Social Recruiting: Wie die Mitarbeitersuche im Netz funktioniert
Manche Anfragen auf Facebook-Unternehmensseiten erinnern Stefanie Söhnchen an die Zeit, als sie noch im Drogeriemarkt gejobbt hat: „Nicht erst mal selbst gucken, sondern direkt den Mitarbeiter fragen.“ Was Stefanie beobachtet, erleben Nutzer vor allem bei Facebook, aber auch bei anderen etablierteren Netzwerken wie Google+ und Twitter: Die Präsenzen von Unternehmen mutieren teilweise zu reinen Service-Kanälen. Stefanie will das ändern.
Sie nutzt das Social Web für mehr, als nur zur Recherche. Sie hat sich sogar über Twitter beworben, genauer: auf einen Tweet ihres zukünftigen Chefs, Klaus Eck. Auf den zwitscherte die heute 25-Jährige zurück, eine klassische und für Unternehmen teure Stellenanzeige, ob in einer Jobbörse oder Tageszeitung, musste Eck nicht schalten, er setzte stattdessen auf „Social Recruiting“. Ein Twitter-Account reichte für den Erstkontakt, 140 Zeichen, persönlich und direkt. Dann das Bewerbungsgespräch, nicht im Büroraum sondern, wie im echten Beraterleben, unterwegs in der DB-Lounge am Kölner Hauptbahnhof. Nach ihrem Bachelor in Anglistik und Germanistik plus Master in „International Journalism“ arbeitet Stefanie mittlerweile als Digital-Business-Beraterin – bei der Eck Consulting Group in München.
Social Recruiting – Vom Suchen und Gefunden werden
Und Social Recruiting kann noch proaktiver sein, wie das Beispiel von Christine Heller zeigt, die mittlerweile als Social-Media-Managerin bei digitalSTROM arbeitet. Zu Beginn dieses Jahres hat sie einen Blogbeitrag gepostet, über ihre sozialen Netzwerke gestreut und nur wenige Wochen später hatte sie ihren Traumjob. Die Überschrift ihrer Bewerbung: „Punktefrau sucht neuen Job in der Online-Kommunikation“.
Die Aufmachung dieser Online-Initiativ-Kreativ-Bewerbung: Text samt visualisiertem Lebenslauf, erstellt mit dem CV-Tool resumup, sowie auf YouTube und Vimeo eingestellte Videos. Christine erstellte ihre eigene Simple-Show, die ein Klickhit im Netz und zudem dieses Jahr auf der re:publica vorgestellt wurde.
Neu zu besetzende Positionen in Unternehmen werden häufiger über persönliche Empfehlungen vergeben – wie oft genau, ist nicht bekannt. Hier aber ein paar aktuelle Zahlen: Jeder zweite Konzern, so die jährlich herausgegebene Studie „Recruiting Trends“ der Universität Bamberg, beurteilt den Einsatz von Social Media in der Rekrutierung neuer Mitarbeiter inzwischen positiv. Vor allem Facebook und Xing haben sich als Employer-Branding-Instrument etabliert.
Der Vergleich zu den Vorjahren zeigt aber auch: Der Boom von „Social Recruiting“ hat möglicherweise seinen Höhepunkt erreicht, da die Nutzerzahlen der befragten Unternehmen stagnieren. Bei der aktiven Suche nach neuen Mitarbeitern oder Informationen zu bereits identifizierten Kandidaten sind die befragten Firmen zurückhaltender.
In Sozialen Netzwerken ist Christine alias Punktefrau mit ihren persönlichen wie beruflichen Kontakten eng verknüpft, sie können sich gegenseitig weiterempfehlen – vor allem für Jobs, die sich rund um das digitale Business drehen, ist doch jede Aktion im Web Teil der eigenen Arbeitsmappe. Nur wenige Unternehmen haben von Christine Arbeitszeugnisse samt Anschreiben angefordert.
Trend im Digital Business
Christines neue Firma beschreibt sich als klein und wendig, man könne „schnell und spontan Chancen nutzen, diese Talente zu finden und an Bord zu holen“, so Eva Heringhaus von digitalSTROM in Zürich. Sie wurde über eine Facebook-Freundin auf Christines Stellensuche aufmerksam und schrieb ihr direkt eine Nachricht über Xing. „Entscheidend war, dass ich auf Basis ihres Online-Beitrags wusste, was sie kann, wie sie tickt und in welchem Umfeld sie arbeiten möchte.“ Der persönliche Eindruck habe dann, so Eva, den Ausschlag für das konkrete Angebot gegeben. Über eine klassische Stellenanzeige hätte das Schweizer Unternehmen die „Punktefrau“ wohl nicht gefunden.
