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Facebook und Teenies: „Facebook ist wie das Klo, man muss drauf!“ [Kolumne]

Facebook und der Teenie-Schwund: Björn Tantau erklärt in seiner t3n-Kolumne, wie es zur jetzigen Situation kommen konnte und was Facebook dagegen tun kann.

Von Björn Tantau
7 Min. Lesezeit
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Facebook und Teenies. (Bild: Flickr-Tammy McGary, CC-BY-2.0)

Es gab mal eine Zeit, da war alles cool. Facebook war neu, angesagt und modern. In seiner Gründungszeit in den USA eroberte das Soziale Netzwerk in den ersten Jahren die Herzen der Menschen im Sturm – darunter sehr viele junge Menschen. Das leuchtet ein, denn Facebook war ursprünglich ein Soziales Netzwerk für Studenten, das erst nach und nach erweitert wurde. Heute, im Jahr des 10. Geburtstags, haben allerdings gerade junge Leute ein Problem mit Facebook, das sich in den kommenden Jahren manifestieren könnte.

Das digitale Leben ist schnell

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Der einleitende Satz „Facebook ist wie das Klo, man muss drauf!“ stammt nicht von mir. Er wurde von einer Mutter als Kommentar auf meiner Website gepostet. In dem Artikel ging es um das Thema, dass Facebook die Teenager verliert. Und diese Mutter zitierte mit ihrem Kommentar ihre Tochter, von der der Ausspruch stammte. Diese Äußerung zeigt das Problem von Facebook. Facebook ist nicht mehr cool, es ist nicht mehr hip und auch nicht mehr angesagt. Neudeutsch würde man höchstwahrscheinlich sagen, dass Facebook nicht mehr „sexy“ ist. Wie man das Problem nennt, ist aber eigentlich zweitrangig, denn nur die Lösung ist interessant. Wie kann Facebook die Entwicklung stoppen?

Doch kommen wir zunächst zu den Zahlen und Fakten: Anfang November erschien eine neue Studie, laut der Facebook im zweiten und dritten Quartal 2013 von 16- bis 19-Jährigen in den USA und weltweit viel weniger aktiv genutzt wurde als im Vorjahreszeitraum. Zum dritten Quartal hin erholten sich die Zahlen zwar ganz leicht wieder, es kann aber dennoch keine Entwarnung gegeben werden.

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Gruppenzwang unter Teenagern

Wer sich die Studie aufmerksam anschaut, könnte jetzt argumentieren, dass im Zeitraum vor diesem Abfall der Anteil erst stark gestiegen sei. Das ist richtig, ändert aber an dem Problem nichts. Ganz im Gegenteil, es macht es eigentlich noch schlimmer, denn offensichtlich schaffte Facebook es nicht, diesen Anstieg für sich zu nutzen. Das Produkt fiel bei der Zielgruppe also offensichtlich durch und das ist ein ganz schlechtes Zeichen.

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Teenager-Zielgruppe: Ist Facebook für Jugendliche nicht mehr interessant? (Bild: Flickr-Luci Correia / CC-BY-2.0)

Teenager-Zielgruppe: Ist Facebook für Jugendliche nicht mehr interessant? (Bild: Flickr-Luci Correia / CC-BY-2.0)

Das Abfallen der Beliebtheit von Facebook bei Teenagern vom ersten zum zweiten Quartal 2013 fällt zusammen mit den ersten großen Erfolgen von alternativen Messengern wie WhatsApp oder Snapchat. Bereits im Dezember 2012 soll Mark Zuckerberg laut Medienberichten bei den Gründern von Snapchat zu Besuch gewesen sein und hätte angekündigt, dass man mit der Poke-App eine identische Anwendung habe und Snapchat in Kürze „plattwalzen“ werde.

