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Bewerbung 2.0 – So funktioniert die Stellen- und Personalsuche im Web [Interview]

Welche Möglichkeiten bietet uns das Web, wenn es um die Stellen- und Personalsuche geht? Wie sieht die Bewerbung 2.0 aus? Diese und weitere Fragen klären wir im Interview mit der Bewerberin Christine Heller und dem Recruiting-Experten Jan Kirchner.

8 Min.
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Das Internet hat vieles verändert. Auch die Art und Weise, wie wir auf Jobsuche gehen und wie Unternehmen neue Talente ausfindig machen. Während wir uns früher noch handschriftlich auf Stellenanzeigen in Zeitungen beworben haben, läuft heute vieles doch eher über Karrierenetzwerke wie Xing oder LinkedIn. Viele Onliner haben aber auch Blogs, Facebook und Twitter für sich entdeckt und dort eigene Web-Kampagnen gestartet, die durch virales Engagement ihre Kreise gezogen haben. In unserem Interview mit Christine Heller, die eine dieser erfolgreichen Kampagnen aufgesetzt hat und Jan Kirchner, der mit seiner Agentur Unternehmen hilft die richtigen Recruiting-Strategien im Social Web aufzusetzen, haben wir uns über die Bewerbung 2.0 unterhalten. So funkioniert die Stellen- und Personalsuche heutzutage im Web.

Ein Positiv-Beispiel für die Bewerbung 2.0

Bewerbung 2.0 - Christine Heller

Bewerbung 2.0: Christine Heller hat eine eigene Web-Kampagne aufgesetzt um ihren zukünftigen Arbeitgeber zu finden. Mit Erfolg! Ist ihre Kampagne richtungsweisend für die Bewerbung 2.0?

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t3n magazin: Christine, vor drei Monaten hast du eine Initiativbewerbung über dein Blog rausgeschickt. Jedoch nicht an ein bestimmtes Unternehmen, sondern breitgefächert an deine Leser, in der Hoffnung, dass dir ein Job angeboten wird, der dir gefällt. Erzähl doch mal von deinen Erfahrungen mit dieser doch sehr unkonventionellen Bewerbungsart. Wie war die Resonanz darauf?

Christine Heller: Der Beitrag mitsamt dem Video hat sich in kürzester Zeit im Netz verbreitet. Ich weiß noch, wie ich am Montag den 14. Januar vor dem Rechner saß und kaum fassen konnte, was da gerade eigentlich passiert. Viele Bekannte, Freunde und Leute aus meinem Netzwerk haben mir viel Glück bei der Suche gewünscht und meinen Beitrag weiter geteilt. Das war großartig und hat letztlich dazu geführt, dass mein zukünftiger Arbeitgeber auf mich aufmerksam geworden ist. Zwischen all dem Zuspruch gab es natürlich auch kritische Stimmen, die mit meiner Art der Selbstdarstellung nichts anfangen konnten oder es nicht für gut befunden haben. Damit muss man rechnen. Ich ziehe ein positives Fazit und würde diesen Weg rückblickend wieder so gehen.

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t3n magazin: Laut einer Analyse vom Hootsuite-Nutzer Volker Meise hat dein Anliegen bereits nach knapp anderthalb Monaten eine Millionen Nutzer auf Twitter erreicht. Wie wichtig ist das eigene Netzwerk im Social Web bei dieser Herangehensweise?

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Christine Heller: Ich bin der Meinung, dass das eigene Netzwerk mit das Wichtigste ist. Schließlich soll eine solche Aktion möglichst viele Personen erreichen. Wenn ich also die Nachricht meiner Jobsuche ausspreche, muss es wiederum andere geben, die diese weiter teilen, sonst stellt sich keine Viralität ein. Ein Retweet oder das Teilen eines Facebook-Eintrags stellt zudem eine Art Empfehlung dar. Das kann eine Empfehlung für den Beitrag selbst oder auch für die Person sein, die gerade einen neuen Job sucht. Genau diese persönliche Empfehlung ist letztlich der Schlüssel zum neuen Job.

t3n magazin: Wie viele Jobangebote haben dich im Endeffekt erreicht? Und waren die alle ernst gemeint?

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Christine Heller: Mich haben Jobangebote im zweistelligen Bereich erreicht. Ich kann mich aber nicht daran erinnern, dass eines der Angebote nicht ernst gemeint gewesen wäre. Natürlich habe ich mich in manchen Angeboten sehr, in anderen weniger und in manchen gar nicht wiedergefunden.

t3n magazin: In deinem Blogpost hast du sowohl eine Infografik als auch ein Bewerbervideo eingebettet. Ganz schön umfangreich. Wie lange hat es gedauert von der Idee bis zum fertigen Post? Und wie kamst du überhaupt darauf, diesen Weg zu gehen?

