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UX & Design
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Dark Patterns: So erkennst du absichtliche Design-Unarten am Beispiel von iOS

Es gibt gutes Design und schlechtes Design – und dann gibt es noch böses Design. Dark Patterns ist die allgemein gebräuchliche Umschreibung von schlechtem Interface-Design, das absichtlich nutzerunfreundlich ist. Mit Hilfe verschiedener Strategien soll der Nutzer getäuscht und im schlimmsten Fall betrogen werden. Dark Patterns finden sich selbst in iOS – und zwar in einer Privatsphäre-Einstellung, um die man sich unbedingt kümmern sollte.

Von Sébastien Bonset
4 Min. Lesezeit
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Dark Patterns sind eine Unart, die schon seit mehreren Jahren besonders von einigen Website-Betreibern eingesetzt wird. Allerdings scheint diese Strategie in letzter Zeit vermehrt angewendet zu werden, und selbst in den Einstellung des iPhones findet sich ein ziemlich hässliches Beispiel für User-Interface-Entscheidungen der dunklen Design-Seite.

Bei Dark Patterns handelt es sich um Design-Entscheidungen, die den Nutzer zu Aktionen motivieren sollen, die er so nicht wünscht. Im Beispiel-Screenshot erwartet man einen Opt-In. Nutzer, die nicht aufmerksam lesen, erkennen nicht, dass es sich um einen Opt-Out handelt.

Bei Dark Patterns handelt es sich um Design-Entscheidungen, die den Nutzer zu Aktionen motivieren sollen, die er so nicht will. Im Beispiel-Screenshot erwartet man einen Opt-In. Nutzer, die nicht aufmerksam lesen, erkennen nicht, dass es sich um einen Opt-Out handelt. (Screenshot: 90 Percent of Everything)

Definition von Dark Patterns

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Der Begriff Dark Patterns wurde von Webdesigner Harry Brignull geprägt und beschreibt ein User-Interface, das so gestaltet wurde, dass der Nutzer eine Aktion ausführt, die nicht seinen Absichten entspricht. Dark Patterns nutzen oft vom Nutzer erlernte Bedienmuster und konditionierte Reaktionen aus. Oftmals verstoßen Dark Patterns gegen geltendes Recht oder bewegen sich zumindest in einer rechtlichen Grauzone.

Beispiele für Dark Patterns

Unter den Oberbegriff Dark Patterns lassen sich gleich eine ganze Reihe von Strategien einordnen. Disguised Ads sind beispielsweise der Versuch, Werbung als normalen Inhalt zu tarnen, um den Nutzer so zu einem Klick zu motivieren. Eines der wohl bekanntesten Beispiele für Dark Patterns sind die verwirrenden und überaus nutzerunfreundlichen Privatsphäre-Einstellungen von Facebook. Die Electronic Frontier Foundation hat diesem Dark Pattern den Namen „Privacy Zuckering“ verpasst.

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Ein weiteres Beispiel ist die Bait-and-Switch-Strategie. Hier führt der Nutzer gutgläubig eine Aktion aus, die aber ein völlig gegenläufiges Resultat zur Folge hat. Besonders beliebt und häufig sind Trickfragen, bei denen der Nutzer eine andere Antwort auswählt, als beabsichtigt – doppelte Verneinungen bei der Newsletter-Anmeldung sind nur ein Beispiel dafür. Dazu kommen noch eine Unmenge an Dark Patterns, die vornehmlich im E-Commerce und von Onlineshops eingesetzt werden. Ein guter und gleichzeitig überaus beunruhigender Überblick über viele dieser Methoden und Techniken findet sich auf darkpatterns.org.

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Dark Patterns in iOS

Harry Brignull hat in diesem Kontext jetzt seinen transkribierten und paraphrasierten Vortrag von der SMX München 2013 online gestellt. Am Beispiel von iOS zeigt der Webdesigner eindrucksvoll, mit welchen Methoden der Nutzer absichtlich verwirrt und getäuscht wird.

Seit geraumer Zeit findet sich in iOS ein Feature mit dem verheißungsvollen Namen „Ad-Tracking“. Diese Funktion ermöglicht es Werbetreibenden, den einzelnen Nutzer anonymisiert zu identifizieren. Nicht unbedingt etwas, das im Interesse jedes Nutzers sein dürfte, aber dennoch ist diese Funktion standardmäßig aktiviert.

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Möchte man mit diesem Wissen Ad-Tracking in iOS deaktivieren, kommt man mit der dunklen Seite von Design in Berührung. Immerhin würde man vermuten, dass sich Ad-Tracking in den Einstellungen unter „Datenschutz“ befindet. Das ist allerdings nicht so.

Bei einem User Interface, das keine Dark Patterns einsetzt, würde man die Funktion zur Deaktivierung von Ad-Tracking in iOS unter Datenschutz vermuten.

