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New Work im Hotelgewerbe: „Ausschlafen und nix tun“

Hotellerie ist ein Stressjob, vor allem für Newcomer und Startups. Denkste, sagt sich Jens Sroka, und lebt seinen ganz eigenen Rhythmus. Und seine Hotels leben genau den gleichen, lässigen Stil.

Von Frank Puscher
6 Min. Lesezeit
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„Kreativ bin ich gut, im Bereich Selbstorganisation gibt es noch Luft nach oben“, meint Hotelbetreiber Jens Sroka. (Foto: Christan Perl)

Fünf Häuser gehören inzwischen zu den Heimathafen Hotels. Die beiden Beachmotels in Sankt Peter Ording und Heiligenhafen bildeten den Anfang. Dann kam die noch progressivere Bretterbude hinzu, wo in der Lobby Skateboarder auf der Ramp üben. In Büsum eröffnete soeben das gediegenere Lighthouse und in Wilhelmshaven überblickt das Hotel Fiegerdeich den Jadebusen.

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Die Häuser begeistern durch Lässigkeit, sehr freundliches Personal und cooles Vintage-Design in der Inneneinrichtung. Der Digitalnomade mit Auszeitbedarf steht definitiv im Mittelpunkt der anvisierten Zielgruppe.

Jens Sroka gründete die Kette gemeinsam mit einem starken Finanzpartner und auf dem Fundament der elterlichen Hotelerfahrung. Aber er macht eben vieles anders.

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t3n: Hallo Jens, schaffst du immer noch, nur vier Tage die Woche zu arbeiten?

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Jens Sroka: Ja. Es gibt immer mal Wochen, wo das nicht so ist. Wo ich zum Beispiel reise. Aber meistens schaffe ich das.

t3n: Ist nach wie vor der Freitag dein freier Tag?
Meistens versuche ich, Freitag frei zu machen, diese Woche war es Montag. Am Freitag habe ich einen Termin und deshalb habe ich gestern frei gemacht. Gestern war doch Montag, oder?

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t3n: Ja, es wäre Montag gewesen. Und was machst du am freien Tag?
Nix. Ausschlafen, Netflix im Bett gucken, spät frühstücken, shoppen gehen, an der Alster spazieren, Sport machen. Da gibt es keinen Plan.

t3n: Musst du dich dagegen wehren, mehr zu arbeiten?
Ja, das gibt es schon. Aber ich kontrolliere mich da ganz gut selbst. Kurz vor einer Eröffnung kann es schon mal derb werden, aber da braucht mich keiner daran zu erinnern, danach wieder kürzer zu treten. Mein Mann kennt das, der lässt mich dann einfach in Ruhe. Dann kommt es auch vor, dass ich in einem unserer Hotels übernachte. Normalerweise will ich meine Freizeit zu Hause verbringen und nicht in den Hotels.

t3n: Wenn du Inspiration brauchst, wo kommt die her?
Die Inspiration kommt meistens vom Reisen. Die kommt, wenn ich ein Grundstück gesehen habe, dann bekomme ich ein Gefühl dafür, was der Standort braucht. Natürlich wäre es leichter, ein bestehendes Produkt zu kopieren, statt ein neues zu kreieren, aber das ist langweilig. Das Lighthouse ist ein gutes Beispiel. Das haben wir so entwickelt, weil der Standort das so gebraucht hat.

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t3n: Ist Digital Detox für dich ein Thema?
Ein ganz wichtiges. Das mache ich wirklich zu wenig. Ich bin Sklave meines Handys. Gerade im Urlaub wollte ich ein Buch lesen und habe es nicht wirklich geschafft. Ich habe immer wieder das Smartphone zur Hand genommen. Und da geht es auch gar nicht so sehr um direkte Kommunikation, sondern um die sozialen Netzwerke. Facebook, Instagram und all so ein Müll.

Wenn ich richtig gut drauf bin, nehme ich das Handy gar nicht mit. Aber das schaffe ich selten.

t3n: Was bringt einen dazu, mit 44 zu sagen: „Ich will raus aus dem operativen Geschäft“?

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Ich schaffe es nicht mehr. Wenn ich nicht die Bestandshäuser abgebe, habe ich nicht genug Zeit für die neuen Projekte – und die machen mir mehr Spaß.

Aus einem coolen Team wird beim Beachmotel ein USP und gleichzeitig stärkt es das Employer-Branding. (Foto: Christan Perl)

t3n: Wie würdest du deinen Führungsstil beschreiben?
Ich kann nicht gut Nein sagen. Ich weiß, was ich will, aber ich merke, dass ich nicht mehr 100 Prozent im operativen Geschäft geben kann. Und das abzugeben, war schwerer, als ich dachte. Das waren eben meines Babys. Ich muss noch daran arbeiten, loslassen zu können. Ich bin dafür sehr vertrauensvoll. Ich glaube, nur so können die Mitarbeiter happy sein, in dem was sie tun. Meine Stärke ist Kreativität, dafür bin ich manchmal ein bisschen planlos.

t3n: Lohntransparenz, Diversität und Flexibilität sind die Buzzwords von New Work?
Lohntransparenz ist für uns schwierig. Die Menschen im Service arbeiten sich die Hacken ab und müssen dann sehen, dass der im Büro mehr verdient. Dabei sehen sie eben nicht, welche Erfahrung oder Ausbildung der andere mitbringt, die zu diesem Job führt. Das führt zum Vergleich von Äpfeln mit Birnen.

