Whatsapp: Starker Anstieg gemeldeter Sicherheitslücken im Jahr 2019
Die Financial Times berichtet über einen deutlichen Anstieg gemeldeter Whatsapp-Sicherheitslücken im vergangenen Jahr und hält damit die Debatte über die Sicherheit des Dienstes im Gange. Die war aufgekommen, als Amazon-Chef Jeff Bezos publik machte, sein iPhone X sei bereits 2018 von einem Whatsapp-Konto des Saudi-Kronprinzen Mohammed Bin-Salman aus mittels einer manipulierten Video-Botschaft gehackt worden.
Dabei war es den von Bezos beauftragten FTI-Ermittlern allerdings nicht gelungen, zu klären, ob der Grund der erfolgreichen Attacke nun im iPhone X oder in der Whatsapp-Software zu suchen ist. Entsprechend wies Facebooks Nick Clegg direkt alle Verantwortung von sich, pries die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung von Whatsapp und vermutete, „etwas müsse das iOS-Betriebssystem (des iPhone X von Bezos) beeinträchtigt haben.“
Rasanter Anstieg: Whatsapp meldet NVD sechsfache Menge an Sicherheitslücken
Da passt es weniger gut, dass die US-amerikanische National Vulnerabilities Database (NVD), ein dem des deutschen CERT-Bund des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) ähnliches, offizielles Verzeichnis aktueller und vergangener Software-Bedrohungen, für 2019 zwölf Sicherheitslücken dokumentiert. Diese hatte Whatsapp selbst gemeldet und in sieben Fällen auch das Label „kritisch“ vergeben, was eine bedeutende Sicherheitslücke kennzeichnet.
In den Vorjahren hatte Whatsapp jeweils ein bis zwei solcher Lücken gemeldet und die waren jeweils maximal als mittelschwer klassifiziert. Experten glauben dabei nicht an einen Zufall, wie die Financial Times erfuhr. Vielmehr erscheine es weitaus plausibler, dass die nun gefundenen Lücken schon länger im Dienst vorhanden gewesen und auch ausgenutzt worden seien.
Experten glauben nicht an Anstieg, eher an bisherige Nachlässigkeit
Laut Marc Rogers, Sicherheitschef der weltgrößten Hacker-Konferenz Def-Con, weist die stark gestiegene Zahl gemeldeter Sicherheitslücken eher darauf hin, dass Whatsapp bislang „zu nachlässig“ auf die Sicherheit seiner App geschaut habe. Es sei geradezu typisch, dass „plötzlich ein Wölkchen von Sicherheitsbedrohungen aus einer App aufsteigen würde, weil jemand aus Angst einmal wirklich nachgesehen habe.“
Andere Experten kritisierten entsprechend Facebooks Whatsapp für die vorschnelle Zuweisung der Verantwortung an Apple. Ex-NSA-Mitarbeiter Ron Gula wirft Facebook Verantwortungslosigkeit vor und verlangt die eigenständige Erkennung und Behebung vorhandener Lücken im Dienst.
Facebook weist Verantwortung weiterhin von sich
WhatsApp zeigt sich keiner Schuld bewusst. Vielmehr sei die Erhöhung der Meldeaktivität zur NVD als positives Signal des Unternehmens, nachgerade als Entgegenkommen zu werten. Man wolle so Transparenz zeigen und Sicherheitsexperten dabei unterstützen, Menschen vor ähnlichen Bedrohungen zu schützen. Zudem seien die Sicherheitslücken bereits vor der Meldung sämtlich behoben gewesen.
Auch mit Blick auf Bezos iPhone bleibt die Firma bei ihrer Position. Hier müsse das Augenmerk auf die steigende Verbreitung von Spyware gelegt werden, die auch in der Lage sei, Lücken in den gängigen Smartphone-Betriebssystemen auszunutzen.
Gelangte eine Spyware über Whatsapp auf Bezos iPhone?
Die von Bezos beauftragten Ermittler konnten indes keine Spyware auf dem Gerät finden. Sie glauben, dass, sollte es einen Spyware-Befall gegeben haben, dieser seinen Ursprung in einem verschlüsselten Medien-Server im Whatsapp-Netzwerk gehabt haben müsse. In Frage kommen würden nach Ermittlermeinung das im vergangenen Jahr mehrfach auffällig gewordene Pegasus von NSO aus Israel oder Galileo vom Hacking Team aus Italien.
Der bekannte Sicherheitsexperte Bruce Schneier hält es für ebenso möglich, dass Whatsapp lediglich als Vehikel gedient haben könnte, um auf diesem Wege an Lücken im iOS-Betriebssystem zu gelangen. Damit läge die Verantwortung für den Bezos-Hack sowohl bei Facebook wie bei Apple.
Jedenfalls plädieren Sicherheitsforscher für eine genauere Untersuchung der Umstände. Offenbar ist dabei auch die fachliche Expertise des von Bezos beauftragten Ermittlerteams nicht unumstritten.
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