Bei einem User-Interface, das keine Dark Patterns einsetzt, würde man die Funktion zur Deaktivierung von Ad-Tracking in iOS unter Datenschutz vermuten.

Kurioserweise hat Apple diese Funktion in den Einstellungen unter „Allgemein“ und dort im Untermenü „Info“ versteckt – ganz unten und da, wo man die Ad-Tracking-Einstellung wahrscheinlich am wenigsten vermuten würde. Allein der Ort ist nicht gerade nutzerfreundlich – genau das aber dürfte eine ganz bewusste Design-Entscheidung und keine Schludrigkeit gewesen sein.

Logik und Dark Patterns vertragen sich in der Regel nicht. Die Ad-Tracking-Einstellungen finden sich in iOS an unerwarteter Stelle.

Logik und Dark Patterns vertragen sich in der Regel nicht. Die Ad-Tracking-Einstellungen finden sich in iOS an unerwarteter Stelle.

Diese Vermutung bestätigt sich spätestens dann, wenn man die Ad-Tracking-Einstellung gefunden hat und sie sich genauer ansieht.

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Der relevante Menü-Punkt für das Deaktivieren von Ad-Tracking auf dem iPhone.

Der relevante Menü-Punkt für das Deaktivieren von Ad-Tracking auf dem iPhone.

Auf den ersten Blick sieht es so aus, als sei Ad-Tracking deaktiviert. Auf den zweiten Blick erkennt man aber, dass man sich diesbezüglich getäuscht hat. Hat man in iOS die Sprache auf Englisch gestellt, heißt es nämlich nicht „Ad tracking off“, sondern „Limit ad tracking off“. Eine doppelte Verneinung also, die nichts anderes bedeutet, als dass Ad-Tracking aktiviert ist, wenn der Schalter auf Off steht. Im Deutschen ist das sogar noch perfider, denn dort wird der Text einfach abgeschnitten und liest sich wie folgt: „Ad-Tracking beschrä…“.

Dark Patterns dienen der geziehlten Verunsicherung des Nutzers. Ad-Tracking deaktiviert man auf dem iPhone durch Aktivieren des Schiebereglers.

Dark Patterns dienen der gezielten Verunsicherung des Nutzers. Ad-Tracking deaktiviert man auf dem iPhone durch Aktivieren des Schiebereglers.

Ad-Tracking in iOS ist ein Paradebeispiel für Dark Patterns, bei dem der Nutzer mit dem User-Interface dahingehend manipuliert werden soll, dass er diese für Werbetreibende und auch Apple wichtige Tracking-Funktion nicht deaktiviert. Ad-Tracking ist werksseitig aktiviert, die Funktion zum Deaktivieren ist tief in den Einstellungen an einem nicht logisch nachvollziehbarem Ort versteckt und zu allem Überfluss auch noch missverständlich formuliert – kein Zufall, sondern der gewiefte Einsatz von Dark Patterns.

Weiterführende Links zum Thema „Dark Patterns“ und „Interface-Design“

Bildnachweis für die Newsübersicht: darkpatterns.org/slideshare

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12 Kommentare
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Dein t3n-Team

alex.stoehr

Mit iOS 7 ist das Ganze nun unter Datenschutz zu finden. Auch die Bezeichnung wurde geändert aus „Ad-Tracking beschränken“ wurde nur noch „Beschränken“

http://i.imagebanana.com/img/tm7gxmqu/Foto.PNG

Antworten
Ramon

Gibt es Beispiele weiterer mobiler Betriebsysteme? Wuerde mich interessieren ob sowas sehr haeufig vor kommt.

Eine solche „vereppelung“ wuedere mich dazu bewegen von dem Kauf abzusehen…

Antworten
Rico Neitzel

Unter iOS 6 am iPad steht aber „Ad-Tracking beschränken“ und sonst nix!?!

Antworten
Kundenzufriedenheit erhöhen

Unter Steve Jobs wurden Kunden nicht betuppt. Dessen konnte man bei Apple immer recht sicher sein und seiner Oma ein Apple-Gerät schenken.

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gerdi

Der Nutzer ist der Rohstoff, der Kunde ist die Werbekundschaft. So ists bei Google.
Bei Apple wohl auch. Witzigerweise bezahlt der Nutzer zuvor ne Menge dafür, ein Rohstoff werden zu dürfen.
Apple-Fanboy-Logik, muss ich nicht verstehen ;-)

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Gareth

Apple use some dark pattern techniques also on their main site. Look at the email capture on this page > http://www.apple.com/uk/itunes/download/ . Users are lead to believe email registration is required to download itunes.

You can also see some other examples in my post > http://www.seo-doctor.co.uk/blackhat-cro-dark-patterns-in-conversion-rate-optimisation.html . Think I’m going to keep adding to this post…will add an ios section and use this example if OK.

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