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Interview

Yamuntu-Gründer: „Ich dachte damals: Du bist 19, du bist Schwarz, sei einfach still“

Mit 19 gründete Woundioun Sissoko die Social-Commerce-App Yamuntu. Mit 21 gab es das erste Millionen-Funding. Dabei geht es Sissoko gar nicht ums Geld, sondern um eine sozialere Shoppingerfahrung.

Von Insa Schniedermeier
6 Min.
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Schon als Teenager baute Woundioun Sissoko mit seinem besten Freund Websites – einfach, weil es besser bezahlt war, als Zeitungen auszutragen. (Foto: Yamuntu)

Direkt beim ersten Kontakt mit Woundioun „Wunni“ Sissoko, 22, merkt man, dass man es mit einer neuen Generation von Gründer:innen zu tun hat. Schon die E-Mail-Signatur des Yamuntu-Gründers sieht aus wie ein Social-Media-Post. Im Interview joint er in Sekunden mit seinem Smartphone den Zoom-Call und führt live durch die Funktionalitäten und Features der App. Anschließend teilt er eine perfekt aufgesetzte Notion-Seite mit passendem Bildmaterial und weiterführenden Links – arbeiten mit Digital Natives.

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Die Idee für sein Startup kam dem jungen Gründer in der Schule. Als Kind war Sissoko aus Mali nach Uslar in Niedersachsen gekommen – „14.000 Einwohner, 7.000 Rentner“, sagt er und lacht. Dort fiel ihm auf, dass seine Freund:innen immer wieder ihre neuen Produkte auf Social Media teilten, ohne etwas dafür zu bekommen. „Warum macht niemand etwas daraus?“, fragte er sich und gründete mit 19 Jahren das Social-Commerce-Startup Yamuntu.

Mit Yamuntu soll laut Sissoko jede:r zum Influencer oder zur Influencerin werden können. Das Konzept: Produktempfehlungen über Social Media werden mit einem Cash-Back von fünf bis 30 Euro pro Einkauf belohnt. Der Service richtet sich dabei besonders an Nano-Influencer:innen ab 100 Follower:innen. Letzten Juni, nach rund zwei Jahren Arbeit, gab es die erste Million Euro an Wagniskapital für Yamuntu. Zu den Investoren gehören der Trivago-Gründer Rolf Schrömgens sowie der Mister-Spex-Mitgründer Philipp Frenkel. 

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Inzwischen ist Sissokos Team um die beiden Co-Gründer Oliver Krause und Martin Westphal angewachsen und zählt insgesamt 18 Mitarbeitende. Nur einer ist jünger als Gründer Sissoko. Derzeit läuft eine neue Fundingrunde.

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t3n: Du bist 22 und einer der jüngsten in deinem eigenen Team. Wie ist es, so jung Chef zu sein?

Woundioun Sissoko: Als ich 2019 beim Next Commerce Accelerator angenommen wurde, waren in der Runde insgesamt fünf Startups mit sehr erfahrenen Gründerinnen und Gründern, die vorher für Airbnb oder Uber gearbeitet hatten. Ich dachte damals nur: Du bist 19, du bist Schwarz, sei einfach still. Du hast in dieser Runde nichts beizutragen und deine einzige Aufgabe ist es, nichts Dummes zu sagen. Damit habe ich mich selbst limitiert. 

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Mittlerweile ist das nicht wirklich mehr ein Thema für mich. Aber am Ende des Tages geht es immer um meine eigene Wahrnehmung. Etwas komisch war es, als unser dritter Co-Founder dazugekommen ist. Martin [Westphal] ist jetzt 31, war davor bei About You als Tech-Evangelist und ist jetzt unser CTO. Da musste ich mich finden. Ich habe natürlich einen gewissen Respekt vor Älteren und möchte nicht despektierlich sein, aber in der Startup-Kultur ist es ja manchmal schon sehr straight up.

Am Ende ist es alles Wahrnehmung.

