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Wie Reverse Mentoring funktioniert: Von den Jungen lernen

Beim Reverse Mentoring kehren sich die Rollen um: Ein erfahrener älterer Mitarbeiter oder Manager wird zum Schüler – und ein junger Mitarbeiter zum Mentor. Viele große Unternehmen haben mit solchen Programmen schon vor Jahren ihre digitalen Transformationsprozesse begonnen. Aber auch für Mittelständler ergeben sich viele Potenziale.

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Mentoren-Programme gehören in den meisten großen Unternehmen zur Nachwuchsförderung. Der Mentor ist dabei meist ein Mitarbeiter mit vielen Jahren Berufs- und Lebenserfahrung – oft mehr als zwanzig Jahre älter als der Mentee und mit einer großen Portion Weisheit gesegnet. Jemand, der weiß, wie der Hase läuft und alle Tricks kennt. Jemand, zu dem man aufschaut, und in dessen Fußstapfen man vielleicht einmal tritt.

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Durch die digitale Transformation in Unternehmen sind jedoch neue Themenfelder aufgetaucht. Hier sind Erfahrungen vonnöten, die die ältere Generation meist nicht bietet: zum Beispiel Erfahrungen mit digitalen Workflows, Online-Markting oder Social Media. Hier sind oft die Jungen die Profis: Sie sind mit dem Netz aufgewachsen und nutzen es intuitiv – die meisten zumindest. Die Führungsetage ist dagegen in einer analogen Welt groß geworden und tauscht erst nach und nach Gewohntes gegen Unbekanntes ein. Dass das nicht jedem leicht von der Hand geht ist verständlich.

Für diesen Zweck gibt es seit den 1990er-Jahren einen Ansatz, der Jung und Alt zum Wissensaustausch zusammenbringt: das Reverse Mentoring. Die Methode unterscheidet sich jedoch in vielen Punkten vom klassischen Mentoring-Modell. Indem die Jungen in die Rolle des Mentors schlüpfen und die Alten in die des Mentees ergibt sich aufgrund der untypischen Rollenverteilung eine ungewohnt starke Dynamik. Zudem ist das Reverse Mentoring in der Regel zeitlich klar begrenzt oder findet sogar nur im Rahmen eines Transformationsprozesses statt.

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Die Ursprünge in den 90er Jahren

Der US-Konzern General Electric gilt als Urheber der Idee. Der Unternehmenschef Jack Welsh wollte, dass seine Manager im Zuge der Digitalisierung nicht auf der Strecke bleiben und mehr über das Internet erfahren, das damals erstmals an Bedeutung gewann. Er forderte Hunderte seiner Top-Führungskräfte auf, sich jüngere Mentoren im Konzern zu suchen, die sich mit den Gepflogenheiten im Netz gut auskannten und sich von diesen mit dem Web vertraut machen zu lassen.

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Welsh ging mit gutem Beispiel voran und suchte sich ebenfalls einen persönlichen Mentor. Die damals 20- bis 30-Jährigen gehörten der ersten Generation an, die mit dem Internet bereits in ihrer Jugend oder zumindest in ihrer Ausbildungszeit in Berührung gekommen waren.

Erfolgsfaktoren

Es gibt keine klar definierten Regeln für den genauen Ablauf eines Reverse-Mentoring-Programms. Jedoch haben die meisten Unternehmen vergleichbare Erfahrungen gemacht:

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1. Unterschiedlichkeit ist gut

Mentor und Mentee sollten sich weder in Bezug auf ihr Alter noch auf ihre Stellung in der Hierarchie zu ähnlich sein – und am besten auch nicht aus der gleichen Abteilung kommen. Das gewährleistet, dass die Hemmschwelle niedriger ist, offen miteinander umzugehen. Deshalb können auch externe Mentoren sinnvoll sein. Unternehmen wie Deutsche Telekom, Lufthansa oder Bosch haben dazu etwa auch auf ehemalige, junge Mitarbeiter zurückgegriffen, berichtet der Unternehmensberater Willms Buhse, der sich auf digitale Transformation spezialisiert hat.

2. Klare Strukturen vorgeben

Reverse Mentoring ist flexibel, das Programm selbst aber braucht Struktur. „Es funktioniert am besten, wenn man die jungen Mitarbeiter sehr genau aussucht und ihnen auch ein kleines Programm mit an die Hand gibt, das klärt, was die Lernziele sind und wie viel Zeit dafür zur Verfügung steht,“ erklärt Buhse.

