Bundestagswahl: Die besten Wahl-O-Mat-Alternativen im Vergleichstest

Wahl-O-Mat Alternativen: 5 Tools, die dir bei der Wahlentscheidung helfen (Foto: picture alliance / SvenSimon | Frank Hoermann/SVEN SIMON)
Der Wahl-O-Mat ist bundesweit das bekannteste Tool, um sich vor Wahlen eine Übersicht über Parteien zu verschaffen. Er zeigt Nutzer:innen 38 Thesen an, zu denen sie sich positiv, negativ oder neutral positionieren.
Der Wahl-O-Mat bildet alle Parteien ab, die zur Wahl zugelassen sind. Die Parteien haben ihre Positionen zu den vorgestellten Thesen übermittelt. Dieses Vorgehen nutzen auch manche Alternativen. Wir haben sie genauer angeschaut. Ein Hinweis vorab: Kein Tool ist dazu gedacht, eine Wahlempfehlung auszusprechen.
Bitkomat
Der Verein Bitkom hat ein eigenes Tool veröffentlicht, das sich auf die digitalen Positionen der Parteien bezieht. Einbezogenen werden alle Parteien, die seit Beginn der aktuellen Legislaturperiode im Bundestag sitzen – also AfD, Bündnis 90 / Die Grünen, CDU / CSU, Die Linke, FDP und SPD.
Die 20 Aussagen sind gleichmäßig in vier Blöcke unterteilt. Für die Angaben zu den Fragen hat Biktom die Parteien um Stellungnahme gebeten. Die Thesen erstellte Bitkom auf Basis des eigenen Bitkom-Programms zur Bundestagswahl. Bitkom ist ein Branchenverband der deutschen Informations- und Telekommunikationsbranche. Laut Aussage des Lobbyverbands ist die Programmierung des Bitkomat datensparsam. Nutzer:inneneingaben speichern sie demnach nicht, auch eine Statistik aus allen Ergebnissen gebe es nicht.
Programmiert wurde der Bitkomat auf Basis des Open-Source-Programms Mahlowat. Bitkom nutzt die Eingaben nicht, um daraus Statistiken zu erstellen. Positionierungen werden nicht gespeichert.
Geeignet für Nutzer:innen mit Digitalwissen
Die Thesen sind im Vergleich mit den anderen Wahl-Orientierungs-Angeboten komplizierter formuliert. Wer kein Vorwissen zur Digitalwirtschaft hat, wird mit den Thesen nicht klarkommen. Hilfreich ist, dass es pro Aussage eine kurze Erklärung gibt. Die Einteilung mit Smileys – grün lächelnd für „Stimme zu“, grau für neutral, und rot, mit nach unten gezogenen Mundwinkeln für „Stimme nicht zu“ ist verständlich, kann durch die Emojis aber auch wertend wirken. Positiv ist, dass Thesen auch übersprungen werden können. Nutzer:innen haben die Möglichkeit, einzelne Aussagen auszuwählen und doppelt gewichten zu lassen.
Die Ergebnis-Anzeige ist vergleichsweise grob. Wer runterscrollt, bekommt pro Frage und Partei kurze Erklärtexte angezeigt. Verlinkungen auf zusätzliche Informationen und Quellenangaben fehlen jedoch. Negativ fällt außerdem auf, dass der Bitkom direkt unter den prozentualen Ergebnissen mit einem Link auf sein eigenes „Wahlpapier“ verweist. In dem führt der Verein seine Forderungen zur Wahl auf.
Deinwal
In diesem Tool werden ebenfalls nur Parteien berücksichtigt, die in der vergangenen Legislaturperiode dauerhaft im Bundestag saßen. Pro Frage sind zusätzliche Informationen verfügbar, etwa zu den bisherigen Abstimmungen zu dem Thema. Nutzer:innen haben drei Antwortmöglichkeiten: „Ja“, Daumen hoch – „Nein“, Daumen runter und „Enthalten“ mit einem Jing-und-Jang-Zeichen als Symbol.
Unterteilt sind die 23 Fragen bei Deinwal in sieben Blöcke. Dadurch ist die Verteilung nicht gleichmäßig: Zum Block „Steuern und Sozialausgaben“ gibt es nur zwei Fragen, sonst sind pro Block – etwa „Wirtschaft“ oder „Verteidigung“ mindestens drei Fragen eingestellt.
Hinter dem Projekt steht kein Verein, sondern zwei Privatpersonen: Martin Scharm und Tom Theile. Laut eigener Aussage haben sie bisher mit dem Projekt – das es auch zu vorherigen Wahlen gab – kein Geld verdient und gehören keiner Partei an. Wie sie die Fragen erstellt haben, geht aus den FAQ nicht hervor. Die Datennutzung ist transparent: Tracking-Dienste nutzen sie demnach nicht, sie senden die Eingaben auch nicht an Dritte.
