Wirecard: Insolvenzverwalter kündigt über die Hälfte der Mitarbeiter

Ende Juni musste der einst gehypte Zahlungsdienstleister Wirecard Insolvenz anmelden. Das Unternehmen, das kürzlich aus dem Dax flog, ist in einen milliardenschweren Betrugsskandal verwickelt. Zuletzt hatte Insolvenzverwalter Michael Jaffé, der als erfahrener Sanierungsexperte gilt, Fortschritte bei den geplanten Verkäufen mehrerer Tochterfirmen gemacht. Im Rahmen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Wirecard AG und sechs weiterer deutscher Wirecard-Gesellschaften am Dienstag wurde Jaffé jetzt vom vorläufigen zum endgültigen Insolvenzverwalter bestimmt.
In einer entsprechenden Mitteilung erklärte Jaffé, dass rund 730 der insgesamt 1.300 Mitarbeiter von Wirecard gekündigt werden müsse. Auch die Vorstände müssen gehen. Zudem sollen Miet- und Leasingverträge für Immobilien gekündigt werden. Ziel sei es, die bestehenden Strukturen zu redimensionieren. Weil die Cash-Burn-Rate bei Insolvenzantragstellung enorm gewesen sei, bestehe dringender Handlungsbedarf. In dem Konzern herrsche ein „erhebliches Missverhältnis zwischen den vorhandenen und den tatsächlich benötigten Ressourcen“, hieß es vonseiten des Insolvenzverwalters.
Innerhalb der vergangenen knapp zwei Monate seien aber schon einige Fortschritte gemacht worden. So sei es gelungen, das laufende Geschäft zu stabilisieren und damit die Basis für eine weitere Fortführung zu schaffen. Entsprechend könnten 570 Arbeitnehmer, davon rund 220 in der nicht insolventen Wirecard Bank AG, am Standort Aschheim weiterarbeiten. „Die wirtschaftliche Lage der Wirecard AG war und ist angesichts der fehlenden Liquidität und der bekannten skandalösen Begleitumstände äußerst schwierig“, so Jaffé. Mit den üblichen Restrukturierungs- und Kostenanpassungsmaßnahmen sei es daher nicht getan.
Schon am Montagabend soll der alte Wirecard-Vorstand laut Handelsblatt mehrere Hundert Mitarbeiter freigestellt haben. Diese dürfen nicht mehr zur Arbeit erscheinen, werden aber noch bezahlt. Die Gewerkschaft Verdi hatte dies scharf kritisiert und vermutet, dass damit die geplanten Betriebsratswahlen verhindert werden sollten. Diese seien aber am Dienstag wie geplant abgelaufen. Allerdings könnte die Gründung des Betriebsrats angesichts der schon ausgesprochenen Kündigungen zu spät kommen, wenn es den Mitarbeitern dabei um einen Sozialplan mit Abfindungen gehen sollte.
Laut dem vom Handelsblatt zitierten Fachanwalt für Arbeitsrecht Martin Pröpper von der Kanzlei Ulrich Weber & Partner müssten betroffene Mitarbeiter jetzt individuell prüfen, ob sie gegen ihre Kündigung vorgehen. Bei Kündigungen durch den Insolvenzverwalter sei aber laut Pröpper „nicht furchtbar viel zu holen“.
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