3. Freiwillig oder nicht?

Ob die Freiwilligkeit der Teilnahme am Reverse Mentoring die Voraussetzung dafür ist, dass die Botschaften bei den Führungskräften ankommen, sehen Experten unterschiedlich. Für Buhse ist das nicht zwingend notwendig: „In der Regel haben es die am nötigsten, die sich am meisten dagegen wehren. Da kann man schon in Kauf nehmen, dass es sich beim ersten Treffen vielleicht noch nicht so toll anfühlt“, findet er. Fazit: Freiwilligkeit fördert den Erfolg, doch eine Verpflichtung kann auch mal sinnvoll sein.

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4. Projektcharakter

Im Gegensatz zum klassischen Mentoring, das teilweise über Jahre hinweg läuft, ist in diesem Fall ein kontinuierlicher Einsatz oft nicht nötig. „Ein Reverse-Mentoring-Programm ist typischerweise zeitlich begrenzt – empfohlen werden vier bis sechs Monate – und hat einen bestimmten Fokus,“ schreibt Milos Vujnovic, der für die Unternehmensberatung Centrestage bei Bosch und Bayer an Reverse-Mentoring-Projekten mitgewirkt hat [1]
[2]. Auch Bosch, Merck Group, Lufthansa und die Telekom haben die Programme nach ihrem Erfolg zunächst abgeschlossen.

Die Themen

Die Themen hängen stark von der Zielsetzung des Projekts ab. Es kann um Social-Media-Plattformen und ihre Anwendungsformen gehen, generell um neue Kommunikationsformen. Das Ziel kann sein, dass Entscheider besser nachvollziehen können, warum das Marketing einen weiteren Kanal bespielen sollte. Oder Managern wird näher gebracht, warum der Einsatz eines Social Intranets im Unternehmen sinnvoll ist. Neben dem Thema „Diversity”
in allen Ausprägungen sind laut Vujnovic auch „Arbeitsethik” und „Work-Life-Balance” mögliche Themen.

Geringe Hürden, großer Effekt

Das Mentor-Mentee-Verhältnis lässt sich hierbei nicht mit dem eines klassischen Mentoren-Programms vergleichen, schließlich müssen Führungskräfte die Ratschläge jüngerer Mitarbeiter annehmen. Dennoch ist es besser als ein trockener Workshop, meint Buhse: „Die Projekte, die ich begleitet habe, haben ihr Ziel erreicht: der direkte Austausch zwischen erfahrenen Managern und ‚jungen Wilden‘. Dadurch lernt man ganz anders, als durch eine Power-Point-Präsentation“.

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Das bestätigt auch Vujnovic: „In klassischen Qualifizierungsveranstaltungen würden sich viele Führungskräfte den eigenen Aussagen nach nicht trauen, bestimmte Fragen zu stellen,“ schreibt er in einem Blogbeitrag. Die meisten Führungskraft wollen sich eben gegenüber den Kollegen keine Blöße geben. Unter vier Augen ist die Hemmschwelle dagegen geringer.

Das Konzept des Reverse Mentoring ist in vielen großen Unternehmen erfolgreich aufgegangen. Für viele Mittelständler ein vielversprechendes Konzept.
Das Konzept des Reverse Mentoring ist in vielen großen Unternehmen erfolgreich aufgegangen. Für viele Mittelständler ein vielversprechendes Konzept.

Ein weiterer Vorteil des Reverse Mentoring ist laut Vujnovic auch die flexible zeitliche und inhaltliche Gestaltung. Damit lösen die Programme vor allem die Frage, wie man die Führungsebene abholen kann – und zwar emotional. „Die fachliche Komponente steht dabei gar nicht nur im Vordergrund. Vielmehr geht es auch darum, das Verständnis füreinander zu wecken“, so Willms Buhse [3].

Perspektiven

Auch wenn viele große Player ihre Reverse-Mentoring-Programme beendet oder auf Eis gelegt haben, sieht Buhse durchaus Potenzial für die Methode: Die Mehrzahl der mittelständischen Betriebe steht seiner Ansicht nach noch vor der Herausforderung der digitalen Transformation. Und wer weiß, vielleicht sind am Ende ja auch hier die Führungskräfte vom Einblick in die Perspektiven und Erfahrungen der jungen Mentoren begeistert – so wie Vujnovic das von vielen Managern kennt.

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