Leicht verständlich, Partei-Angaben irritieren
Die Fragen sind schnell verständlich, ebenso wie die Abstimmung. Entscheiden sich Nutzer:innen für eine Option, sehen sie direkt, wie Parteien dazu gestimmt haben. Das sorgt zwar für Transparenz, birgt aber auch die Gefahr, dass Nutzer:innen ihre Stimme ändern, um nicht wie eine Partei abzustimmen.
Zudem fehlt zum Start eine kurze Übersicht, wie viele Fragen es sind und in welche Blöcke sie aufgeteilt sind. Die Anzeige der Ergebnisse wird wieder mit der prozentualen Übereinstimmung der eigenen Angaben mit denen der Partei angezeigt. Zwar sind die Parteipositionierungen erneut aufgeführt, an der Stelle fehlen weiterführende Informationen. Negativ fällt auf, dass die Antworten im Nachgang nicht einzeln zu bearbeiten sind.
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Real-O-Mat
Das Abstimmungsverhalten der Parteien in der Vergangenheit ist auch für den Real-O-Mat Ausgangslage. Die 20 ausgespielten Thesen beziehen sich auf Themen der vergangenen Legislaturperiode, von September 2021 bis Dezember 2024. Eingeflossen sind Gesetzentwürfe und Anträge. Abgebildet sind somit Parteien, die derzeit im Bundestag sitzen. Eine Ausnahme: Das Bündnis Sahra Wagenknecht ist erst später hinzugekommen. Daher gibt es bei der Partei nicht zu allen Punkten Positionierungen.
Die Auswahl bezieht sich auf Themen, „die für breite Teile der Bevölkerung relevant sind und öffentlich diskutiert wurden“, heißt es in den FAQ. Näheres zu der Auswahl ist nicht genannt.
Der Real-O-Mat ist vom Projekt FragDenStaat, das zum Verein Open Knowledge Foundation Deutschland gehört. Die gemeinnützige Organisation bezeichnet sich als überparteilich und setzt sich für Wissensvermittlung in der digitalen Gesellschaft ein. Laut der Datenschutzerklärung werden die Daten gelöscht, sobald „der Zweck der Verarbeitung entfällt“.
Neutrales Design und gute Partei-Übersicht
Der Real-O-Mat ist leicht zu bedienen. Positiv fällt die Erklärung direkt am Anfang auf. Zur Bewertung gibt es keine Smileys, was die einzelnen Buttons neutraler wirken lässt. Schade ist, dass oben kein Reiter sichtbar ist, wie viele Aussagen zu einem Bereich noch kommen. Dafür wird die Gesamtzahl mit aktuellem Fortschritt angezeigt.
Nutzer:innen gewichten die Fragen am Ende, was besonders wichtig ist, wird doppelt gewertet. Die Übersicht ist verständlich, allerdings fehlt die Zuordnung der Fragen zu einzelnen Oberthemen. Im ersten Ergebnis ist direkt die prozentuale Übereinstimmung mit Parteien sichtbar, außerdem ist ein Parteienvergleich verfügbar. Das ist nützlich, um eine bessere Übersicht der Positionen zu haben. Besonders positiv fällt auf, dass zu jeder Parteiantwort die Statements aller Parteien angezeigt werden.
Wahl-Kompass
Auch beim Wahl-Kompass müssen die Nutzer:innen ihre Meinung zu bestimmten Aussagen abgeben. Anders als bei bereits erwähnten Modellen entscheiden Nutzer:innen auf einer sechsstufigen Skala – von „Stimme vollkommen zu“ bis „Stimme überhaupt nicht zu“, zudem gibt es die Option „Keine Meinung“. Das Ergebnis wird mit einem Koordinatensystem angezeigt. Es verortet den Parteien Positionen zwischen „Wirtschaftlich Links“ bis „Wirtschaftlich rechts“ auf der x-Achse und „Progressiv bis Konservativ“ auf der y-Achse.
Elf Parteien sind verfügbar. Laut FAQ sei für die Auswahl ein ausreichend umfangreiches Wahlprogramm notwendig. Näher ausgeführt wurde das nicht. Die Antworten der Parteien bestehen einerseits aus den Angaben der jeweiligen Partei, die um Stellungnahme gebeten wurden. Andererseits wurden Teilnehmer:innen des Arbeitskreises Parteienforschung des deutschen Politologenverbandes befragt. Zusätzlich haben die Ersteller:innen des Wahl-Kompasses die Wahlprogramme der Parteien hinsichtlich ihrer Thesen eingeordnet.
Norbert Kersting, Politikprofessor an der Universität Münster, hat mit seinem Team den Wahl-Kompass erstellt. Technisch umgesetzt wurde er von der niederländischen Agentur Kieskompas. Die Datenschutzangaben des Unternehmens gelten auch für den Wahl-Kompass. Tracking-Cookies nutzen sie demnach nicht. Allerdings speichern sie die eingegebenen Daten, da sie als nicht personenbezogene gelten, auf unbestimmte Zeit. Laut den FAQ sei das „wissenschaftliche Projekt“ nicht mit Parteien, Kandidat:innen oder Regierungsmitgliedern verbunden. Die 31 Thesen haben Forscher:innen ausgewählt.
