- Crowdfunding oder -investing?
- Tipp 1: Die Community
- Tipp 2: Das Zeit-Management
- Tipp 3: Der Budgetplan
- Tipp 4: Die Kommunikationsstrategie
- Tipp 5: Die Projektseite
- Tipp 6: Kampagne testen
- Tipp 7: Mit viel Krach loslegen
- Tipp 8: Storytelling
- Tipp 9: Stretch Goals und Zusatzprämien
- Tipp 10: Danach nicht schwächeln
- Fazit
Geld vom Schwarm: 10 Tipps für eine erfolgreiche Crowdfunding-Kampagne
„Ich möchte einen Dokumentarfilm drehen und brauche dafür eure Unterstützung!“ Solche und ähnliche Aufrufe liest man in letzter Zeit immer häufiger in den News-Streams diverser Sozialer Netzwerke. Dahinter steckt meistens Crowdfunding, eine innovative Form der Projektfinanzierung, bei der viele Menschen gemeinsam eine Idee oder ein Produkt finanziell unterstützen.
Vor einigen Monaten sorgte in Deutschland vor allem die Crowdfunding-Kampagne der Krautreporter für Aufsehen. Innerhalb von dreißig Tagen sollten 15.000 Abonnenten den Start des neuen Online-Magazins ermöglichen. Mit Erfolg: Über 16.500 Menschen abonnierten und bescherten damit dem ambitionierten Team knapp eine Million Euro. Mit dem Geld wollen die Krautreporter im Herbst dieses Jahres die erste Online-Ausgabe launchen und das Projekt im kommenden Jahr aufbauen und etablieren.
Crowdfunding oder -investing?
Doch Crowdfunding ist nicht immer gleich Crowdfunding: Die Krautreporter sammelten das Geld im Vorverkauf ein, verfolgten also das so genannte „reward-based“ Crowdfunding. Das Team von Protonet entschied sich zur Finanzierung ihres Cloud-Servers Version 2 namens „Maya“ für das „equity-based“ Crowdfunding, auch als Crowdinvesting bekannt.
Der Unterschied: Beim reward-based Crowdfunding, das etwa auf Kickstarter, Indiegogo, Visionbakery oder Startnext möglich ist, erhalten die Unterstützer je nach Höhe ihres Beitrags eine ideele oder materielle Gegenleistung. Das kann wie bei Krautreporter der Zugang zum Online-Magazin sein oder das fertige Produkt – etwa eine DVD, wie es beim Film-Crowdfunding gängig ist.
Beim Crowdinvesting beteiligen sich die Unterstützer am finanziellen Erfolg des Unternehmens und gehen dabei oft ein größeres Risiko ein. Einerseits, weil sie höhere Summen zuschießen, andererseits aufgrund der Investmentform, im Falle von Protonet beispielsweise ein partiarisches Nachrangdarlehen. Der Crowdinvestor verliert dabei im schlimmsten Fall sein Investment.
Für welche Variante sich ein Projekt-Inhaber auch entscheidet, er sollte sein Crowdfunding-Projekt gut vorbereiten: Immerhin muss er in einem festgelegten Zeitraum möglichst viele Menschen für seine Sache gewinnen, um das Finanzierungsziel zu erreichen und die Investition tatsächlich zu bekommen. Die folgenden zehn Tipps helfen, eine Crowdfunding-Aktion optimal vorzubereiten.
Tipp 1: Die Community
Eine Crowdfunding-Kampagne funktioniert selten ohne eigene Community. Daher empfiehlt es sich, möglichst lange vor dem Crowdfunding mit dem Aufbau einer Fan-Gemeinde zu beginnen und die potenziellen Unterstützer über soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter oder Google+, aber auch in Blogs, über E-Mails oder im persönlichen Gespräch über das Projekt zu informieren. Wichtig dabei: Projektinhaber sollten ihre Community nicht mit Marketing-Blabla verstören, sondern sie am Prozess beteiligen und in das Projekt mit einbeziehen.
