WWDC 2021: Apples vermeintliche Öffnung von Facetime und Siri

In unserem wöchentlichen Gadget-Briefing für t3n-Pros geht es heute um Apples vermeintliche Öffnung von Facetime für Android und Siri für Drittanbieter. Apple scheint seinen goldenen Käfig ein wenig zu öffnen. Der Konzern hatte am Dienstag angekündigt, Facetime sowohl für Android als auch für Windows anzubieten. Außerdem soll Siri auf Produkten von Drittanbietern landen. Was ist da los? Facetime für Android – offen ist anders Der iPhone-Hersteller hat in den letzten Jahren lediglich eine Handvoll an Diensten für andere Plattformen geöffnet – aber nur dann, wenn damit Geld verdient werden konnte. Hier seien Apple Music für Android oder Apple TV Plus für allerlei Smart-TVs zu nennen. Kostenpflichtige Dienste stellen mittlerweile eine relevante Einnahmequelle des Technologieriesen dar. Doch weder mit der Öffnung von Facetime für Android und Windows noch der Option für Dritthersteller, Siri in ihre Hardware zu integrieren, werden Apple regelmäßige Erlöse in die Kassen gespült. Was also sind die Beweggründe für den iPhone-Konzern? [caption id="attachment_1383630" align="alignnone" width="620"] Facetime-Illustration von Apple: Hübsches iPhone neben hässlichem Android-Smartphone mit dicken Rändern und Notch. (Bild: Apple)[/caption] Bei der Öffnung von Facetime für andere Plattform wird Apple nicht vollkommen uneigennützig und aus sozialem Impuls heraus, Menschen über Plattformgrenzen hinweg zu vernetzen, gehandelt haben. Einer der Gründe für das neue Angebot dürfte sein, damit als Alternative zu Zoom oder Google Meet auftreten zu können. Die Videokonferenzplattformen der Mitbewerber haben während der Coronakrise einen massiven Boom erlebt. Etwas verzögert könnte Apple also auf den plattformübergreifenden Videocall-Zug aufspringen. Es sei indes nicht zu vergessen, dass der vollständige Funktionsumfang der neuen Facetime-Software, die mit iOS 15 und macOS 12 bereitgestellt wird, nur Besitzern von Apple-Geräten zur Verfügung stehen wird. Nutzer der Nicht-Apple-Plattformen haben lediglich einen Gaststatus und einen eingeschränkten Funktionsumfang: Sie können zu einem Facetime-Anruf nur eingeladen werden, nicht aber einen Facetime-Call initiieren. Apple zielt weiter auf Lock-in Womöglich will Apple damit Begehrlichkeiten bei Android-Nutzern wecken und ihnen einen Blick auf die tollen Funktionen des Apple-Ökosystems gewähren, á la „Guck mal, wie toll es auf der andere Seite ist und was ihr mit iPhone, Macs und iPads anstellen könnt“. Zudem sollte man Parallelen zu Apples iMessage ziehen: Intern wurde vor Jahren diskutiert, ob man iMessage für Android anbieten sollte. Der Konzern entschied sich nach Aussagen von Apples ehemaligem Marketingchef Phil Schiller gegen die Portierung, da mit der exklusiven Bereitstellung der Nachrichten-App ein Lock-in erzeugt werde. Die App (in vollem Umfang) auf eine andere Plattform zu bringen, würde dem Konzern wirtschaftlich mehr schaden als nutzen, da weniger Menschen iPhones kaufen würden. Siri für Drittanbieter – ohne Homepod geht nichts Im Zuge der WWDC hatte Apple außerdem angekündigt, Siri auf Smarthome-Geräte von Drittanbietern zu bringen. Wer sich nun denkt, dass andere Hersteller etwa auch die Möglichkeit haben werden, Smartspeaker mit dem Sprachassistenten anbieten zu können, der irrt. Apple erlaubt lediglich, vernetzte Geräte mit dem Hotword „Hey Siri“ ansprechen zu dürfen; sie fungieren dabei aber nur als eine Art Relais zur Weitergabe von Kommandos an den Homepod, der weiterhin die Hauptanlaufstelle für Smarthome-Operationen in Apples Ökosystem bleibt. [caption id="attachment_1384512" align="alignnone" width="620"] Apple hat bisher nur einen einzigen Drittanbieter als Partner für die Siri-Integration genannt. (Bild: Ecobee)[/caption] Apple kommt den Anbietern damit zwar schon einen Schritt entgegen, dennoch ist fraglich, ob viele Unternehmen mitspielen werden. Während der WWDC-Keynote hatte der Hersteller mit dem Thermostathersteller Ecobee nur einen Hardwarepartner mit einem ersten Produkt genannt. Die Mitbewerber im Smarthome-Business, wie Google oder Amazon, sind offener, indem sie anderen Hardwareunternehmen erlauben, Smartspeaker mit ihren jeweiligen Sprachassistenten zu fertigen. Apples Produktstrategie im Smarthome-Bereich ist letztlich identisch mit der der anderen Bereiche, um das eigene Ökosystem komplett zu kontrollieren und die eigenen Produkt zu verkaufen. Dass die vertikale Integration erfolgreich funktioniert, zeigt sich vierteljährlich an den Umsatzzahlen. Und solange Apples Absatz auf diesem hohen Niveau liegt, wird der Hersteller auch nichts an seiner Strategie ändern.