Vorstellungsgespräch: An dieser gemeinen Frage scheitern 199 von 200 Bewerbern
Die Freude ist groß, wenn eine Einladung zum Vorstellungsgespräch eintrudelt. Könnte das der nächste Traumjob sein? Wer nichts dem Zufall überlassen will, bereitet sich natürlich vor. Engagierte Bewerbende überlegen sich gute Antworten auf Fragen wie: „Warum hast du dich für uns entschieden?“, „Was motiviert dich im Job am meisten?“ oder „Was sind deine Stärken und was deine Schwächen?“.
Gut vorbereitet ist halb erledigt, könnte man meinen. Und dann kommt es doch zu einer Frage, die nicht nur überrascht, sondern noch dazu gar nicht so einfach zu beantworten ist. Die Rede ist von einer sogenannten Verhaltensfrage, die auch als Brainteaser bekannt sind.
Ein recht bekanntes Beispiel lautet wie folgt: „Ein Kunde beschimpft Sie am Telefon, weil er mit Ihrem Konzept nicht zufrieden ist. Wie reagieren Sie darauf?“. Spontan gestellt können solche Fragen ganz schön gemein sein. Wo ist der Haken, fragen sich viele Jobsuchende.
Bewerberinnen und Bewerber bekommen derartige Verhaltensfragen in der Regel zu einer ganz bestimmten Arbeitssituation gestellt. Die Technik ist ein beliebtes Mittel, um die Denk- und Handlungsweise der jeweiligen Menschen auf den Prüfstand zu stellen. Das Ziel ist es, herauszufinden, wie Jobsuchende auf Stresssituationen reagieren.
Vorstellungsgespräch: Ist das die gemeinste Verhaltensfrage aller Zeiten?
Eine andere Verhaltensfrage, die jedoch nichts mit einer möglichen Arbeitssituation zu tun hat, fordert Bewerberinnen und Bewerber immer wieder enorm heraus. Glaubt man Jim Ballard, beantworten sogar 199 von 200 Menschen sie falsch. In seinem Buch „Mind Like Water: Keeping Your Balance in a Chaotic World“ geht er auf die Frage aller Fragen genauer ein. Zitat:
„Sie fahren mit dem Auto durch eine stürmische Nacht. Sie kommen an einer Bushaltestelle vorbei und sehen, dass dort drei Menschen warten:
- Eine alte Dame, die kurz davor ist, zu sterben.
- Ein alter Freund, der einmal Ihr Leben gerettet hat.
- Der perfekte Mann/die perfekte Frau Ihrer Träume.
Sie wissen, dass Sie in Ihrem Auto nur eine weitere Person mitnehmen können. Wenn Sie die alte Dame wählen, könnten Sie ein Leben retten. Wenn Sie Ihren alten Freund mitnehmen, der einmal Ihr Leben gerettet hat, ist das die perfekte Gelegenheit, sich bei ihm zu bedanken. In beiden Fällen jedoch würden Sie wahrscheinlich nie wieder auf Ihre große Liebe treffen.“
Jim Ballard schreibt, dass die meisten Menschen, die mit dieser Fragen erstmals konfrontiert sind, sich für eine der drei Antwortmöglichkeiten entschieden. Der Grund sei, dass der überragende Teil der Bewerbenden sich nur auf das konzentrieren würde, was sie momentan hören: „Wer darf in mein Auto einsteigen?“.
So blenden viele Gefragte aus, dass das Offensichtliche gar nicht immer die richtige Lösung sein muss. Man könnte die Situation nämlich auch klären, in dem man dem Kumpel die Autoschlüssel gibt, um die alte Dame ins Krankenhaus zu fahren. Man selbst bleibt mit dem Traumpartner zurück, geht ein Stück und benutzt den Bus.
Zusammengefasst könnte man also auch sagen: Wer im Vorstellungsgespräch mit einer Verhaltensfrage konfrontiert ist, von der man das Gefühl hat, dass man nur auf eine Insellösung zusteuern kann, sollte seine Aufmerksamkeit nochmal auf das Problem richten und das zunächst Offensichtliche ausblenden.
Wer in einer Ausnahmesituation wie einem Vorstellungsgespräch die Klarheit besitzt, auf eine derartige Frage smart zu reagieren, wird den Interviewer mit Sicherheit positiv überraschen. Eine gute Voraussetzung, um den Job zu bekommen.
Der alten Frau ruf ich nen Krankenwagen, der ist schneller.
Die Traumfrau kann tausend mal meine Traumfrau sein, wenn ich nicht gut aussehe bin ich für sie wertlos, was sollte es also bringen sie mit zu nehmen oder mit ihr zusammen im Bus zu fahren?