Die Geschichte der Poke-App ist bekannt: Niemand nutzt sie, weswegen sie grandios floppte. Heute ist die App faktisch nicht mehr existent. Snapchat hingegen wuchs sehr stark und ist heute in aller Munde. Das bemerkte auch Facebook und bot drei Milliarden US-Dollar zur Übernahme, doch die Snapchat-Macher lehnten ab. Die junge Zielgruppe der Teenager war zu diesem Zeitpunkt schon längt auf Snapchat und WhatsApp angekommen und der gleiche Gruppenzwang, der seinerzeit Facebook in den Unis der USA groß machte, arbeitet seitdem gegen das weltweit größte soziale Netzwerk.

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Zwanglose Kommunikation

Gegen Facebook spricht zudem der Umstand, dass dort in den Augen von jungen Internet-Usern offensichtlich keine zwanglose Kommunikation mehr möglich ist – weil alles gespeichert wird. Ich erkläre immer gern, dass Social Media im Prinzip nur das tägliche Leben digital abbildet. Und im täglichen Leben geht es oft um ganz einfache Dinge, die bei näherer Betrachtung auch belanglos sein können. Das Wetter ist so ein Beispiel – keine gute Party ohne reichlich Smalltalk, der allseits beliebten „beiläufigen Konversation ohne Tiefgang“.

Es muss also nicht alles aufgezeichnet werden und besonders Snapchat hat sich diesem Motto verschrieben, zumindest auf den ersten Blick. Ein Chat-System, in dem Texte, Bilder und Nachrichten innerhalb weniger Sekunden schlicht und ergreifend wieder aus der direkten Wahrnehmung verschwinden, ist eigentlich genau das, was Smalltalk ausmacht. Ob es den Machern von Snapchat bewusst war, dass sie genau diesen Nerv treffen, ist nicht sicher. Ganz sicher ist aber, dass sie es mittlerweile gut verstanden haben, genau das zu nutzen – sehr zum Unmut von Facebook.

Auch Snapchat kann vergehen und Facebook könnte das Thema einfach aussitzen, denn wirklich bedroht ist das Soziale Netzwerk aktuell nicht – noch nicht. Denn die Teenager von heute sind die Erwachsenen von morgen und es ist einer der Grundsätze des Marketings, dass man potenzielle Kunden so früh wie möglich an ein Produkt binden oder zumindest heranführen muss. Genau aus diesem Grund gab und gibt es leider immer noch Schokoladen-Zigaretten – nur ein Beispiel dafür, wie man die Kunden von morgen schon heute rekrutiert.

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Was die Eltern machen, ist uncool

Anwendungen wie Snapchat und WhatsApp profitieren also von den gleichen Vorteilen, die Facebook vor zehn Jahren genoss: Sie sind neu und angesagt und stehen deswegen bei den Teenagern hoch im Kurs. Vor allem, weil die Kommunikation so unkompliziert ist und man sich nicht erst ein Profil anlegen muss, in dem unzählige Daten abgefragt werden. Wenn dieser Stein ins Rollen kommt, greifen die viralen Effekte – und auch hier lassen sich die gleichen Bedingungen erkennen, die Facebook damals groß gemacht haben.

In der Gesamtzahl der Mitglieder von Facebook macht der Teenie-Schwund bisher nur eine Fußnote aus, weswegen das Problem auch immer gern kleingeredet wird – vor allem von den Leuten, die sich geschäftlich viel mit Facebook befassen. Facebook selbst wird das Thema hoffentlich auf dem Schirm haben und an entsprechenden Gegenmaßnahmen arbeiten, die erfolgreicher als die Poke-App sind. Solange Facebook in die andere Richtung immer noch wächst, besteht kein wirklicher Grund zur Panik.