Erklärungen zu Partei-Positionen fehlen
Bevor der Test losgeht, wird zur freiwilligen Teilnahme an einer Umfrage aufgerufen – das Überspringen ist möglich. Schade ist allerdings, dass im Vorfeld keine Erklärung zum Wahl-Kompass gibt. Die Aussagen sind leicht verständlich. Leider sind keine zusätzlichen Informationen oder Erklärungen zu den einzelnen Thesen verfügbar.
Vor dem Ergebnis gibt es erneut eine freiwillige Umfrage. Das Ergebnis im Koordinatensystem ist übersichtlich. Zudem ist ein Ranking in einem weiteren Reiter verfügbar. Positiv fällt auf, dass einzelne Kategorien für das Ergebnis abgewählt werden können. Negativ ist hingegen, dass eine Erklärung der Parteien zu ihren Positionen nicht angezeigt wird.
Wahlswiper
Zwei Angebote gibt es beim Wahlswiper: die Bürgerschaftswahl Hamburg oder die Bundestagswahl. Die Projekte sind Open Source, der Code ist über Github einsehbar. Zur Bundestagswahl müssen sich Nutzer:innen durch 38 Fragen klicken. Pro Frage ist einmal die Kategorie, zu der sie gehört, angegeben und die Option, sie für die Wertung doppelt zu gewichten. Nutzer:innen müssen sich zwischen einem roten Button mit „Nein“, einem grünen Button mit „Ja“ entscheiden oder der Option „Überspringen“ entscheiden. In den vorgestellten Wahl-O-Mat-Alternativen hat der Wahlswiper die meisten Parteien in seiner Auswertung.
Laut dem FAQ hat für jede Partei einen Fragebogen bekommen und die Antworten direkt an das Wahl-Swiper-Team geschickt. Diese Gruppe besteht laut den Angaben aus Journalist:innen, Programmier:innen, Grafiker:innen und Videoproduzent:innen. Das Projekt initiiert hat die Digital-Agentur Movact. Die Fragen haben Politikwissenschaftler:innen der Universität Freiburg rund um den Politikprofessor Uwe Wagschal ausgewählt. Laut Angaben auf der Website ist das Projekt gemeinnützig und gehört zum Verein Voteswiper. Er finanziert sich durch Fördermitgliedschaften und Spenden. Laut der Datenschutzerklärung nutzt Wahlswiper die Eingaben, um daraus Statistiken zu erstellen und die Antworten wissenschaftlich auszuwerten.
Leicht verständlich, nähere Informationen fehlen
Die Auswahl geht so schnell wie das Swipen: Die begrenzte Auswahl regt weniger zum grübeln an als eine abgestufte Skala. Das Design ist sehr übersichtlich, insgesamt sind die Fragen leicht verständlich. Positiv fällt auf, dass die jede Frage vorgelesen werden kann.
Die Auswertung wird wieder als prozentuale Skala zur Übereinstimmung angezeigt. Praktisch ist, dass vor der Auswertung von den Nutzer:innen festgelegt wird, welche Partei aufgenommen werden soll. Eine Anpassung der Auswahl im Nachgang ist möglich, ebenso wie die Änderung einzelner Antworten. Positiv fällt der Parteien-Vergleich auf: Mit dem gleichen Nutzer:innen ihre Postion mit der der Partei ab.
Extra: Wahl.chat
Während die vorgestellten Alternativen auf dem Frage-Antwort-Prinzip beruhen, müssen beim Wahl.Chat Nutzer:innen ihre Fragen stellen. Entweder stellen sie sie an eine Partei oder vergleichen maximal drei Parteien miteinander – die bundesweit größten Parteien sind verfügbar. Voraussetzung für die Aufnahme ist laut FAQ ein Wahlprogramm.
Wer keine eigene Frage hat, klickt auf eine aus der vorgegebenen Auswahl. Für die Fragen werden im Chat Antworten angezeigt, die Quellen sind jeweils verlinkt. Folgefragen sind möglich. Das Vorgehen ist anders als bei allen anderen Angeboten. Das ist spannend, fordert allerdings die Nutzer:innen auch mehr heraus. Besonders um individuelle Fragen zu beantworten, kann dieses Tool sehr hilfreich sein. Wer allerdings selbst keinen Überblick zu Positionen der Parteien hat, mag damit anfangs überfordert sein – an der Stelle sind die vorgegebenen Fragen zur Auswahl sinnvoll.
Wichtig ist, dass Fehler der KI möglich sind. Ein entsprechender Hinweis ist stets unter dem Eingabefeld eingeblendet. Das Tool wurde von fünf Cambridge-Studenten in München erstellt. Auf der Infoseite haben sie ihre Linkedin-Profile verlinkt.