Nur rund sechs Monate nach der Vorgängerversion haben die Entwickler TYPO3 4.4 fertiggestellt. Die Veröffentlichung von Version 4.3 im vergangenen November war ein Meilenstein für das CMS, da sie durch die Integration des FLOW3-Backports „Extbase“ – dem neuen MVC-Framework – für Extensions die Brücke zu TYPO3 5.0 (Codename Phoenix) und FLOW3 schlug. Bereits im vergangenen Jahr stellten die Entwickler bei den TYPO3 Developer Days die Agenda für Version 4.4 vor. Ziel: Die Version soll den Fokus auf die User Experience und „die letzten zwanzig Prozent“ legen.

Die TYPO3 User Experience Week 2009 (T3UXW09) – eine von dreißig Sponsoren
unterstützte Coding Week im November 2009 in Mitteldeutschland – hatte einen starken Einfluss auf die Entwicklung und letztlich auch auf das visuelle Endergebnis von TYPO3 4.4. Auf dieser Veranstaltung konzentrierten sich Designer und Entwickler aus der Community auf Themen der User Experience. In fünf Teams überdachten sie momentane User-Experience-Probleme in TYPO3 und konzipierten neue Ansätze. Elemente wie der Skin für ExtJS-Elemente im TYPO3-Backend flossen bereits in Version 4.3 ein. Andere Projekte werden die Entwickler jedoch erst mit der nächsten Version 4.5 fertigstellen. Die Ergebnisse der meisten Teams finden sich aber bereits in TYPO3 4.4.

Einer der größten Kritikpunkte an den bisherigen TYPO3-Versionen war die Schwierigkeit, eine simple TYPO3-Instanz erstmalig zum Laufen zu bringen, ohne Bücher wälzen zu müssen oder dutzende Fehlermeldungen im Frontend zu erhalten.

In älteren Versionen waren zusätzliche Packages wie das „freesite“-Paket – mit einer vorinstallierten einfachen Webseite – im Lieferumfang enthalten. Die Templates dafür wurden bisher immer mit dem TYPO3-Core ausgeliefert, jedoch sind sie in keinster Weise mehr Best Practices. Diese alten TypoScript-Templates, die „static templates“, lagerten die Kernentwickler nun in eine System-Extension aus.

Um neue Benutzer und Entwickler nicht abzuschrecken, rief die TYPO3-Gemeinde das „Introduction Package“ ins Leben, das zusätzlich zum Dummy- und dem Source-Paket als separater Download auf typo3.org zur Verfügung steht. Eine erweiterte Installation, die die Erkennung des ImageMagick-Pfads und das Setzen eines sicheren Admin-Passworts automatisch vornimmt, erlaubt es, in weniger als fünf Minuten eine fertige TYPO3-Seite aufzusetzen.

Ein schlichtes Template führt den Benutzer zusammen mit einer übersichtlichen Seitenstruktur in den Funktionsumfang von TYPO3 ein und erklärt dabei Basisfunktionalitäten wie geschützte Bereiche, diverse Bildbearbeitungsmöglichkeiten oder Extensions wie „tt_news“. Das Backend des Introduction-Packages beinhaltet Standardredakteure und mit wenigen Klicks können Interessierte aus dem Introduction-Package eine erste kleine Produktiv-Website für den privaten Bereich aufsetzen.

Für die speziellen Anforderungen des Introduction-Packages mussten die Kernentwickler auch den Installer anpassen. Während der User Experience Week erweiterten sie das Install Tool, sodass sich Extensions nun in den Installationsprozess einklinken können. Zum ersten Mal in der TYPO3-Geschichte steht somit direkt im ersten Schritt der Installation auch ein anderes Datenbank-Backend als MySQL zur Verfügung. DBAL, die Datenbank-Abstraktionsschicht von TYPO3, wird automatisch installiert, falls TYPO3 auf Oracle, PostgreSQL oder MSSQL laufen soll. Falls nötig, frägt TYPO3 zusätzliche Parameter bereits während der Installation ab und setzt diese.

Während der T3UXW09 entstand außerdem die Idee, dem Install Tool und dem Login Screen einen neuen Look zu verpassen. Lars Zimmermann, der verantwortliche Designer für die visuellen Änderungen, entwickelte „über Nacht“ einen Vorschlag, um das gesamte Backend aufzufrischen. Dadurch wirken Login, Install Tool und das gesamte TYPO3-Backend wie aus einem Guss.

Jedoch waren bis zur Realisierung dieser Design-Vorlagen einige grundlegende Änderungen nötig. So waren die bisherige Gliederung und Einbindung der CSS-Statements unstrukturiert und unübersichtlich. Dank einer klaren Trennung und sauberen Benennung von CSS-Dateien und -Klassen können Entwickler Stylesheets jetzt einfacher bearbeiten. Einige dafür benötigte Werkzeuge wie ein CSS- und JS-Merger für das TYPO3-Backend oder ein Compression-Tool für JavaScript- und CSS-Dateien flossen als positive Nebeneffekte ebenso in die Entwicklung ein.