Aus diesem Grund gründeten zum Beispiel die Initiatoren der Mitmach-Uni für Erwachsene „ununi.tv“ schon Monate vor dem Start ihrer Crowdfunding-Kampagne eine geschlossene Google+-Community. Dort informierten sie ihre Freunde und Mitstreiter über die Finanzierungsaktion und bezogen sie in den Weiterentwicklungsprozess mit ein. Zum Start der Crowdfunding-Aktion war die Community so bereits eingeweiht. Sie verbreitete den Aufruf zur Unterstützung in ihren Netzwerken und verhalf so dem Projekt letztlich zum Erfolg.
Tipp 2: Das Zeit-Management
Bevor man eine Crowdfunding-Kampagne startet, sollte man sich ausgiebig mit dieser jungen Finanzierungsform beschäftigen. Dazu zählt etwa, dass man zumindest eine Kampagne selbst unterstützt hat und man die unterschiedlichen Arten von Crowdfunding kennt.
Außerdem sollten Projekt-Inhaber sich für die Dauer der Kampagne genügend Zeit reservieren und den Aufwand dafür nicht unterschätzen. Viele Crowdfunder sprechen von einem 24/7-Job, da sie E-Mails an potenzielle Unterstützer sowie Updates auf Facebook, Twitter und Co schreiben, Telefonate führen und Team-Mitglieder koordinieren müssen. Um ein Gefühl für Crowdfunding zu bekommen, hilft es auch, sich mit anderen Crowdfundern auszutauschen und ihnen Fragen zu stellen, entweder bei Branchenevents oder in diversen Facebook-Gruppen.
Tipp 3: Der Budgetplan
Immer wieder kommt es vor, dass sich Projektinhaber verrechnen und nach dem Crowdfunding enttäuscht oder sogar überrascht sind, dass ihnen nach Abzug aller Ausgaben nicht der Betrag zur Verfügung steht, den sie eigentlich anvisiert hatten.
Hier eine einfache Regel für ein Crowdfunding-Ende ohne Schrecken: Auf den gewünschten Betrag kommen eventuelle Produktionskosten für die Prämien, die Kosten für den Prämien-Versand, die Plattform-Provisionen und Payment-Gebühren sowie etwaige Kosten für externe Dienstleister (Grafik, PR und ähnliches). Außerdem müssen Projektinhaber die Einnahmen versteuern.
Tipp 4: Die Kommunikationsstrategie
Wer vorher alle wesentlichen Kommunikationsmaßnahmen seiner Crowdfunding-Kampagne plant, spart sich viel Zeit und jede Menge Stress. Bereits im Vorfeld sollten Projektteams Multiplikatoren – wie Journalisten oder Branchen-Experten – und Influencer im privaten Umfeld recherchieren und ansprechen. Außerdem kann das Projekt-Team Blog-Beiträge, E-Mails oder Pressemeldungen vorbereiten, um sich nach dem Start der Crowdfunding-Aktion auf andere Dinge konzentrieren zu können. Empfehlenswert ist, einen Redaktionsplan zu erstellen, der die Meilensteine der Kommunikation enthält.
Wie eine erfolgreiche Kommunikationsstrategie aussehen kann, zeigte der US-Autor und Unternehmer Tim Ferriss. Ferriss ist in der Internetszene unter anderen durch sein Buch „The 4-Hour-Workweek“ bekannt. Als Berater begleitet er unter anderem Startups – und im Falle von Soma auch Crowdfunding-Projekte. Der stylische Wasserfilter erreichte auf Kickstarter das Ziel von 100.000 Dollar innerhalb von nur zehn Tagen.