Die Eltern der Teenager, die Facebook nicht mehr cool finden, sind nämlich auf jeden Fall dort vertreten. Das ist auch logisch, weil Facebook in fast jedem Land, in dem es aktiv ist, mittlerweile einen demografischen Querschnitt durch die jeweilige Gesellschaft bildet. Dementsprechend entdecken auch die „Late Adopter“ das Soziale Netzwerk und so manche Eltern melden sich vermutlich auch an, um die Aktivitäten der eigenen Kinder zumindest verfolgen zu können. Allein das ist für viele Teenager ein Punkt, nicht mehr auf Facebook aktiv zu sein.

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Probleme börsennotierter Firmen

Facebook hat seinen Nimbus eines coolen, hippen und jungen Startups verloren. Das mag zunächst dramatisch klingen, ist aber der ganz normale Lauf der Dinge. Facebook wird in diesem Jahr zeh Jahre alt und hat sich zu einem der bedeutendsten und einflussreichsten Unternehmen überhaupt entwickelt. Weil mittlerweile aber – zumindest in der subjektiven Wahrnehmung – wirklich alle dort vertreten sind, ist es nicht mehr außergewöhnlich, nicht mehr besonders.

Junge Menschen, die gern viel entdecken und noch nicht gesetzt sind, schreckt das höchstwahrscheinlich neben den anderen genannten Gründen wie der potenziellen Anwesenheit der Eltern ab und sie suchen nach neuen Möglichkeiten, sich untereinander auszutauschen. Snapchat und WhatsApp bieten diese Möglichkeiten, zudem ist es bei Snapchat auch noch augenscheinlich „sicher“, weil man sich als jugendlicher User keine Gedanken machen muss, dass kompromittierende Inhalte auf dem Smartphone zurückbleiben. Aus dieser Sicht ist Snapchat sogar die sicherste Plattform von allen.

Snapchat hat grundsätzlich kein Geschäftsmodell und ist auch kein börsenorientiertes Unternehmen. Ob es das jemals wird, darf bezweifelt werden. Damit wird Snapchat aber auch nicht die typischen Probleme von börsenorientierten Unternehmen bekommen – Probleme, wie Facebook sie hat und an denen gearbeitet werden muss, damit man in Zukunft neue Strategien hat, um auch Teenager wieder dauerhaft zu begeisterten Nutzer zu machen. Aktuell scheint das definitiv nicht so zu sein.

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Facebook und Teenies: Ein Fazit

Facebook hat ein Problem mit Teenagern, die sich nach Alternativen umsehen und dieses Problem ist mit Sicherheit auch schon erkannt. Die Jugendlichen von heute sind die Erwachsenen von morgen und wenn Facebook keinen demografischen Selbstmord begehen will, dann muss gehandelt werden. Ein möglicher Ausweg wäre eine zu Facebook gehörendes, aber dennoch ausgegliedertes Soziales Netzwerk mit dem Namen „Facebook Junior“. Hier könnte man eine Altersgrenze nach oben einführen (zum Beispiel 18 Jahre) und dort Funktionen anbieten, die aktuell nur bei Snapchat oder WhatsApp funktionieren.

Der Ankauf entsprechender Services ist auch eine Option. Bei Instagram klappte das, bei Snapchat nicht. Instagram ist im Facebook-Universum aufgegangen, was der Popularität keinen Abbruch getan hat. Snapchat weigerte sich, die Offerte von drei Milliarden US-Dollar zu akzeptieren. Auch Facebook kann also nicht alles mit Geld regeln und genau aus diesem Grund muss weiter an neuen Produkten gearbeitet werden. Produkte, die die Zielgruppe erreichen und bei ihr einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Die heutigen Teenager sind mit dem Internet aufgewachsen und somit „Digital Natives“. Sie wissen ganz genau, wie die Dinge funktionieren und bewegen sich sicher im Internet. Das hat aber auch zur Folge, dass sie sich gut auskennen und im Zweifel nicht alles akzeptieren, was irgendein Konzern verordnen will. Dieser Drang zur „digitalen Freiheit“ ist für Facebook möglicherweise problematisch, weil Facebook auch 2014 leider nicht für viel Transparenz bekannt ist, von optimalem Datenschutz ganz zu schweigen. Facebook wäre deswegen gut beraten, sich genau zu überlegen, was man den jungen Zielgruppen in Zukunft bieten kann. Sonst bleibt Facebook „wie das Klo“: Man ist nur drauf, wenn es unbedingt nötig ist.

