glaubt auch, dass Dieter Bohlen bei DSDS auf der Suche nach guter Musik ist.

David Schirrmacher ist also mindestens naiv und – was die Form seiner Schlammschlacht betrifft – mindestens grenzwertig.

Antworten
Raffael Görich

Da hat sich aber ein ehemaliger an der Seite vergangen:
https://vonfloerke.com/collections/mahnbescheide

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