Christine Heller: Ich habe nach einer Form gesucht, die sowohl mich als Person als auch meine Fähigkeiten und Erfahrungen abbilden kann. Die Mischung aus Blogbeitrag, Video und Infografik erschien mir dabei sinnvoll. In dem Video lernt man mich als Person kennen und erfährt etwas über meine Einstellung zur Online-Kommunikation. Die Infografik zeigt meinen bisherigen Werdegang. In dem Artikel bekommt man einen Eindruck von meinem Schreibstil und erfährt, welche Erwartungen ich an die neue Aufgabe stelle.

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Es hat dann circa eine Woche gedauert, bis der Beitrag, die Infografik und das Video fertig waren. Bei dem Video habe ich mir Unterstützung geholt. Christian Dingler von der Agentur genuin4 hat die Produktion und den Schnitt übernommen. Was man allerdings nicht unterschätzen darf: Man muss sich im Vorhinein sehr genau überlegen, wie die neue Aufgabe aussehen soll, nach der man schließlich sucht. Welche Eigenschaften bringe ich mit, welche Erfahrungen habe ich bereits gesammelt, und was erwarte ich von dem neuen Job und dem Arbeitgeber? Diese Fragen sollte man beantworten, bevor man sich um die Umsetzung Gedanken macht.

t3n magazin: Nun hörte man ja immer öfter in den letzten Jahren von Fällen, die zeigen, wie sich Bewerber durch verschiedene Web-Aktionen vom zukünftigen Arbeitgeber haben abholen lassen. Unvergessen auch die „Employ-Adam“-Aktion, in der ein junger Brite angeblich seine letzten 500 Pfund für eine Plakatwerbung ausgab, auf der er um einen Job bat und auf die eigens kreierte Webseite für weitere Infos verwies. Wie wichtig ist es heutzutage, gerade als Medienschaffender durch diese individuellen, kreativen Aufrufe sich von der Masse an Bewerbern abzuheben?

Christine Heller: Ich möchte hier keine Pauschalaussage abgeben. Ich denke, dass die Art der Bewerbung zum Bewerber und zur Branche, in der man sich bewerben will, passen muss. Natürlich ist die Initiativbewerbung über den eigenen Blog eine Möglichkeit, sich von der Masse abzugrenzen. Keine Frage. Ich glaube, dass sich digitale Bewerbungen insbesondere für Bewerber eignen, die eine neue Herausforderung in der Kommunikations-, Marketing- und Design-Branche suchen. Natürlich muss die Bewerbung nicht immer über den eigenen Blog laufen. Jüngst hat sich auch Philippe Dubost als Produktmanager beworben und eine Webseite konzipiert, die dem Look der Amazon-Webseite sehr ähnelte. Ein anderes Beispiel ist Jochen Hencke, der vor einigen Jahren eine Facebook-Seite mit dem Titel „Jochen for Stiegl“ erstellte und sich so bei der Brauerei als Social Media Manager bewarb – mit Erfolg!

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t3n magazin: Aber glaubst du, dass es zukünftig wichtiger werden wird für Bewerber, gerade in den von dir genannten Branchen, von der herkömmlichen Bewerbung mehr und mehr Abstand zu nehmen? Eine Online-Affinität gehört ja heute schon zum Anforderungsprofil. Die lässt sich auf dem Papier schwer erkennen. Stichwort: Arbeitsproben. Ist die Bewerbung der Zukunft ähnlich wie deine eigene „digital“?

Christine Heller: Ich glaube, dass nicht alle Bewerbungen in der Zukunft ähnlich aufgebaut sein müssen wie mein Blogbeitrag. Es gibt ja noch weitaus mehr Möglichkeiten, eine digitale Bewerbung zu konzipieren, ohne dabei direkt eine ganze Kampagne daraus zu machen. Fest steht: Speziell Marketing, Kommunikation und Design werden in Zukunft immer mehr Berührungspunkte mit dem Internet und dem Social Web haben. Als Bewerber wird es wichtiger, die eigenen Kompetenzen auf diesem Gebiet herauszustellen. Das gelingt am besten mit einem eigenen Online-Auftritt in Form einer Webseite, eines Blogs oder Profilen in den einschlägigen Netzwerken. Natürlich wird dieser Auftritt in Zukunft ein wesentlicher Bestandteil der „Bewerbungsunterlagen“ sein, da stimme ich dir zu.

Für Unternehmen gibt es drei verschiedene Ansätze wie sie im Web nach Personal suchen

t3n magazin: Jan, du beschäftigst dich beruflich mit den Themen eRecruiting und Social-Media-HR. Was glaubst du, wie die Bewerbung der Zukunft aussehen wird?

