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Ratgeber

Wie Kreativität hilft, auch in einem schwierigen Markt an Kapital zu kommen

Im extrem überfüllten und kompetitiven Fundraising-Space können Kreativität und vor allem kreatives Storytelling dabei helfen, aus der Kakofonie der ewig gleichen Pitches herauszustechen. Fünf Tipps für Gründer:innen.

Von Nicolas Blättry
4 Min.
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Kreativität kann in der Venture-Welt eine Geheimwaffe sein. (Foto: Redpixel.PL/Shutterstock)

Geopolitische Verwerfungen, globale Lieferkettenengpässe, Zinsen und Inflation auf Steroiden sowie die drohende Gefahr einer Rezession – die Weltwirtschaft erwacht erschöpft und verkatert aus dem Sugar-High der letzten Jahre. Es dämmert die Einsicht, dass die Tage des unbegrenzten Wachstums vorbei sind.

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Das erste Quartal 2023 schlägt im Venture-Capital-Sektor ein, wie eine kalte Dusche. Die ernüchternde Realität laut Crunchbase: Ein drastischer Einbruch von über 53 Prozent hat das globale Volumen von zuvor etwa 162 Milliarden US-Dollar auf 76 Milliarden Dollar schrumpfen lassen. Insbesondere bei Neufinanzierungen agieren Investor:innen scheu. Der Fokus liegt darauf, bestehenden Beteiligungen zu stützen und zu sichern.

Mit anderen Worten: Gründer:innen, die genau jetzt nach Kapital suchen, haben es verdammt schwer. Wirtschaftlichkeit und nachhaltiges Wachstum werden zu Grundvoraussetzungen – doch eine Geheimwaffe, die in der Venture-Welt oft vernachlässigt wird, kann gerade in diesen Zeiten einen essenziellen Wettbewerbsvorteil schaffen: Kreativität.

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Kreativität ist ein Überlebensmechanismus. Das macht sie großartig. Seit den Tagen, in denen wir Feuerhölzer in Höhlen aufeinandergeschlagen haben, und wahrscheinlich schon davor, zwingt sie unsere Gehirne unerlässlich dazu, sich anzupassen, Lösungen für neue Probleme zu finden, Innovation zu erschaffen, Ressourcen intelligent einzusetzen und mit Ungewissheit umzugehen.

Und weil Kreativität ein Überlebensmechanismus ist, funktioniert sie am besten, wenn wir – genau – im Mist stecken. Für Gründer:innen gibt es also kein besseres Jahr als 2023, um sich ihre Kraft zunutze zu machen.

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1. Become a Storyteller

Die erfolgreichsten Gründer:innen der letzten Dekaden haben eins gemeinsam: Sie sind nicht nur großartige CEO und CTO, sondern Chief Storyteller. Sie entwerfen eine grandiose Vision der Zukunft und kommunizieren sie auf eine Art und Weise, die die uns ins Staunen versetzt.

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Das Narrativ beschreibt dabei meist spitz die Rolle des Unternehmens in der Welt und den Einfluss, den es auf unsere Leben nehmen wird. Erst emotional, dann rational. Die Frage, die sich am Ende idealerweise jeder stellt: „Wie konnte ich jemals ohne leben?“

In anderen Worten: Ein konsequent erzähltes und vor allem einzigartiges Narrativ rund um das Produkt oder den Service lässt Investor:innen nicht nur verstehen, was das Unternehmen macht und wo es hin will, sondern auch, warum es gerade jetzt relevant ist.

Wie jede gute Erzählung verträgt auch eine Fundraising-Story eine kleine Portion Drama, einen klaren Feind (Problem), den es zu besiegen gilt, und natürlich einen Helden oder eine Heldin, der oder die Erlösung und ein Happy End verspricht. Das sollte jedoch nicht als Einladung zu seitenlangen Ausschweifungen verstanden werden.

