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Immobilien-Entertainment: Wieso Wohnungstouren auf Tiktok und Instagram im Trend liegen

Eine Künstlerin führt durch ihr Penthouse, ein Fotograf durch seine Wohnung in Paris: Wie Menschen wohnen, scheint auf Social Media Millionen zu interessieren. Doch was steckt hinter dem Trend?

Quelle: dpa
4 Min.
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Virtuelle Wohnungsbegehungen liegen im Netz im Trend. (Foto: Grafiko Assets / Shutterstock.com)

„Wie viel Miete zahlen Sie?“ und „Wären Sie bereit, mir Ihre Wohnung zu zeigen?“ – Zwei Fragen, die nicht jeder einfach so beantworten würde. Aber zwei Fragen, die Influencer Caleb Simpson aus New York stellt und ihm inzwischen 8,6 Millionen Follower auf Tiktok eingebracht haben. Das Prinzip ist immer gleich: Menschen nennen ihren Mietpreis und geben anschließend eine Tour durch ihre Wohnung. Was in New York begann, ist inzwischen ein Trend, der auch in Berlin, München und Hamburg angekommen ist.

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Das Besondere an diesen Kurzvideos: Zuschauer und Zuschauerinnen bekommen persönliche Einblicke in private Wohnungen mit ihren ganz eigenen Geschichten. Es ist wie ein Blick durch ein Schlüsselloch. Oder den Spalt einer Tür. Was normalerweise im Verborgenen bleibt, kommt durch das Format zum Vorschein. Simpson hat bereits etliche Videos dieser Art auf Tiktok, Instagram und Youtube hochgeladen. Er filmt eine Künstlerin in ihrem Penthouse in New York, einen Fotografen in seiner Wohnung in Paris oder einen Architekten in seiner selbst designten Wohnung in Hongkong.

Caleb Simpson und seine Idee

Auch wenn er sich selbst nicht als Erfinder des Trends sieht, ist Caleb Simpson einer der bekanntesten Content-Creator auf Tiktok, der durch Wohnungen und Häuser auf der ganzen Welt führt. Entstanden sei die Idee seiner Videos vor etwa zwei Jahren, als er in den sozialen Medien sah, wie Leute auf der Straße «nur» nach ihrer Miete gefragt wurden. „Da ist mir ein Licht aufgegangen und ich dachte: Was wäre, wenn ich auch in die Wohnung dieser Person gehen könnte?“, erinnert sich der 32 Jahre alte Amerikaner.

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„Gleichzeitig dachte ich auch, dass es die lächerlichste Idee ist“, erzählt er mit einem Grinsen. Wer würde einen schon in seine Wohnung hereinlassen? Aber: Wenn es funktionieren sollte, würden alle darüber reden. Am Anfang habe er an einem Tag etwa hundert Leute gefragt, bevor ihn jemand reinließ, erinnert er sich.

Nach den ersten Videos sei er schnell bekannt geworden, vor allem in New York City, erzählt Simpson. Ab dem Zeitpunkt sei es einfacher gewesen, solche Wohnungstouren zu filmen. Mittlerweile erhält er sogar Anfragen von Menschen, die gerne ihre Wohnung zeigen möchten. Und auch manch prominente Persönlichkeit erscheint in seinen Videos – wie Schauspielerin Scarlett Johansson. Sie zeigt zwar nur ihr New Yorker Büro, aber trotzdem haben sich dieses Video inzwischen mehr als 50 Millionen Menschen angesehen.

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Social-Media-Trend kommt nach Deutschland

Wie Caleb Simpson zieht auch der Trend selbst um die Welt. In Frankreich filmen Samuel und Victoria teure Wohnungen in Paris, Toulouse und Marseille. In Texas fragt Spencer Moore fremde Menschen auf den Straßen von Houston und Dallas nach ihrer Miete. Und auch in Deutschland ist das Social-Media-Phänomen bereits angekommen.