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Bewerbung 2.0 - Jan Kirchner

Jan Kirchner ist Partner der auf Social Media-Recruiting spezialisierten Digitalagentur atenta. Zusammen mit seinen Kollegen betreibt er das Social Recruiting-Blog Wollmilchsau.

Jan Kirchner: Das ist jetzt zwar keine bahnbrechende Erkenntnis, muss aber leider immer noch gesagt werden: Die Zukunft der Bewerbung ist natürlich digital. Betonen möchte ich das, weil die Papierbewerbung noch nicht ansatzweise so tot ist, wie sie sein sollte und beispielsweise in Schulen mangels Kompetenzen sogar noch häufig gelehrt wird. Und da wir gerade bei den Unsexy-Themen sind: Die Normal-Bewerbung bleibt sicherlich noch lange der klassische Lebenslauf mit Anschreiben, der als PDF rausgemailt wird.

t3n magazin: Welchen Stellenwert werden Karriere-Netzwerke einnehmen?

Jan Kirchner: Profile in Business-Netzwerken werden ja schon seit einigen Jahren als Lebensläufe genutzt und ich gehe davon aus, dass das weiter zunimmt. Zum einen, weil es für viele Menschen die einfachste Variante des, von Christine angesprochenen, eigenen Online-Auftritts ist und zum anderen weil die standardisierte Form es Personalern gestattet, die Daten mithilfe entsprechender HR-Software automatisch in ihre Personalmanagementsysteme zu importieren. Seit etwa zwei Jahren gibt es auch Bewerbungsbuttons von LinkedIn und Xing. Der Wandel zum Arbeitnehmermarkt wird zukünftig hoffentlich dafür sorgen, dass solche bewerberfreundlichen Angebote zunehmen. Auch die Zahl alternativer Plattformen zum Erstellen und Hosten des eigenen Lebenslaufes oder Portfolios nimmt zu.

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t3n magazin: Und kreative Initiativbewerbungen? Welche Zukunft schreibst du denen zu?

Jan Kirchner: Ideen und Kampagnen, mit denen Menschen sich selbst bewerben, sind natürlich um einiges Interessanter als die Frage, wo man sein Online-Profil hostet. Kreativ gestaltete Lebensläufe wie Christines Infografik sind hier ein guter Weg. Ein junger französischer Marketer hat letztes Jahr einen Kuchen an die Recruiter von Facebook in Dublin geschickt, in dessen Inneren in einem Ü-Ei ein QR-Code zu seiner Website versteckt war. Andere haben Ad-Kampagnen bei Google oder Facebook gebucht oder sich wie Christine an ihre Blog-Leser und Online-Kontakte gewandt. Ich muss allerdings sagen, dass quasi alle mir bekannten Fälle Menschen sind, die beruflich mit dem Internet arbeiten (wollen). In diesen Branchen werden wir das sicher häufiger erleben, ich denke aber nicht, dass die Bewerbung der Zukunft generell bunt wird.

t3n magazin: Was tun Unternehmen alles, um geeignete Talente im Web ausfindig zu machen?

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Jan Kirchner: Es gibt drei unterschiedliche Herangehensweisen an die Personalsuche im Web, die sich gegenseitig ergänzen. Einmal den Employer-Branding-Ansatz, der darin besteht, dass Unternehmen sich im Web mithilfe von Blogs, Social Networks und PR-Arbeit als positiv besetzte Arbeitgebermarke positionieren. Wenn das klappt, werden sie im Idealfall zum Wunscharbeitgeber und können aus den daraus resultierenden Initiativ-Bewerbungen bereits einen Teil ihrer offenen Stellen decken.

Für die verbleibenden Stellen nutzen die Unternehmen den klassischen Weg der Personalwerbung, das heißt, sie verbreiten ihre offenen Stellen über die eigene Karriere-Webseite, der Facebook-Karrierepage, deren Mitarbeiterblogs, Jobsuchmaschinen und Online-Stellenbörsen und generieren dadurch Bewerbungen. Das dies Unternehmen mit einer guten Arbeitgebermarke leichter fällt, liegt auf der Hand.

Und bei Stellen, deren Anforderungsprofile so speziell sind, dass sie von alleine keine bzw. keine passenden Bewerbungen generieren (Stichwort Fachkräftemangel), verwenden Unternehmen den sogenannten „Active-Sourcing“-Ansatz, sprich sie werben mithilfe der Direktansprache in Online-Networks Mitarbeiter an. Auch hier profitieren Recruiter natürlich von einer starken Employer Brand.

Weiterführende Links

Titelbild: Hiring sign, ©iStockphoto.com/Tsuji

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