Ferriss erklärt in seinem Blogpost „Hacking Kickstarter: How to Raise $100,000 in 10 Days“ Schritt für Schritt, wie sie dieses Ziel erreicht haben. Unter anderem hat das Team mit einer extrem elaborierten Medienliste gearbeitet, die Journalisten und Multiplikatoren listete und kategorisierte. Unter all diesen Kontakten haben sie die Top-Influencer für ihr Vorhaben identifiziert und im Vorfeld angesprochen. So erzeugte das Team bereits zu Beginn der Kampagne einen erheblichen Buzz.
Tipp 5: Die Projektseite
Die Projektbeschreibung, das Pitch-Video und die Prämien auf der Projektseite sind das Herzstück jeder Crowdfunding-Kampagne. Der Aufbau und die Befüllung dieser Seite muss daher viel Aufmerksamkeit erhalten. Das Video mit dem Crowdfunding-Aufruf sollte der Zielgruppe und der Wertigkeit des Produktes entsprechen. Zudem ist es wichtig, dass es alle wichtigen Fragen in kurzer, prägnanter und emotional ansprechender Form beantwortet.
Wichtig ist auch die Wahl und Gestaltung der Gegenleistungen. Am häufigsten wählen Unterstützer Prämien im Bereich von bis zu 100 Euro. Oft ist das konkrete Produkt die Top-Prämie. Mittlerweile ist es zudem fast Standard, die Prämien und andere Projekt-relevanten Informationen mit Hilfe von Infografiken und Bildern in einem ausführlicheren Beschreibungstext professionell zu visualisieren. Abgesehen davon sollten Projektinhaber ausreichend Dialogmöglichkeiten anbieten und Fragen in einem FAQ-Bereich klären.
Gerade bei Kickstarter-Projekten kann man sich viele Inspirationen holen, was die Gestaltung der Projektseite angeht. Vor allem Games-Projekte wie Son of Nor bieten künftigen Unterstützern fast schon ausufernde, aber grafisch und inhaltlich exzellent umgesetzte Projektbeschreibungen.
Aber auch im Hardware- oder Entertainment-Bereich sind ausgefeilte Kickstarter-Seiten mittlerweile fast Standard. Beim Münchner Projekt „The Dash“ – einem kabellosen In-Ear-Kopfhörer – überzeugten Texte und zahlreiche Infografiken, Fotos und Videos vom Produkt. Das Münchner Projektteam des intelligenten Klimakontrollsystems Tado stellte sogar eigens für Kickstarter Produktbilder her.
Tipp 6: Kampagne testen
Bevor man in die Finanzierungsphase geht, sollte man sein Crowdfunding-Projekt unbedingt noch einmal im Freundes- und Kollegenkreis testen. So lassen sich Unzulänglichkeiten in der Projektbeschreibung, missverständliche Formulierungen oder fehlende Informationen rechtzeitig erkennen und anpassen. Um diesen Schritt für die Projektinhaber zu vereinfachen, bieten mittlerweile viele Plattformen eine Vorschau-Link-Funktion an.
Tipp 7: Mit viel Krach loslegen
Die ersten Stunden können für ein Crowdfunding-Projekt entscheidend sein. Daher fokussieren sich viele internationale Kampagnen auf die Aktivitäten am ersten Tag. Tools wie Thunderclap.it erzeugen schnell Aufmerksamkeit, die die Kampagne im Idealfall in die richtigen Kanäle lenkt. Unterstützen dann noch ein paar eingeweihte Influencer gezielt die Maßnahmen, steht einer erfolgreichen ersten Woche nichts mehr im Weg.
Besonders gut gemacht hat das in den vergangenen Monaten der US-amerikanische 3D-Drucker-Hersteller M3D. Bei einer Pressekonferenz kündigten die Macher im Februar ihren extrem kleinen und gleichzeitig leistungsstarken 3D-Drucker sowie dessen Crowdfunding-Kampagne an. Über eine Landing-Page konnte man sich dort in einen E-Mail-Verteiler eintragen und erhielt dann regelmäßig Hintergrund-Informationen zum Projekt und zur Kampagne. Am 7. April bekamen alle Abonnenten per E-Mail die Nachricht, dass die Kampagne nun gestartet sei. Das Ziel von 50.000 Dollar war zu diesem Zeitpunkt schon erreicht.