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18 Kommentare
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Dein t3n-Team

Christian

Grundsätzlich muss man sich fragen, ob die unter 18-jährigen für Unternehmen überhaupt die relevante Zielgruppe sind. Für manche Unternehmen sicher, aber lange nicht für alle. Der Vergleich mit Snapchat hinkt aus Marketingperspektive aber gewaltig – wie und auf welche Art sollen Unternehmen dort aktiv werden? Richtig ist, das Facebook wachsam sein muss und die Entwicklung der Nutzergewohnheiten verfolgen sollte. Trotzdem reicht es (aus Marketingperspektive), wenn die Nutzer sich mit 18 einen Account erstellen. Es ist eben wie auf dem Schulhof – im direkten täglichen Kontakt reicht das Gespräch (oder Snapchat). Nach der Schulzeit geht der persönliche Kontakt aber deutlich zurück – der Zeitpunkt, an dem ein Account in Facebook wieder deutlich attraktiver wird. Und das kommt der Gründungsgedanke (Studentennetzwerk) wieder zum tragen.

Antworten
Georg

Müsste es nicht konsequenter weise heissen: „Facebook ist wie das Klo, voller Scheisse aber man muss drauf!“

Antworten
Rico Weigand

@Georg Sehr richtig ^^

Ich verstehe die Snapchat-Macher immer noch nicht. Die werden niemals einen Gewinn von 3 Milliarden Dollars machen. Haben dies sich nie den viel zu hohen Preis in Relation gesetzt? Selbst wenn noch so viel Liebe an dem Startup hängt. Aber bei dem Preis würde ich nie wieder arbeiten wollen.

Antworten
Stephan

In diesem Zusammenhabt verweise ich gern auf einen alten Techcrunch Artikel, der auch feststellt, dass die Facebook User immer älter werden:

http://techcrunch.com/2007/10/14/will-facebooks-older-users-drive-away-all-the-young-kids/

Man achte auf das Datum des Artikels ;-)

Antworten
Axel Kopp

Aufs Klo zu gehen, finde ich auch nicht sexy, notwendig ist es aber trotzdem – und zwar mehrmals täglich. ;-) Wenn Facebook also wie ein Klo ist, ist das doch eine unglaubliche Stärke der Plattform (und eben keine Schwäche)!

Antworten
MH

@ Rico

Ich glaube, das hat auch etwas mit Stolz zu tun:

Man muss sich ja nur mal den Verlauf der Ereignisse anschauen, erst erstellt Herr Zuckerberg eine Kopie und droht Sie „platt“ zu machen, dann versucht er die Übernahme und schreit Ihnen förmlich ins Gesicht „Ihr seid auch nur eine Zahl“! Da würde ich auch erst mal zögern. Möchte man wirklich alle Zügel dem Mann übergeben, der einem kurz zuvor so auf die Füße getreten ist? Es scheint, also ob hier nicht nur ökonomische sondern auch persönliche Gründe für die Entscheidung mit antwortlich sind. 3 Milliarden ist unfassbar viel Geld! Das sind 10 Millionen aber auch und soweit ich weiß haben Sie die schon in der Tasche.

Also, warum nicht an die eigene Vision glauben?

Antworten
JoeL

Die Lebenszyklen der Social Media Plattformen werden immer kürzer, FC hat seinen Zenith schon längst überschritten. Whatsapp, Line, Snapchat sind heute hipp und morgen überholt. Als Snapchat-Gründer hätte ich die 3 Mrd. US-$ genommen und versucht noch etwas von unserem Planeten zu retten.

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