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Wirecard-Insolvenz: Diese Karten und Dienste sind betroffen

Die Insolvenz von Wirecard zieht weite Kreise. Jetzt stellen zahlreiche Endkunden fest, dass ihre Debit- und Kreditkarten nicht mehr funktionieren. In einigen Fällen sind sogar Girokonten eingefroren.

5 Min. Lesezeit
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Karte funktioniert nicht mehr? Das kann auch Kunden passieren, die gar nicht wissen, dass sie Wirecard nutzen. (Foto: Andrey Arkusha / Shutterstock)

Die vergangene Woche dürfte als eine der denkwürdigsten in die Geschichte der deutschen Wirtschaft eingehen: ein Unternehmen, das gerettet wird (Lufthansa), eines, das in den USA eine Rekordstrafe akzeptiert (Bayer), und ein Dax-Konzern, der Insolvenz anmelden muss. Wirecard ist in der Tat das erste Dax-Unternehmen, das diesen Schritt gehen muss. Doch abseits der wirtschaftlichen Brisanz, die dieser Schritt haben wird, gibt es auch einige technische Auswirkungen, die auch die Kunden betreffen werden, die gar nicht wissen, dass sie auf irgendeine Weise mit Wirecard Geschäfte gemacht haben.

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Was vielen Kunden nicht klar ist: Es gibt einen Unterschied zwischen dem Zahlungsdienstleister Wirecard mit seinen zahlreichen Tochterfirmen, darunter die Wirecard Card Solutions, und die Wirecard-Bank. Letztere ist eine deutsche Vollbank im rechtlichen Sinne mit der Zielgruppe Geschäfts- und Privatkunden. Die verwaltet derzeit Einlagen in Höhe von 1,7 Milliarden Euro und ist zumindest noch nicht Teil des Insolvenzverfahrens. Sie soll vielmehr auch davor geschützt werden, in den Fall Wirecard einbezogen zu werden. Ob das gelingt, ist fraglich. Zur Wirecard-Bank gehört beispielsweise in Deutschland das vollwertige Girokonto Boon Planet, das in den letzten Monaten durch attraktive Tagesgeldzinsen von sich reden machte. Dessen Kunden dürften aller Voraussicht nach selbst im schlimmsten Fall unter die Absicherung des Bundesverbands Deutscher Banken fallen, wenn das denn überhaupt nötig werden sollte. Die schlechte Nachricht dazu: Es könnte einige Zeit dauern, entsprechende Konten abzuwickeln.

Wirecard: Der Unterschied zwischen Boon und Boon Planet

Etwas anders sieht der Fall aus für Boon (ohne Planet), einen Kreditkartendienst, der virtuelle und physische Kredit- und Debitkarten herausgibt und der beispielsweise auch für Swatch Pay in Deutschland verantwortlich ist. Diese Services gehören zur Wirecard Card Solutions Limited und sind derzeit in ihren Transaktionen ebenfalls nicht erreichbar. Das hat aber auch nichts damit zu tun, dass es sich hierbei um Wirecard selbst handeln würde. Vielmehr rührt es daher, dass die britische Finanzaufsichtsbehörde (FCA, das Gegenstück zur hiesigen Bafin) dort zunächst einmal den Stecker gezogen hat – und zwar für das gesamte E-Geld-, Kartenausgabe- und Acquiring-Geschäft. Hier dürfte aber bald wieder alles beim Alten sein, zumindest wenn nichts Weiteres passiert. Das bedeutet auch, dass die Haftungsfrage nicht bei Wirecard liegt und entsprechende andere Partner bankenseitig haften müssten, die aber derzeit ja gar nicht in Schieflage sind.

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Auch die Multicard-Lösung Curve, die auf Mastercard-Basis arbeitet, war übers Wochenende vom Netz. Denn auch sie arbeitet auf technischer Basis der Wirecard Card Solutions. Doch das Startup hat übers Wochenende offenbar alle Hebel in Bewegung gesetzt, um möglichst schnell wieder für die Kunden verfügbar zu sein. Das Ausführen von Zahlungen und das gewohnte Frontend funktionieren wieder, bei Apple Pay, Google Pay und Samsung Pay sowie beim P2P-Dienst Curve Send gibt’s derzeit noch Probleme. Allerdings müssen die Kunden hier ihre App updaten und auch einige der Karten neu verifiziert und eingebunden werden. Das britische Fintech hatte bereits vor Monaten beschlossen, das Processing nicht länger via Wirecard zu erledigen, sondern eine eigene Infrastruktur aufzubauen. Die sollte dieser Tage ans Netz gehen und musste nun dank der sich überschlagenden Ereignisse zügig freigeschaltet werden.

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Kontist: Wechsel zur Solarisbank steht ohnehin an

Ähnliches Glück im Unglück hatte auch das Freiberufler-Banking-Startup Kontist, das ebenfalls bereits vor Monaten beschlossen hatte, mit seinen Kartenzahlungen von Wirecard/Mastercard (in diesem Fall sogar der Wirecard-Bank, die aktuell ja nicht betroffen ist) zur Solarisbank /Visa zu wechseln, wo die restlichen Operations schon aufgehoben sind. Auch hier kann man davon ausgehen, dass dieser technische Wechsel angesichts der aktuellen Entwicklungen nicht auf die lange Bank geschoben wird.