Tipp 8: Storytelling
Alle sprechen von Storytelling und wie wichtig Content heutzutage ist. Gerade beim Crowdfunding zeigt sich, dass dies keine leeren Worte sind, sondern die Geschichten oftmals über den Erfolg oder Misserfolg eines Projekts entscheiden. Die Art und Weise, wie Projektinhaber ihre Geschichten erzählen können, hängt von ihrem Projekt ab. Grundsätzlich zeigt sich dabei ein Trend zu emotionsgeladenen und visuell durchdachten Kampagnen.
Die Schweizer Band „The Bianca Story“ zeigt, wie das geht: Ihre Crowdfunding-Kampagne „Bist du Kumpel?“ führt einwandfreies Storytelling vor. Ziel der Kampagne war es, „einen Tunnel in das verhärtete Gestein der Musikindustrie” zu graben und auf diese Weise die Musik der Band zu befreien. Jeder Supporter wurde dabei als Tunnelarbeiter betrachtet, der mit seiner Unterstützung mithalf, möglichst viele Klumpen aus diesem Gestein zu schlagen. Illustriert hat die Band dies mit Bildern und eigens dafür produzierten Videos, die in Form von Crowdfunding-Plattform-Updates an alle Supporter gingen.
Tipp 9: Stretch Goals und Zusatzprämien
Immer öfter begegnet man in internationalen und deutschsprachigen Kampagnen so genannten Stretch Goals, also erweiterten Zielbeträgen. Sie dienen der Motivation, da sie nach dem Prinzip “Wenn wir Summe X erreichen, dann machen wir folgendes…” funktionieren. Auch zusätzliche, möglichst exklusive oder kreative Prämien können während der Crowdfunding-Aktion für Motivations- und somit Zahlungsschübe sorgen.
Beim bisher größten Kickstarter-Projekt – der Pebble Smartwatch für 10,2 Millionen Dollar – erreichten die Projektinhaber mehrmals neue Meilensteine und stellten immer wieder neue Stretch Goals in Aussicht. Nachdem die erste Millionen-Dollar-Marke erreicht war, kündigte das Team etwa an, dass sie ihre Uhr nun wasserfest machen werden. Zu einem späteren Zeitpunkt kam noch Bluetooth 4.0 hinzu.
Tipp 10: Danach nicht schwächeln
Ist das Crowdfunding erstmal erfolgreich abgeschlossen, wollen die Unterstützer über den weiteren Verlauf des Projekts informiert werden und zeitnah ihre Prämien bekommen. Die meisten Crowdfunding-Plattformen bieten nach Abschluss der Kampagne umfassende Unterstützerlisten an, mit deren Hilfe sich das so genannte Fulfillment besser organisieren lässt. Außerdem existieren mittlerweile spezialisierte Dienstleister, die etwa die Produktion oder den Versand von Crowdfunding-Prämien übernehmen.
Fazit
Immer mehr Kreative nutzen Crowdfunding, um mit ihren Ideen an die Öffentlichkeit zu gehen. Da beim Crowdfunding nicht immer nur der finanzielle Support im Vordergrund steht, sondern sich auch zahlreiche positive Nebeneffekte einstellen, sollte man Crowdfunding nicht losgelöst betreiben.
Eine Einbindung in ein längerfristiges Konzept und die Kommunikationsstrategie sind sinnvoll. Projekte gewinnen über das Crowdfunding oft Fans und Kunden oder auch neue Kooperationspartner. Die gute Vorbereitung entscheidet dabei, ob sich ein Produkt oder Service möglichst nachhaltig via Crowdfunding etabliert.
Super Artikel! =)
Vielen Dank!