Als du in den Next Commerce Accelerator aufgenommen wurdest, warst du 19. Wie bist du so früh zum Gründer geworden?

Schon mit 14 oder 15 Jahren habe ich angefangen, mit meinem besten Freund Nischen-Websites aufzubauen. Damals wollte ich einfach Geld verdienen. Wir haben vorher Zeitungen ausgeteilt und dafür gefühlt einen Euro pro Stunde bekommen. Und auch, wenn wir an dem Website-Bauen mehr oder weniger kläglich gescheitert sind, so habe ich in dieser Zeit doch gemerkt, dass Arbeit Spaß machen kann. Das hat mich gecatcht.

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Die drei Yamuntu-Co-Gründer: Oliver Krause, Woundioun Sissoko und Martin Westphal.

Die drei Yamuntu-Co-Gründer: Oliver Krause, Woundioun Sissoko und Martin Westphal. (Foto: Yamuntu)

Woher kam die Idee für Yamuntu?

Ich habe irgendwann beobachtet, dass all meine Freund:innen in der Schule die Sachen, die sie kaufen, in ihren Storys bei Instagram posten – mich eingeschlossen. Das war 2018, noch vor Tiktok. Und ich habe mich gefragt, warum kein Unternehmen etwas daraus macht. Zur gleichen Zeit hat mir ein Freund erzählt, dass es so etwas wie Startups gibt. Ich fand das super spannend. Aus Neugierde sind wir dann zu so einem Startup-Meetup in die nächstgrößere Stadt nach Göttingen gefahren. Dort habe ich meinen Mentor getroffen, Philip Mertes.

Wie ging es dann weiter?

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Philip hat mir ein paar Tipps gegeben und ein Buch empfohlen: „Lean Startup“. Das habe ich zwar nie gelesen, aber ich habe mir jedes Youtube-Video angeschaut, das es zu dem Thema gab. Auch nach der Messe bin ich weiter mit Philip in Kontakt geblieben und habe ihn über meine Ideen und Fortschritte auf dem Laufenden gehalten. Er hat gesehen, dass ich es ernst meine, und mir nach dem Abitur einen Praktikumsplatz in Hamburg im Bereich Venture Development angeboten. Aus den ursprünglich geplanten zwei Monaten wurden zehn. Ich habe damals extrem viel gelernt, angefangen davon wie man E-Mails schreibt, bis dahin, wie man Ware aus China nach Deutschland bringen kann. Parallel habe ich weiter an meiner Idee für Yamuntu gearbeitet und wurde dann damit im Februar 2019 beim Next Commerce Accelerator angenommen. Seitdem arbeite ich in Vollzeit an Yamuntu. 

Was ist die Kernidee von Yamuntu?

Damals haben schon alle von Influencer:innen gesprochen, wie authentisch und einflussreich die sind. Dabei haben die großen Influencer:innen zunehmend den Nachteil, dass sie nicht mehr so glaubwürdig sind, wenn man sie mit dem oder der Normalverbraucher:in vergleicht. Influencer:innen werden oft durch Unsummen incentiviert, Produkte vorzustellen, die sie selbst gar nicht kaufen würden, und die Konsument:innen wissen das. Im privaten Umfeld sind Produktempfehlungen viel glaubwürdiger, denn man gibt sein eigenes Geld für etwas aus und teilt die Produkte einfach aus Begeisterung und zwar mit Menschen, die man meist persönlich kennt.

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Zudem haben wir festgestellt, dass Influencer:innen-Marketing immer noch extrem manuell ist. Vom Sourcing, Anschreiben, Briefing et cetera. Bei diesem Aufwand lohnt es sich nicht, Normalverbraucher:innen zu adressieren, die nicht Hunderttausende Menschen erreichen, so wie die großen Influencer:innen, sondern deren Stories vielleicht nur 200 oder 300 Leute anschauen.

Wie funktioniert Yamuntu konkret?

