
Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Und in Sachen schlechter Führungsarbeit können sie bisweilen sogar vernichtend sein. Einem Gallup-Report zufolge sind Chefs und Chefinnen nämlich ziemlich häufig der Grund, warum Mitarbeiter kündigen.
Jeder Zweite gab zu, einen Job bereits verlassen zu haben, weil man Probleme mit dem Manager beziehungsweise der Managerin habe. Tatsächlich sollen 70 Prozent der Faktoren, die zu einer beruflichen Unzufriedenheit beitragen, direkt mit dem Vorgesetzten zusammenhängen – so ein Fazit des Berichts.
Viele Führungskräfte sollten sich deshalb hin und wieder die harte Frage stellen: Bin eigentlich ich der Grund, warum Kollegen sich einen neuen Arbeitgeber suchen? Und wenn ja, was kann ich tun?
Mitarbeiter verlieren die Orientierung
„Das größte Problem in der Vorgesetzten-Mitarbeiter-Beziehung ist, wenn die Führung nicht wahrhaftig ist“, erklärt Inga Höltmann. Die Gründerin der Accelerate Academy in Berlin schult Führungskräfte und macht sie fit für die Herausforderungen der neuen Arbeitswelt.
Ihrer Meinung nach leidet das Verhältnis zu den Mitarbeitern vor allem dann, wenn der Anspruch der Führungskraft an sich selbst nicht mit der gelebten Realität im Haus übereinstimmt. Etwa, wenn sie Entscheidungen durchreicht, deren Grundlage sie an anderer Stelle kritisiert.
„Wenn der Mitarbeiter diese Dissonanz im Alltag immer wieder erlebt, führt das unweigerlich zu Frustration und Unsicherheit“, erklärt die Expertin. Mitarbeiter fangen an, die Orientierung zu verlieren.
„In den Unternehmenswerten codieren sich machtvolle Handlungsanweisungen.“
Das Problem manifestiert sich vor allem auch in der Art und Weise, wie Entscheidungen kommuniziert werden. „Ich erlebe immer wieder, dass Führungskräfte nicht so offen sprechen, wie sie es müssten“, erklärt Inga Höltmann.
Wichtig ist das jedoch vor allem dann, wenn Strategiewechsel anstehen. Warum wird die Richtung gewechselt? Was bedeutet das für das Team? Wie ist es zu der Entscheidung gekommen? Wer ist einbezogen worden? Dabei ist Transparenz nicht nur entscheidend für Vertrauen und eine erfolgreiche Zusammenarbeit, sondern auch die Grundlage für Sympathien.
Wer seine Kommunikation zu stark kontrolliert, wirkt unnatürlich und gehemmt. Die Konsequenz: Die Loyalität sinkt. Die Beziehung bekommt Kratzer.
„Um dieses Problem zu lösen, bedarf es vor allem viel Wertearbeit im Unternehmen“, verrät die Berlinerin. Verschlossenheit und Zurückhaltung werden tatsächlich oft mit Professionalität verwechselt. Vor allem unsichere Führungskräfte leben eine offene Kommunikationskultur deshalb oft nicht vor.
Die Folge: Mitarbeiter fühlen sich nicht nur ausgeschlossen, sie bekommen auch nicht mehr mit, was die Führungsebene meint und was genau sie eigentlich will. Die wenigen Informationen, die dann bei den Mitarbeitern noch ankommen, irritieren sie eher, statt zu motivieren. „In den Unternehmenswerten codieren sich machtvolle Handlungsanweisungen. Wer die verändern will, muss Wertearbeit machen“, weiß Inga Höltmann.
Häufige Kündigungen kosten viel Geld
Dass häufige Jobwechsel Unternehmen teuer zu stehen kommen, zeigt zudem eine Studie des National Business Research Institute in Texas. Laut der Erhebung können Kosten entstehen, die bis zu 150 Prozent des Jahresgehalts eines Mitarbeiters ausmachen. Eingerechnet sind die Ausgaben für Stellenausschreibungen, die Beauftragung eines Headhunters und der Aufwand für Bewerbungsgespräche.
Neue Teammitglieder bräuchten zudem Zeit, um sich an Abläufe, Prozesse, Kollegen und Chefs zu gewöhnen. „Der, der geht, nimmt wertvolles Wissen mit, Nachfolger oder Nachfolgerinnen müssen aufwendig eingearbeitet werden. Bis sie sicher in ihrer neuen Rolle sind, können Monate vergehen“, weiß auch Inga Höltmann.
Dass Führungskräfte erstaunlich oft die Gründe für den Wechsel eines Mitarbeiters sind, da ist sich auch die Expertin ziemlich sicher. „Man sagt ja, dass Menschen nicht Unternehmen, sondern ihre Chefs verlassen – ob das stimmt, weiß ich nicht, aber gute Führungsarbeit ist enorm wichtig in der Arbeitswelt, um Mitarbeiter nicht zu vergraulen“, so die Berlinerin.
Für sie seien die Herausforderungen der neuen Arbeitswelt deshalb eng verknüpft mit moderner Führung. „Ersteres geht nicht ohne letzteres“, ordnet Inga Höltmann im t3n-Gespräch ein. Damit erfolgreiche Zusammenarbeit gelingen kann, ist es wichtig, dass Führungskräfte ehrlich sind und ihre Mitarbeiter davon überzeugen, mit ihnen an einem Strang zu ziehen.
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