Er sieht sich selbst als „Immobilien-Entertainer“, aber bestimmt nicht als Makler: Leon Sandhowe, auf Social Media eher bekannt als „Mr. Unreal Estate“ (deutsch: Mr. Unwirkliche Anwesen“). Dabei ist der Name Programm – in Berlin, München oder Hamburg führt Sandhowe durch „unwirkliche“ Häuser und Wohnungen. Ihn habe es schon immer interessiert, wie es hinter Türen anderer Wohnungen aussehe. „Es gibt ja nichts Privateres als das Zuhause – außer vielleicht noch Gedanken. Das Zuhause sagt einfach so viel über einen aus“, erklärt er.

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Der adrett gekleidete junge Mann mit weißem Hemd, schwarzer Fliege und Hosenträgern hat zwei Videoformate – eines davon ist an das Prinzip von Caleb Simpson angelehnt. „Ich hatte das übernommen, weil ich es mega cool fand und gemerkt habe, dass es in Deutschland noch niemand macht“, erzählt der 27 Jahre alte Potsdamer. Nach seinem Start Anfang 2023 hat „Mr. Unreal Estate“ auf Instagram inzwischen 240.000 Follower. In seiner anderen und von ihm selbst erfundenen Videoserie führt er durch Luxusvillen, die zum Verkauf stehen.

Von Influencer:innen überlaufen: Diese Orte sind nach Social-Media-Hypes geschlossen

Von Influencer:innen überlaufen: Diese Orte sind nach Social-Media-Hypes geschlossen Quelle: Shutterstock

Der Grund für den Erfolg

Aber warum begeistert der Blick in fremde Wohnungen Millionen von Menschen? Es sei anzunehmen, dass diese Videos ganz unterschiedliche psychologische Bedürfnisse erfüllen, erklärt Josephine B. Schmitt, Kommunikationswissenschaftlerin am Center for Advanced Internet Studies (CAIS, Bochum). „Viele Menschen finden es aufregend, Dinge zu sehen und zu erfahren, die Ihnen sonst verborgen bleiben“, sagt Schmitt. Diese Neugierde könne durch Einblicke in sonst verschlossene Wohnungen befriedigt werden.

Zudem könnten sich Zuschauer bei einem Blick in eine fremde Wohnung mit anderen vergleichen. Dieser bewusste oder unbewusste „soziale Vergleich“ kann nach Aussage Schmitts zwei Effekte haben: Zuschauer könnten sich bestätigt fühlen (wie: „Meine Wohnung ist schöner“) oder sich verbessern wollen (wie: „Ich möchte auch so einen Tisch haben“). Diese Effekte könnten sowohl bei Einblicken in das Leben fremder als auch bekannter Persönlichkeiten entstehen. Schmitt sagt aber, dass die „Referenzwerte“ bei Einblicken in Promi-Leben deutlich interessanter und attraktiver seien.

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Wohnungen zeigen eine „Mentalitätssache“?

„Wie viel Miete zahlen Sie?“ und „Wären Sie bereit, mir Ihre Wohnung zu zeigen?“ sind anscheinend zwei Fragen, die doch so mancher beantwortet. Ob es da ein Muster gibt, welcher Schlag Mensch private Einblicke gewährt? Das sei schwierig zu sagen, findet Caleb Simpson. Am ehesten würde er sagen, seien es Leute, die in den sozialen Medien seien – also 30 Jahre alt oder jünger.

In Deutschland sei es prinzipiell schwer, Leute zu finden, die einen in die eigenen vier Wände ließen, sagt der deutsche „Immobilien-Entertainer“ Sandhowe. „Das ist einfach auch eine Mentalitätssache hier in Deutschland“, erklärt es sich der 27-Jährige. Deutsche würden nicht so offen mit ihrem Privaten umgehen. Das mache das Format aber seiner Meinung nach auch so stark, eben weil er das „Unmögliche“ möglich mache. Wer also in Zukunft in deutschen Großstädten unterwegs ist, weiß Bescheid, wenn er die Frage hört: „Wie viel Miete zahlen Sie?“.

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