An der britischen FCA über die Wirecard Card Solutions Limited hängt auch Mitbewerber Holvi. Bei dem finnischen Startup waren die Business-Mastercards der Wirecard auch lahmgelegt (Update: funktionieren laut Unternehmen wieder korrekt), wobei als haftende Bank ja eben nicht Wirecard fungiert. Die auf dem Zahlungskonto gehaltenen Einlagen werden zwar als getrennte Kundengelder über eine Drittbank von Holvi geführt, sind aber nicht über die Einlagensicherung geschützt.

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Bei Payhawk, einem Service für Firmenkreditkarten, kommen von Wirecard Card Solutions ausgegebene Firmenkarten in Umlauf. Doch hier hat man gerade erst vor wenigen Tagen verkündet, dass man auf Visakarten in Kooperation mit Wirecard setzen will. Allzu viele Karten, die jetzt nicht funktionieren, dürfte das bulgarische Startup somit noch nicht im Einsatz haben.

Aldi und Co.: Viele Händler hängen an Wirecard

Dann gibt es allerdings noch einige Fintech-Services, die ebenfalls mit Wirecard in Zusammenhang stehen, etwa die Isic-Studentenkarte, die STA Travel Cash Flex Mastercard oder auch Pockit, Eplay Cards, Blue Cards und einige weitere Angebote, die dank ihrer Debit-Gebundenheit gerade bei Kunden, die keine Kreditkarte bekommen können, beliebt sind. Hier sollten die Kunden prüfen, inwieweit die Guthaben gesichert sind und sie nach Möglichkeit zügig abziehen. In einigen Foren raten Nutzer, entsprechende Restguthaben beispielsweise auf das eigene Amazon-Konto einzuzahlen. Einen konkreten Rat können wir hier nicht geben – außer zu prüfen, welche Haftungsregelungen für die aufgebuchten Guthaben vorgesehen sind.

Nicht minder interessant dürfte der Fall Wirecard noch für zahlreiche Einzelhandelskonzerne werden, die entweder Guthaben- und Gutscheinkarten über Wirecard emittiert haben. Aldi ist seit vergangenem Jahr einer der in Deutschland größeren Kunden von Wirecard und das Aschheimer Unternehmen verantwortet hier die Visa- und Mastercard-Zahlungen (nicht aber die Girocard- (ehemals EC-Karte) Zahlungen). Wirecard war schon davor für die Abrechnung der Gutscheinkarten des Discounters zuständig. Größere Probleme hierzu sind nicht bekannt und Aldi erklärt gegenüber der Welt, man sei nur „Vertragspartner der Wirecard-Bank, die nicht Teil des angestrebten Insolvenzverfahrens“ ist. Kunden könnten somit wie gewohnt mit ihren Kredit- oder Debitkarten zahlen und auch ihre Geschenkkarten wie üblich einsetzen.

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Adyen, Computop, Payone: Mitbewerber warten schon

Was der Wirecard-Skandal für die Branche der Bezahldienstleister bedeutet,  lässt sich aktuell schon absehen: Während das Unternehmen in den Schwellenländern recht erfolgreich war, hatte Wirecard hierzulande nur einen kleinen Marktanteil. Payone, Computop oder Adyen stehen quasi in den Startlöchern und könnten den alten Wirecard-Kunden schnell mit neuen Lösungen zur Seite springen. So erklärt etwa Ralf Gladis, Mitgründer und CEO von Computop: „Es dauert aus unserer Sicht nur eine Woche, um alternative Zahlungssysteme zu Wirecard einzurichten, die dann die Zahlungen von Online-Shops oder von Kartenterminals in den Ladengeschäften abwickeln.“

Allerdings müsse der Händler selber auch Zeit und Geld investieren, um Verträge mit den neuen Dienstleistern zu verhandeln und die eigenen Systeme umzubauen. Große Händler brauchen zudem automatisierte Prozesse in der Buchhaltung, um beim Zahlungseingang die offenen Posten auszuziffern (Reconciliation) und sicherzustellen, dass alle Zahlungen korrekt eingegangen sind. Auch die Warenwirtschaftssysteme können betroffen sein. Der Umbau wird Zeit, Geld und Nerven kosten, ist aber machbar.

Die Sorge vieler Wirecard-Kunden allerdings, die sich fragen, ob sie nach dem Insolvenzantrag noch an ihr Geld kommen, ist vermutlich unbegründet – die Bafin wird Kundengelder zu schützen wissen. Die Endkunden schließlich dürften wenig Verständnis dafür haben, wenn Händler Probleme mit ihren Payment-Prozessen haben oder Kreditkartenanbieter nicht funktionieren.

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Dein t3n-Team

Roth Merlin

Bei uns geht unsere Kreditkarte fur das Holvi Konto wieder

Antworten
Tobias Weidemann

Die geht seit heute in der Tat wieder. Ich habe eine entsprechende Änderung im Artikel vorgenommen… siehe auch: https://support.holvi.com/hc/de/articles/360010592818

Antworten
Holger Lücke

Boon.Card ist auch wieder freigeschaltet

Antworten
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