Jede:r, der oder die mehr als 100 Follower:innen hat, kann bei uns mitmachen. Man installiert einfach unsere App, shoppt, lädt den Kaufbeleg hoch, erstellt einen Post und erhält anschließend seine Auszahlung in Höhe von maximal 30 Euro über Paypal. Am Ende kann ich direkt runterswipen und sehen, welche Produkte andere Leute aus der Community gekauft haben, und mich inspirieren lassen. Wenn es einem gefällt, kann man das Produkt direkt über uns nachkaufen. Inzwischen haben wir über 20 Partner-Shops, zum Beispiel Kickz, Puma, Fashionette, Nu-In, AFEW oder Peeces.

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App-Oberfläche von Yamuntu. (Bild: Yamuntu)

App-Oberfläche von Yamuntu. (Bild: Yamuntu)

Worin siehst du euren USP?

Unsere Grundintention war, ein Umfeld zu schaffen, in dem man das teilen kann, was einen begeistert, und in dem man sich zum Thema Shopping austauschen kann. Dabei geht es nicht in erster Linie ums Geldverdienen, sondern eher um die Experience und den Purpose, sich auszutauschen und zu connecten.

Was ist deine Vision für Yamuntu?

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Unsere Ambition ist es, einen neuen Shopping-Standard für unsere Generation zu schaffen. Der soziale Aspekt spielt eine große Rolle, man kann beispielsweise sehen, was Freunde oder Freundinnen eingekauft haben. Indem man sich mit anderen connected, erhält man viel authentischere Bewertungen von Produkten als irgendwelche Reviews, die zum Teil gefakt oder gekauft werden können. Egal, ob das jetzt Fragen nach der richtigen Größe sind oder nach der Qualität. Das ist so die aktuelle Vision: Die Plattform noch sozialer zu gestalten. 

Mal frech gefragt: Sollten wir nicht alle insgesamt viel weniger einkaufen?

Um ehrlich zu sein, ist das auch für mich ein krasser Zwiespalt. Als ich das damals mit Yamuntu angefangen habe, war es mein Purpose, den Normalverbraucher stärker ins Rampenlicht zu rücken. Und mit Shopping und Fashion sind wir per se nicht in einem nachhaltigen Umfeld unterwegs. Aber ich würde sagen, dass wir ein sehr modernes Mindset haben, das auch für viele in unserem Umfeld nicht nachvollziehbar ist. Wir wollen die Menschen nicht dazu motivieren, 20 Käufe im Monat über uns zu machen. Was wir wollen, ist, dass wenn jemand einkauft, dann im besten Fall über uns, weil wir die geilste Einkaufserfahrung bieten.

 

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Was meinst du, wenn du sagst, dass viele euer Mindset nicht nachvollziehen können?

Wir haben schon vor einem Jahr unsere Einkäufe limitiert. Nutzer:innen können seitdem nur drei Einkäufe im Monat über uns machen. Vorher hatten wir Nutzer:innen, die zum Teil zehn Einkäufe in der Woche getätigt haben. Wir haben damals nur Sneaker gemacht, nur Streetwear, da haben wir uns auch gefragt: Wie kann das sein? Für uns war es eine signifikante Entscheidung, unser eigenes Wachstum in einer sehr frühen Phase einzuschränken. Es war eine der Maßnahmen, um uns auch langfristig nachhaltiger entwickeln zu können. 

Ein weiteres Feature, das zunehmend kommen soll, sind Spenden. Denn was man beim Thema Nachhaltigkeit oft vergisst, ist das Soziale dahinter. Wir wollen, dass auch die Leute, die die Klamotten produzieren, etwas von den Verkäufen abbekommen. Konkret heißt das, dass man die zehn Prozent, die man durch uns spart, auch direkt weiterspenden kann. Das würde dazu beitragen, dass die Produktionskette insgesamt nachhaltiger wird, auch was die Menschen angeht. Kurz: Nachhaltigkeit ist ein Thema, das uns beschäftigt.

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