Durch die klare Aufteilung der Stylesheets ist es nun für Entwickler ein Kinderspiel, eigene Skins für das TYPO3-Backend zu realisieren; gleichzeitig profitieren Benutzer von einem visuell besser konzipierten und schneller ladenden Backend.

Auch für Icons bestand weder eine einheitliche Benennung noch Verwendung. Der aus TYPO3 3.x bekannte „Old Skin“ war zusätzlich zum offiziellen „t3skin“ unter der Haube weiterhin vorhanden. Version 4.4 ersetzt und kategorisiert die Icons größtenteils. Gleichzeitig verwendet das Backend nun eine neu entwickelte Sprite API. Sprites gruppieren Bilder und Icons als eine große Grafik, die man nicht mit img-Tags, sondern via CSS-Hintergrund-Anweisungen in span-Tags einbinden kann. So muss der Server lediglich eine Bilddatei statt hunderter einzelner Grafiken anfragen – dies reduziert die Server-Anfragen um durchschnittlich 90 Prozent.

Seit TYPO3 4.3 ist die JavaScript-UI-Bibliothek „ExtJS“ in TYPO3 integriert. Für TYPO3 4.4 definierten die Kernentwickler ein einheitliches Interface für die ExtJS-Schnittstelle „ExtDirect“ und gossen das Backend in die Form eines ExtJS-Viewports. Diese Elemente stellen die technischen Grundlagen für zukünftige Umbauten bereit, etwa einen Seitenbaum auf ExtJS-Basis. Der Rich-Text-Editor „htmlArea“ wurde bereits von PrototypeJS komplett auf ExtJS umgestellt.

In sechs Monaten Entwicklungszeit behoben die Entwickler über 1.300 Bugs im
offiziellen TYPO3-Bugtracker, einige davon standen schon seit mehreren
Jahren dort. Sie entfernten Altlasten wie den Support für die zehn Jahre
alte „GDlib“-Version 1 oder das Vorgängermodell des aktuellen
TYPO3-Backends „alt_main.php“, deaktivierten die Versionierung der Typen
„Branch“ und „Pages“ und schalteten den „Draft Workspace“ standardmäßig
ab. Das Task-Center-Modul erhielt sowohl technisch als auch in puncto Benutzerführung eine Auffrischung.

Seit 2009 hat sich um Kernentwickler François Suter das
Documentation-Team neu formiert, das die offiziellen
Core-Dokumentationen aktualisiert und neu strukturiert. Obwohl diese
Arbeit nicht an spezielle Versionen des TYPO3-Kerns gekoppelt ist, sind Ergebnisse wie aktualisierte Handbücher von System-Extensions
sowie frische Screenshots für die Hilfetexte bereits in TYPO3 4.4
enthalten.

Einige Projekte, die ursprünglich für TYPO3 4.4 angedacht waren, mussten die Entwickler auf Grund zeitlicher Engpässe auf die nächste Version verschieben. So stehen bereits ein performanterer Extension-Manager sowie die Integration visueller Änderungen von der T3UXW09 in den Startlöchern.

Der Rewrite der TYPO3-Komponente „TCEforms“ und das FORM-Projekt sind ebenfalls auf der Featureliste für Version 4.5. Ein Entwicklerteam aus der Community greift darüber hinaus das Thema „Workspaces“ von Neuem auf und entwickelt die Workspaces aktiv weiter. Größere Änderungen hierzu fließen allerdings erst in die nächste Version des TYPO3-Kerns ein.

TYPO3 4.5 soll dem halbjährlichen Release-Cycle folgen. Demnach ist die nächste Version für Anfang 2011 geplant. 4.5 soll mit dem so genannten „Long Term Support“ erscheinen, einer Garantie, dass diese Version drei Jahre lang mit Updates und Sicherheits-Patches versorgt werden wird. Das Release-Manager-Team aus Ernesto Baschny und Steffen Kamper hat sich dabei zum Ziel gesetzt, TYPO3 noch stabiler und schneller zu machen, die noch offenen Projekte abzuschließen und Version 4.5 insgesamt auf eine zukunftssichere Basis zu stellen, die dem Namen Enterprise Content Management System alle Ehre machen soll.

TYPO3 selbst ist ein Open-Source-Community-Projekt, das durch jeden einzelnen Motivierten geprägt wird. Jeder, der zur kommenden Version 4.5 beitragen möchte, ist daher eingeladen, sich mit seinen Fähigkeiten und Talenten an der Entwicklung zu beteiligen und sich beim Release-Manager-Team zu melden.