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MIT Technology Review Feature

Alternative Antriebe für Lkw: Batterien, Wasserstoff oder Oberleitung?

Emissionsarm soll der Güterverkehr ab 2040 durch Deutschland rollen. Doch welcher Antrieb dafür am besten geeignet ist, spaltet auch die Wirtschaftsweisen: Batterieelektrisch sagen vier Gremiumsmitglieder, Wasserstoff sagt die Ökonomin Veronika Grimm.

12 Min.
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(Foto: Shutterstock/Flystock)

Der Wirtschafts-Sachverständigenrat hat sich in seinem Frühjahrsgutachten für den zunehmenden Einsatz von Elektro-Lkw ausgesprochen. Damit soll der Güterverkehr dekarbonisiert werden. Dafür bedürfe es einer flächendeckenden Ladeinfrastruktur. Mit den battiereelektrischen Lkw könnten Emissionen am besten reduziert werden, andere emissionsarme Antriebe hätten „nicht dieselbe Marktreife“, erklärten die sogenannten Wirtschaftsweisen. Die fünf unabhängigen Sachverständigen bilden ein Gremium, das die Politik in ökonomischen Fragen berät und die gesamtwirtschaftliche Entwicklung in Deutschland begutachtet. Allerdings herrscht bei der Antriebsfrage für den Schwerlasttransport unter den Expert:innen offenbar keine Einigkeit. So hält die Nürnberger Ökonomin Veronika Grimm die Fokussierung auf den Elektroantrieb für falsch. Auch solle Wasserstoff in der Brennstoffzelle als Möglichkeit in Erwägung gezogen werden.

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Mit ihrem Appell zieht Grimm allerdings das Misstrauen ihre Gremiumskolleg:innen auf sich, denn Grimm ist zugleich neu gewählte Aufsichtsrätin von Siemens Energy, das wiederum seine Wasserstofftechnologien voranbringen möchte. Während Grimm laut Interview mit dem ARD Hauptstadtstudio sagt: „Nein, ich sehe da keinen Interessenskonflikt“, bleibt dennoch die Frage nach einem geeigneten Antrieb für den Güterverkehr auf der Straße.

  • Dieser Text erschien ursprünglich unter dem Titel „Lange Leitung“ in der Ausgabe 4/2022 von MIT Technology Review. Aufgrund des aktuellen Frühjahrsgutachtens des Sachverständigenrates veröffentlichen wir ihn an dieser Stelle erneut.

Bei Volvo etwa hat man den Sattelschlepper Volvo FH mit Flüssiggasantrieb (LNG) im Repertoire: 1000 Kilometer ohne zu tanken, schafft er. Sein Batterie-Pendant bringt es hingegen nur auf knapp 350 Kilometer. Für viele Menschen ist die Debatte um elektrischen Schwerlastverkehr bereits an diesem Punkt beendet: Lange Strecken und Strom passen offenbar einfach nicht zusammen.

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Doch die Lkw-Hersteller können es nicht dabei bewenden lassen. Ihre Fahrzeuge verursachen laut Unternehmensberatung PWC rund zehn Prozent der globalen CO2-Emissionen – mehr als die Pkw mit 7,4 Prozent. Nach den jüngsten Plänen der EU-Kommission sollen ab 2040 in der EU nur noch Lkw und Busse mit geringen Rest-CO₂-Emissionen verkauft werden. Laut Kommissionvertretern in Brüssel müsse der CO₂-Ausstoß bei Neufahrzeugen dann um 90 Prozent niedriger ausfallen als 2019. Mit Dieselmotoren ist das kaum zu machen. Sie sind bereits weitgehend ausgereizt. Praktisch aus dem Rennen ist auch LNG. Es verursacht laut Öko-Institut „ungefähr gleich viel Treibhausgase wie Diesel“.

Biogas hat ein anderes Problem: Es steht nur begrenzt zur Verfügung. „Wir brauchen Biogas, um Millionen existierender Gasheizungen schnell zu dekarbonisieren“, sagt Julius Jöhrens vom Institut für Energie- und Umweltforschung (IFEU). Es für Lkws zu propagieren, sei „politische Unehrlichkeit gepaart mit Naivität“. Auch aus rechtlichen Gründen ist Biogas keine Option: Die EU berücksichtigt bei ihrer Vorgabe nur die Emissionen, die direkt am Fahrzeug entstehen. Damit fallen auch E-Fuels weg, selbst wenn sie in der Gesamtbilanz klimaneutral wären.

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Daimler hat Gas-Motoren bereits aus dem Angebot genommen. „Unsere Strategie ist die volle Elektrifizierung“, sagt Peter Smodej, Sprecher für Mercedes-Benz Trucks. „Technologieoffenheit ist an sich gut, aber die Gesellschaft muss sich darauf konzentrieren, was auch langfristig eine Zukunft hat.“ Doch wie genau diese Elektrifizierung vonstattengehen soll, darüber ist die Branche zerstritten.

Tesla-Chef Elon Musk hatte bereits 2018 einen E-Sattelschlepper mit 800 Kilometern Reichweite angekündigt. Das Konzept des „Tesla Semi“ ist schnell erklärt: Einfach genug Batterien einbauen. Mindestens 1.000 Kilowattstunden wären für die versprochene Reichweite nötig. Das ist mehr, als mancher Single-Haushalt im ganzen Jahr verbraucht.

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Eine solche Batterie würde mehr als zehn Tonnen wiegen und entsprechend wenig Nutzlast übrig lassen – von Kosten und Rohstoffbedarf ganz abgesehen. Mittlerweile hat praktisch jeder Lkw-Hersteller elektrische Modelle im Programm hat, und inzwischen hat auch Tesla – wenngleich mit Verspätung – seinen Tesla Semi ausgeliefert.

Doch wie viel Reichweite ist in der Praxis eigentlich nötig? Dies hat das Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) anhand der Daten von 9.500 realen Fahrten zu Rewe-Filialen im Berliner Umland berechnet. Das Ergebnis: Jede innerstädtische und jede zweite regionale Tour wäre ohne Zwischenladung mit E-Lkws zu schaffen, die bereits auf dem Markt sind. Doch damit sich die Anschaffung eines Elektro-Lastwagens rechnet, muss er möglichst viel unterwegs sein. Im Kurzstreckenbetrieb kommt er aber nur schwer auf die nötige Fahrleistung.

Berücksichtigten die Forschenden nur Strecken, die sowohl technisch als auch wirtschaftlich machbar sind, blieben 21 Prozent der Tonnenkilometer übrig (also die Masse der transportierten Nutzlast mal die zurückgelegte Strecke). Wird die Tourenplanung optimiert, etwa durch Zwischenladungen in den Filialen, wären 36 Prozent möglich. Das Beispiel zeigt: Die Königsdisziplin ist der Langstreckenverkehr. Hier machen sich Investitionen am ehesten bezahlt.

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Schlechte Karten für Batterien also? Kommt drauf an. Dazu eine kleine Rechnung: Laut Gesetz dürfen Lkw-Fahrer in Europa maximal 4,5 Stunden am Stück fahren. Danach müssen sie 45 Minuten Pause machen. Bei einem Tempo von 80 km/h kämen sie bis dahin maximal 360 Kilometer weit. Das ist gar nicht mehr so weit von den derzeitigen Reichweiten entfernt. Nach Angaben der Nichtregierungsorganisation Transport & Environment sollen schon 2024 die ersten Trucks mit Reichweiten um 500 Kilometer auf den Markt kommen.

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