Ergo: ich nehm meinen Freund mit, allerdings nicht um mich zu revanchieren sondern weil es selbstverständlich ist unter Freunden.
noch einfacher: ich sehe dort mein Traumpartner? also auf dem ersten Blick weiß ich, das die Person perfekt zu mir passt? sagt glaube ich viel über mich aus… rein äußerlich fixiert. nichts mit inneren Werten, Kurzschluss Handlung im Job vorprogrammiert. nee…die Person möchte ich mit der Begründung nicht einstellen. ich möchte jemand der herleiten kann, welche Möglichkeiten es gibt und daraus dann sinnvoll ableitet: alte Frau muss ins Krankenhaus = prio 1…alles andere kann man mit Freund abstimmen. Traumpartner ist unwichtig, da ich das ja gar nicht wissen kann.
Einzige korrekte Antwort: danke, tschüss, wenn Sie meinen, dass so etwas ein sinnvolles Vorstellungsgespräch ist, bin ich hier deutlich falsch und sehe mich anderweitig um.
Eine viel zu kontextuelle Frage. Was für ein Auto habe ich und warum hat es nur 2 Sitze? Selbst bei der kreativen (und laut des Autors „richtigen“) Antwort: Kann mein guter Freund das Auto auch sicher in einer Stresssituation fahren (es scheint ja kein 08/15 Auto zu sein und es regnet auch noch stark). Kann ich einen Freund diese hohe Verantwortung quasi aufbürden schon wieder einen Einsatz zwischen Leben und Tod durchzuführen, obwohl er das schon für mich durchmachen musste? Soll er, weil er das schonmal gemacht hat, dafür jetzt auch noch gut qualifiziert sein oder wie? Und wie schleimig stehe ich denn vor meinen Traumpartner da, wenn ich mich vor eben dieser Verantwortung scheinbar gedrückt habe („es regnet doch, ich mach ihm einen Gefallen damit dass er jetzt zum Krankenhaus düsen kann höhö“)? Diese Person hält mich doch dann schon direkt für jemanden der lieber delegiert wenn’s ernst wird und selbst den Schwanz einzieht. ACH JAAAA! Also da liegt der Hund vergraben, es ist offensichtlich die Antwort für Führungskräfte ohne echte Kompetenz!
Auf derart schwachsinnige Fragen muss man zurückgreifen, wenn in der HR Abteilung nur komplett inkompetente Vollidioten sitzen, die nicht den Hauch einer Ahnung haben, welche Qualifikation ein Bewerber braucht und wie man diese erkennt.
Situationsfragen sind Mittelalter und in dieser Form abhängig von der Ethik oder Moral, also Berufsabhängig und nicht überblicksweise. Wer im Altenheim arbeiten soll eher die alte Dame. Gesamtüberblick ist hier gerade falsch.
Diesen Brainteaser – so werden diese Art Fragen genannt – habe ich vor sechs Monaten in einem Welt-Artikel gelesen.
So viel zum Thema „Digital Pioneers“…
Die richtige Antwort sind doch die offensichtlich entscheidenden Gegenfragen:
1. Was sagt der Freund, wurde bereits unternommen?
2. Was sagt der Notruf?
3. Wer sitzt noch im Auto – möglicherweise jemand mit medizinischer Qualifikation?
4. Wer verfügt über Ortskenntnis? Wie weit ist das nächste Krankenhaus entfernt?
5. Kann und soll dem RTW entgegen gefahren werden bzw. ist ein Laientransport der Dame überhaupt ohne weitere Gefährdung möglich, oder wird ein Rettungshubschrauber benötigt?
In den USA hat man es einfacher. Man erklärt den Bestand einer Friedensmission, holt die Waffe aus dem Handschuhfach und erschießt alle drei. Die alte Dame, um sie von ihren Qualen zu erlösen. Den potentiellen Traumpartner und den Freund, um künftige Verpflichtungen, welche die Arbeitsleistung verringern könnten, gänzlich auszuschließen. Im Anschluss erklärt man dem Personaler mit welcher Waffe man am liebsten geschossen hätte, welche Waffen man besitzt und wie großartig das gesegnete Land doch ist. Danach unterschreibt man den Arbeitsvertrag.
Amen
Menschenkenntnis bei seht vielem HR ist gleich null
Solche Fragen dürften mit einer der Hauptgründe für Fachkräftemangel sein. Wenn das Recruiting sich hinter solchen pseudowissenschaftlichen Fragen versteckt, wundert mich der aktuelle Personalnotstand nicht.
Die anderen Kommentatoren haben schon hinreichend gute Antworten zu diesem Nonsense gegeben.
Und eine Bitte an die Redaktion: springt bitte nicht auf den Clickbait-Zug auf „Vorstellungsgespräch: An dieser gemeinen Frage scheitern 199 von 200 Bewerbern“…