Das Ansprechen von Kandidaten über Soziale Netzwerke, die nicht explizit nach einem neuen Job suchen, stößt dagegen längst nicht immer auf Gegenliebe. Personalbeschaffung sei nur dann „social“ wenn dahinter auch eine gesellschaftliche Beziehung stecke, schreiben Nutzer auf Wikipedia. Eine Transparenz, die Social Media herstellen kann, da sich nicht nur künftige sondern auch ehemalige, frustrierte Mitarbeiter in den Sozialen Netzwerken zu Wort melden.
Neue Transparenz
Ob Stefanie oder Christine – beide Geschichten zeigen, dass der Empfehlungsmechanismus im Social Web funktionieren kann, aber nicht automatisch muss, was natürlich auch von der konkreten Stelle abhängt. Die Position des Social-Media-Managers rekrutiert wohl kaum ein Personaler über die klassische Stellenanzeige. „Ein E-Book würde ich ja auch nicht auf der Schreibmaschine tippen“, sagt Eva Heringhaus. Sie schaltet weiterhin klassische Stellenanzeigen, um alle Talente anzusprechen, auch solche, die noch nicht so Social-Media-affin sind.
Wir haben Christine als (ehemalige) Bewerberin und Eva von der „anderen Seite“ des Schreibtisches gefragt, welche Top-3-Tipps Unternehmen und Bewerber beim „Social Recruiting“ auf jeden Fall beachten sollten. Hier ihre Antworten:
Tipps für Unternehmen
1. Sensibilisiere die Geschäftsführung und Personalabteilung für die Social-Media-Kanäle. Mehr denn je müssen Abteilungen übergreifend zusammenarbeiten und im Netz Ausschau nach Talenten halten.
2. Wer hat die meiste Social-Media-Affinität im Unternehmen: Der Personaler? Die Führungskraft? Diese Person sollte sich auf Talentsuche begeben und geeignete Bewerber ansprechen. Du musst Teil des Social Web sein, bevor du dich seiner Methoden bedienst.
3. Flexible Arbeitszeitmodelle, „bring your own device“ und weitere Entwicklungsmöglichkeiten stehen bei vielen Jobsuchenden hoch im Kurs. Hier haben gerade kleine und mittelständische Unternehmen Chancen, gegenüber Konzernen zu punkten!
Tipps für Bewerber
1. Für Bewerber lohnt es sich, mutig zu sein und über Social Media nach einer neuen Herausforderung Ausschau zu halten. Äußere vor allem deine Wünsche und Anforderungen an den neuen Arbeitgeber. Je genauer du die formulierst, desto gezielter können Unternehmen auf dich zukommen – quasi eine Win-Win-Situation.
2. Pflege dein Netzwerk! Es heißt nicht umsonst: Ein gutes Netzwerk wird über Jahre gepflegt und aufgebaut, damit du einmal von ihm Gebrauch machen kannst. Deine beruflichen und privaten Kontakte können dir dann behilflich sein, wenn du auf Jobsuche bist. Das war sicher schon immer so, aber das Social Web macht es einfacher und schneller.
3. Du bist ohnehin im Social Web aktiv? Bestens! Hab im Hinterkopf, dass deine Onlineaktivitäten im Rahmen einer Jobsuche immer auch Arbeitsproben sind.
Und welche Tipps habt ihr für das Social Recruiting? Wir freuen uns auf eure Meinung in den Kommentaren!
Weiterführende Links zum Thema „Social Recruiting“
- Social Recruiting: 25 Tipps für Personaler – Karrierebibel
In der heutigen, modernen Zeit finde ich es sehr sinnvoll, dass sowohl Arbeitgeber wie auch Arbeitnehmer verstärkt mit den neuen Medien arbeiten.
Über Facebook, Twitter und Co. verbreiten sich Angebot und Nachfrage sehr schnell. Dabei spielt es eine wichtige Rolle, dass beide Seiten Interesse aneinander zeigen. Es zeigt, dass der Arbeitgeber entschlossen ist, genau DEN Richtigen für sein Unternehmen zu finden. Und wer wirklich Interesse hat, verfolgt selber, was sein potenzieller Arbeitgeber postet.