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In Sachen flexible Arbeitszeiten müssen wir klar unterscheiden zwischen Verwaltungszentrale und einzelnem Hotel. Im Hotel geht das nicht, da hängt das Team vom einzelnen ab und letztlich schadet es dem Gast. Im Office versuchen wir viel von zu Hause aus arbeiten zu lassen. Das funktioniert sogar bei der Reservierung über VPN-Tunnel.

Die direkte Arbeit am Gast lässt sich nicht flexibilisieren.

t3n: Wie steht ihr zu Diversität, Gleichberechtigung, Quote?
Eine Quote haben wir gar keine. Ob du schwul, lesbisch oder transgender bist, ist uns völlig egal. Beim Thema Inklusion müssen wir noch besser werden. Gerade bei den Office-Tätigkeiten gibt es da doch viele Möglichkeiten, mit behinderten Menschen zusammenzuarbeiten. Ich glaube, bei uns fühlt sich Diversität organisch an. Das muss man nicht steuern.

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Nachhaltigkeit ist gerade das wichtigere Thema. Wir wollen Rabatte geben für Leute, die mit der Bahn kommen. Und lauter Dinge, die darauf einzahlen, grüner zu werden. Das haben wir stark auf der Agenda. Aber beim Bau von Hotels rechnet sich das nicht. Die Geothermie-Heizung kostet das Zwanzigfache zu einer normalen Heizung. Das kriege ich ökonomisch nicht abgebildet.

t3n: Ist das Thema Mitarbeiterführung ein Thema der Zentrale oder überlasst ihr das den Direktoren der Häuser?
Ich achte schon darauf, dass wir übergreifend die gleichen Werte haben. Wie gehen wir mit Menschen um, wie gehen wir miteinander um?! Ehrlichkeit ist enorm wichtig. Da sollen sich auch Bretterbude und Lighthouse nicht unterscheiden. Aber ich bin schon ein Mensch, der nicht Management durch Meeting macht, sondern durch Empowerment. Auch das Zimmermädchen soll selbst entscheiden können, wenn es der Zufriedenheit des Gastes dient.

t3n: Bist du meeting-allergisch?
Ich habe in Asien gearbeitet und die machen nur Meetings. Da fängst du abends erst mit der Arbeit an. Ich mache nur zwei Meetings im Monat, eines ist ein Sales-Meeting und eines mit den Gesellschaftern wegen der Planzahlen. Wenn meine rechte Hand Marko Häusler der Auffassung ist, dass es noch weitere Meetings braucht, dann darf er das gerne machen, da bin ich dann halt nicht dabei. Aber nicht grundsätzlich.

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t3n: Eher geplantes Team-Event oder einfach planloses Offsite?

Planlos ist nicht so meins. Wenn man schon die Freizeit der Mitarbeiter beansprucht, sollte das auch einer Idee folgen. Aber es soll vor allem in lockerer Atmosphäre stattfinden. Zuletzt waren wir in der Nähe von Celle Kanu fahren und grillen. Es ist schon cool, Freizeit miteinander zu verbringen, um den Kollegen in anderer Atmosphäre zu erleben.

t3n: In der Hotellerie sind gerade im Housekeeping viele Menschen beschäftigt, die wenig Ausbildung haben und nur kurze Zeit da sind. Muss man die mit kürzerer Leine führen?
Nö. Wir brauchen keine Saisonarbeitskräfte, alle haben feste Verträge. Da haben wir also das Glück, dass wir die Mitarbeiter in dieser Hinsicht ein Stück weit aus- und fortbilden können. Und unsere einfache Kernbotschaft ist Freundlichkeit. Jeder Gast verzeiht Fehler, wenn der Mitarbeiter echt ist. Das kann man fast nicht schulen, dass muss der Mitarbeiter mitbringen. Jeder von uns macht Fehler. Ich vermutlich am meisten. Ich mag keine Maschinen.

Das führt auch dazu, dass unsere Mitarbeiter abends mit unseren Gästen an der Bar abhängen. Da war ich am Anfang sehr skeptisch, weil ich das selbst anders gelernt habe. Aber wir haben da überhaupt keine schlechten Erfahrungen gemacht. Für den Gast ist das wie Urlaub unter Freunden.

t3n: Überall herrscht Fachkräftemangel, macht ihr besondere Angebote?
Ja, müssen wir. Wir haben das Lighthouse gerade eröffnet, brauchen 120 Menschen und haben nur 100. Wir können zwei der drei Restaurants noch nicht öffnen. Am Anfang haben wir noch viele Leute abgelehnt, weil die nicht zu uns gepasst haben. Im Moment kriege ich gar keine Bewerbungen mehr. Das ist schon doof. Im Bereich Housekeeping und Co. geht das, aber bei der Küche geht gerade gar nichts.

t3n: Welchen operativen Job in der Hotellerie würdest Du gerne machen?
Ich glaube Gastronomieleiter.

t3n: Das ist krass.
Ich würde gerne etwas machen, was ich bisher am wenigsten gemacht habe. Ich war immer in Sales und Marketing. Das fände ich sehr spannend. Außerdem ist es ein sehr kommunikativer Job mit der Küche, mit dem Service-Team und mit dem Gast. Da passiert ständig irgendein Mist, mit dem man dann umgehen muss. Das finde ich spannend.

t3n: Jens, vielen Dank für dieses Gespräch

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