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2. Create Fomo

Eine gute Story ist ein guter Anfang. Doch gerade in Zeiten der Zögerlichkeit gilt es, Fomo (Fear Of Missing Out) bei allen Beteiligten auszulösen. Es muss deutlich werden, warum ausgerechnet jetzt der richtige und notwendige Zeitpunkt ist, zu handeln. Es gilt: Nur Dringlichkeit führt zu echtem Handlungsdrang.

Demnach muss das Narrativ die Frage der Dringlichkeit nicht nur beantwortet, sondern besonders strapazieren. Die zeitlose Wahrheit: Niemand verpasst eine einmalige Gelegenheit.

3. Say Goodbye to „Me, Myself, and I“

Möchte man jemanden von sich überzeugen, ist es nur menschlich, die eigenen guten Seiten hervorheben zu wollen. Das Problem: Niemand identifiziert sich mit „schneller, einfacher, besser, sicherer“ oder „schau her, ich bin so toll“ so sehr wie mit den eigenen Gefühlen und der täglichen Lebensrealität.

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Statt Eitelkeit und Ichbezogenheit sind Empathie und Identifikation der Schlüssel, um sowohl Investor:innen als auch Kund:innen von sich zu überzeugen und langfristig an sich zu binden.

Praktisch kann das bedeuten, eine andere Perspektive einzunehmen und nicht nur gebetsmühlenartig die Features des eigenen Produktes herunterzurattern, sondern viel mehr über die Menschen zu sprechen, die es nutzen sollen, und über die Veränderung, die es in ihren Leben bewirken wird.

4. Get Big Brand Energy

Die Debatte darum, ob und zu welchem Zeitpunkt ein Unternehmen eine Brand aufbauen sollte, ist in der Startup-Welt ein alter Hut. Noch mehr Verwirrung gibt es darüber, was eigentlich eine Brand ist. Ein kleiner Spoiler: „Ein Logo mit ein paar Farben“ ist keine Brand.

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Eine Brand ist die eindeutige Antwort auf die Frage, warum ein Unternehmen relevant ist und warum Menschen sich für ein Produkt entscheiden sollten. Die Story ist der Nukleus, die Brand ihre Übersetzung in alle Touchpoints: von der Tonalität der Sprache über das Design bis hin zum Produkt selbst. In einer Welt von nahezu unendlicher Auswahl ist es also ratsam, diese Antwort von Anfang an liefern zu können.

Natürlich ist es unrealistisch, zu erwarten, dass jedes Unternehmen von Anfang an auf demselben Level wie Nike, Apple oder Airbnb agiert – jedoch signalisiert ein gezieltes und durchdachtes Branding schon in der Frühphase Ernsthaftigkeit und Professionalität und unterstützt Investor:innen dabei, sich das Unternehmen als einen etablierten Player vorstellen zu können.

5. Dress for company you want

Logogeneratoren und Copy-Paste-Designs sorgen dafür, dass 95 Prozent aller Startups wie seelenlose Klone aussehen. Und auch wenn Unternehmertum kein Schönheitswettbewerb ist, ist ein undifferenzierter, unerwachsener oder gar unvorteilhafter visueller Auftritt keine Kleinigkeit. Der erste Eindruck bekommt keine zweite Chance. Auch nicht beim Fundraising.

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Genau wie bei der Ausarbeitung der eigenen Story ist es auch beim Design klug, sich Hilfe von externen Expert:innen zu holen, um unnötige oder gar unwiderrufbare Fehltritte zu vermeiden.

Erfahrungsgemmäß haben Quick-Fixes eine erstaunlich lange Lebensdauer und ehe man sich versieht, klebt das hässliche Übergangslogo aus dem ersten Pitchdeck auf der Fußmatte vor dem Eingang des neuen Büros.

Zu guter Letzt: Die süßen Jahre mögen vorerst vorbei sein. Doch harte Zeiten haben schon immer gute Ideen hervorgebracht. Nach der kalten Dusche heißt es nun: aufstehen, rausgehen und machen!

Fast fertig!

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Harald Kretzschmar

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